
Nach Crashs am Freitag und Montag Das Börsenphänomen des "Turnaround Tuesday"
Kommt es zu einem Börsen-Crash, machen die Kurse häufig am Dienstag kehrt und gehen auf Erholungskurs. Woran liegt das - und was kommt nach dem "Turnaround Tuesday"?
Der Dienstag scheint seinem guten Ruf an der Börse auch diesmal wieder gerecht zu werden. Nach dem jüngsten Börsen-Crash geht der DAX heute auf Erholungskurs und erobert die psychologisch wichtige Marke von 20.000 Punkten zurück.
Am Dienstag dreht die Börse nach oben
Für Marktkenner ist das keine große Überraschung, ist doch der Dienstag der Tag mit der höchsten Wahrscheinlichkeit für steigende Börsenkurse. An keinem anderen Handelstag sind die statistischen Vorzeichen für einen positiven Stimmungsumschwung so gut wie an einem Dienstag.
Eine typische Börsenwoche sieht nämlich so aus: Freitags nehmen die Profis Gewinne mit. Übers Wochenende bekommen die Privatanleger dann kalte Füße, sie verkaufen am Montag. Die Kursrückgänge nutzen die Profis dann am Dienstag zum Wiedereinstieg - der Markt dreht nach oben.
Was folgt auf "Black Friday" und "Panic Monday"?
Auch in Extremsituationen an der Börse, bei Crashs, kommt es häufig nach einem "Black Friday" und einem "Panic Monday" zu einem "Turnaround Tuesday". Der Grund für dieses Kursmuster? Eine plausible Erklärung lautet, dass die Märkte an den beiden Crash-Tagen Freitag und Montag eine Überreaktion gezeigt haben, die dann am Dienstag zumindest teilweise korrigiert wird.
Die Börsengeschichte ist jedenfalls voll mit Anekdoten über positive Kursumschwünge an einem Dienstag. Ein besonders markantes Beispiel ist Dienstag, der 20. Oktober 1987. Am Montag zuvor war der Dow Jones um 23 Prozent (508 Punkte) abgerutscht. Am Dienstag fiel der Dow zunächst weiter, vollzog dann aber bei 1.739 Punkten die Wende nach oben. Am Ende der Woche notierte der US-Leitindex wieder bei 1.952 Zählern.
"Turbo Tuesday", "Terrific Tuesday" oder "Turnaround Tuesday"?
Der Begriff "Turnaround Tuesday" wurde an der Wall Street allerdings erst zehn Jahre später aus der Taufe gehoben: Am Montag, den 27. Oktober 1997, schloss der Dow-Jones-Index tief im Minus bei 7.161 Zählern. Am Dienstag, den 28. Oktober, markierte der Dow zunächst noch bei 6.936 Punkten ein Tief, konnte sich dann jedoch im Handelsverlauf erholen und schloss klar im Plus bei 7.498 Stellen.
Neben dem "Turnaround Tuesday" kursieren an der Wall Street übrigens auch noch der "Rally Tuesday", "Turbo Tuesday" und "Terrific Tuesday" als vielsagende Spitznamen.
Martin Luther King und der "Turnaround Tuesday"
Dabei ist der seit den späten 1990ern Jahren dominierende Begriff "Turnaround Tuesday" keineswegs eine kreative Eigenleistung von Börsianern oder Journalisten. Nein, sie entnahmen den Begriff einfach der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung.
1965 fanden die drei Selma-nach-Montgomery-Märsche statt - der politische und gefühlsmäßige Höhepunkt der Bürgerrechtsbewegung. Der erste Marsch am 7. März ging wegen des brutalen Vorgehens der Polizei mit Knüppeln und Tränengas als "Bloody Sunday" in die Geschichte ein.
Der zweite Marsch fand am 9. März 1965 statt und sollte als "Turnaround Tuesday" bekannt werden: Martin Luther King führte 2.500 Demonstranten zur Edmund Pettus Bridge - traf dort dann aber erneut auf Soldaten und Polizisten und kehrte um. Erst beim dritten Marsch erreichten die Demonstranten Montgomery.

Dr. Martin Luther King und Bürgerrechtsdemonstranten überqueren am 21. März 1965 die Edmund Pettus Bridge.
Handlungsmöglichkeiten für Anleger
Zurück zur Börse - dort lautet nicht umsonst eine bekannte Regel: "Stellen Sie sicher, dass Sie an einem Dienstag Aktien besitzen." Doch das statistische Phänomen "Turnaround Tuesday" bietet den Anlegern auch darüber hinaus eine kurzfristige Handlungsoption.
So sähe eine mögliche "Turnaround Tuesday"-Strategie so aus, an einem schwachen Montag, an dem der Schlusskurs mindestens 1,0 Prozent unter dem Schlusskurs vom Freitag liegt, zu kaufen und dann zum Schlusskurs vom Dienstag wieder zu verkaufen. Generell raten Börsenexperten Privatanlegern aber vom kurzfristigen Traden ab, denn es ist auch mit hohen Risiken verbunden.
Die Ruhe nach dem Börsen-Sturm
Mit Blick auf die aktuelle Marktlage gilt: Zwar keimt nach dem jüngsten Börsencrash heute an den Börsen erstmals wieder Hoffnung auf; doch angesichts der hohen Unsicherheit spricht viel dafür, als Privatanleger erst einmal die Füße stillzuhalten.
"Nach dem Schwarzen Freitag Ende der vergangenen Woche und dem gestrigen Black Monday scheint heute erst einmal ein wenig Ruhe an den Märkten einzukehren. Ob das Schlimmste überstanden ist, bleibt abzuwarten", erklärt denn auch IG-Analyst Christian Henke.
Nur eine kurzfristige Erholung?
Denn die Trump-Zölle haben das Potenzial dazu, die Weltwirtschaft in den Abgrund zu stoßen. Die Rezessionsgefahr schwebt weiterhin wie ein Damoklesschwert über den Kursen. Eine nachhaltige deutliche Erholung, die mehr wäre als eine "Bärenmarkt-Rally", scheint vor diesem Hintergrund kaum möglich.
Beim heutigen "Turnaround Tuesday" könnte es sich damit um ein Phänomen mit zeitlich arg begrenzter Wirkung handeln. Denn auf die Wende nach oben könnten spätestens am Freitag schon wieder Aktienverkäufe folgen. Das Muster begänne von Neuem.