
Zollstreit mit den USA In Brüssel bleibt man lieber vorsichtig
Es gibt Zeichen der Entspannung im Handelskonflikt zwischen den USA und der EU. Doch in Brüssel will man auf alle Überraschungen vorbereitet sein. Darum blickt man auch auf andere Staaten.
Die Sache sei ganz einfach, sagte EU-Kommissionsprecher Olof Gill: "Wir haben den Pause-Knopf gedrückt - Pause". Viel mehr Neues gebe es zu diesem Zeitpunkt nicht: keine neuen Erkenntnisse über die Verhandlungsbereitschaft des US-Präsidenten, keine weiteren Beschlüsse.
Laut EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen gilt lediglich: "Wir haben die Ankündigung von Präsident Trump zur Kenntnis genommen. Wir wollen Verhandlungen eine Chance geben."
Das erste Paket von EU-Gegenzöllen auf US-Produkte von zehn bis 25 Prozent wird für 90 Tage auf Eis gelegt. Erst gestern hatten die Mitgliedsstaaten dafür grünes Licht gegeben. Es hat einen Umfang gut 20 Milliarden Euro.
"Wir wollen Abkommen erzielen"
Manches aus diesem Paket - etwa Zölle auf Jeans und Motorräder - hätte bereits ab kommender Woche gelten sollen. Weitere Zölle auf Lebensmittel, Textilien und manche Stahlprodukte dann ab Mitte Mai oder Dezember. All dies wäre eine Reaktion auf die von Trump bereits im März verhängten Zölle auf Stahl und Aluminium.
Mit der Pause sind diese Gegenmaßnahmen auch keinesfalls vom Tisch, so Kommissionssprecher Gill. "Alle unsere Instrumente liegen auf dem Tisch. Wir wollen mit den Amerikanern sprechen. Wir wollen Abkommen erzielen, die beiden Seiten zugute kommen", sagte er. Die EU habe einen "Null-zu-Null-Zoll" für Industrieprodukte und Autos angeboten. "Wir glauben, dass wir alle möglichen vorteilhaften Ergebnisse für beide Seiten erreichen können", betonte der Sprecher.
Bislang sei der US-Präsident nicht auf Angebote eingegangen. Sein Einlenken bezieht sich jetzt lediglich auf den pauschalen Zoll von 20 Prozent auf Importe aus der EU, wie er sie vergangene Woche auf bunten Tafeln veranschaulicht hatte.
Besonnene Reaktion als Schlüssel der Verhandlungen?
Deshalb sei es gut, dass die EU nun besonnen reagiere, sagt Bernd Lange, der Vorsitzende des Handelsausschusses des Europaparlaments, der gerade zu Gesprächen in Washington ist. "Wir haben im Moment noch illegale Zölle auf Autos, sowie auf Aluminium und Stahl, was in die USA importiert wird." Es sei sinnvoll, jetzt das Signal zu Verhandlungsbereitschaft zu geben. "Auch mit einer klaren Frist versehen, um zu sagen: Wir bleiben in unserer Gegenreaktion klar."
Wenn diese Verhandlungen nicht zufriedenstellend verlaufen, würden die Gegenmaßnahmen in Kraft treten, kündigte Kommissionschefin von der Leyen an. Zudem laufen in Brüssel die Diskussionen und Vorbereitungen zu möglichen weiteren Gegenmaßnahmen auf Trumps Zollpakete planmäßig weiter.
Blick auf China
Ein anderer Punkt, dem Brüssel sich nun zunehmend widmen muss, ist China, wie Anna Cavazzini sagt. Sie ist Vorsitzende des Binnenmarktauschusses im EU-Parlament. Denn für chinesische Einfuhren hat der US-Präsident den Zollsatz nun zusätzlich erhöht - teilweise sogar auf 125 Prozent.
"Da geht der Handelskrieg weiter und eskaliert. Ich habe große Sorge, dass viele Produkte dann umgeleitet werden und hier auf dem europäischen Markt geschwemmt werden", sagt sie. Die Europäische Kommission müsse viel rigoroser mit Schutzmaßnahmen vorgehen.
Das Chaos ist angerichtet
Und auch wenn die pauschalen 20-Prozent-Zölle für Europa erst mal nicht kommen, sei der Chaos-Faktor keineswegs weg, so Daniel Caspary, der Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament: "Wir wissen nicht, wie es in den USA weitergeht. Und das heißt, wir müssen dringend unsere eigene Agenda verfolgen - also den Binnenmarkt endlich in der Europäischen Union vollenden und Handelsabkommen abschließen, mit denen, die mit uns Handel treiben wollen." Caspary nennt Beispiele wie das das Mercosur-Abkommen und Länder wie Indien und Indonesien.
Denn unabhängig von den Entwicklungen der vergangenen Tage gilt für die EU von der Leyen zufolge vor allem: "Klare, vorhersehbare Bedingungen sind für das Funktionieren von Handel und Lieferketten unerlässlich."