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Sondergipfel zur Ukraine Wie Europa auf den neuen US-Kurs reagiert

Stand: 17.02.2025 08:54 Uhr

Die USA drängen im Ukraine-Krieg auf Verhandlungen. Die europäischen Staats- und Regierungschefs treffen sich heute zu einem Sondergipfel. Worum geht es dabei? Welche Rolle könnte Europa bei einem Friedensdeal spielen? Ein Überblick.

Nach dem Vorstoß von US-Präsident Donald Trump für Verhandlungen über den Krieg gegen die Ukraine richtet Frankreich heute ein Gipfeltreffen mehrerer europäischer Länder aus. Dabei soll über die Lage in der Ukraine und "die Herausforderungen für die Sicherheit in Europa" beraten werden. Das Wichtigste im Überblick:

Worum geht es bei dem Spitzentreffen?

Topthema ist die Frage, wie Europa auf den drastischen Kurswechsel in der US-Ukraine-Politik reagieren soll. Diese zielt darauf ab, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und den russischen Präsidenten Wladimir Putin in Verhandlungen über ein Ende des Krieges zu zwingen und den Europäern die Verantwortung für die Absicherung eines Friedensdeals zu übertragen.

Christian Feld, ARD Brüssel, zum Sondergipfel über Europas Rolle bei einer Friedenslösung für die Ukraine

tagesschau24, 17.02.2025 09:00 Uhr

Dazu ging jüngst in Berlin und anderen europäischen Hauptstädten die Aufforderung ein, mögliche Beiträge zu Sicherheitsgarantien für die Ukraine zu melden. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa sollen die Länder unter anderem angeben, wie viele Soldaten sie für eine Friedenstruppe oder Ausbildungsprogramme nach einem Ende des russischen Angriffskriegs in die Ukraine schicken könnten. Zudem soll es auch um Waffensysteme gehen und die Frage, was von den USA erwartet wird.

Zugleich müssen die Europäer entscheiden, wie sie damit umgehen wollen, dass die Amerikaner für sie keine zentrale Rolle im Verhandlungsprozess sehen - und von der Ukraine unabgesprochen Zugeständnisse fordern. Um ein Ende des russischen Angriffskriegs zu ermöglichen, solle diese aus US-Sicht ihre Ambitionen auf einen schnellen NATO-Beitritt aufgeben und akzeptieren, dass ein Teil ihres Staatsgebiets dauerhaft unter russischer Kontrolle bleibt.

Wer ist bei dem Treffen mit dabei?

Erwartet werden neben Bundeskanzler Olaf Scholz die Staats- und Regierungschefs von Großbritannien, Italien, Polen, Spanien, den Niederlanden und Dänemark. Zudem sind EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Ratspräsident António Costa sowie NATO-Generalsekretär Mark Rutte mit dabei. Gastgeber ist Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.

Wie positionieren sich die die Europäer?

Der britische Premierminister Keir Starmer zeigte sich "bereit und willens", auch Friedenstruppen in das von Russland angegriffene Land zu entsenden. In einem Gastbeitrag für den Telegraph schrieb Starmer, Großbritannien könne bei der Arbeit an Sicherheitsgarantien für die Ukraine eine "führende Rolle" übernehmen. Das bedeute im Falle des Kriegsendes auch, Truppen vor Ort zu stationieren, falls das nötig sein sollte.

Bundeskanzler Scholz forderte ein Mitspracherecht der Europäer bei den Verhandlungen. "Wir sind zu fragen, weil es ja ohne uns gar nicht geht", sagte der Kanzler in der TV-Debatte der Wahl-Spitzenkandidaten auf RTL und ntv. Es werde "keine Sicherheitsgarantien geben, die wir nicht selber entwickelt haben und akzeptieren für uns".

Birgit Virnich, ARD Kiew, über Erwartung der ukrainischen Regierung an Sondergipfel in Paris

tagesschau24, 17.02.2025 10:00 Uhr

Die Vorsitzende des EU-Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack Zimmermann, geht davon aus, dass Europa an Verhandlungen beteiligt sein wird. "Wir werden natürlich nicht irgendwo am Katzentisch sitzen", sagte sie im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. "Entscheidend wird sein, dass nichts über die Ukraine entschieden wird, ohne dass die Ukraine mit entscheidet."

Ein Berater des französischen Präsidenten Macron sagte, die europäischen Länder müssten "mehr und besser" für ihre kollektive Sicherheit sorgen. Es komme darauf an, "unter welchen Bedingungen die Beendigung des Krieges erreicht werden kann". Die Sicherheitsinteressen der Ukraine und Europas müssten gewahrt werden.

Warum wird der Gipfel in Paris ausgerichtet?

Macron reißt wie schon öfter in Krisenmomenten die Initiative an sich, auf internationaler Bühne als Antreiber und Moderator für eine mögliche Lösung zu agieren. Im Krieg gegen die Ukraine sorgte er vor knapp einem Jahr mit dem Gedanken für Wirbel, Bodentruppen dort zu stationieren. Und anlässlich der Wiedereinweihung der Kathedrale Notre-Dame kurz vor Weihnachten gelang es ihm, Trump und Selenskyj zu ersten Gesprächen über eine Beendigung des Kriegs in Paris an einen Tisch zu bringen.

Kurz zuvor hatte Macron mit einer Initiative für ein internationales Militärkontingent in der Ukraine zur Absicherung eines möglichen Waffenstillstandes aufhorchen lassen. Details zur Pariser Initiative für Friedenstruppen wurden nicht bekannt. Denkbar war auch eine Truppenpräsenz für militärische Ausbildungsprogramme für die ukrainischen Streitkräfte. Auch diese könnten eine Sicherheitsgarantie für die Ukraine darstellen, über die nun in Paris beraten wird.

Was könnte bei dem Treffen herauskommen?

Im Idealfall verständigen sich die europäischen Staats- und Regierungschefs auf eine gemeinsame Strategie im Umgang mit der neuen US-Regierung und deren Vorstellungen von einer Lösung für den Ukraine-Krieg. Konkret dürfte es dabei darum gehen, welche Angebote Trump gemacht werden können - und was rote Linien sind. Öffentliche Ankündigungen - zum Beispiel zur möglichen Größe eines europäischen Truppenkontingents für die Ukraine - werden allerdings nicht erwartet.

Aus der EU-Kommission hieß es, die Gespräche vom Montag sollten anschließend in anderen Formaten fortgesetzt werden - mit dem Ziel, alle Partner zusammenzubringen, die an Frieden und Sicherheit in Europa interessiert sind.

Warum wurde der Gipfel so kurzfristig organisiert?

Ausschlaggebend war Druck der USA, die bereits in Kürze in Saudi-Arabien Spitzengespräche mit russischen Vertretern organisieren wollen. Wenn sich die Europäer die Chance offenhalten wollen, Einfluss auf die Verhandlungen zu nehmen, müssen sie bis dahin einen gemeinsamen Standpunkt haben.

NATO-Generalsekretär Rutte begrüßte die Initiative bei der Münchner Sicherheitskonferenz ausdrücklich. Er sagte, er sei sehr glücklich, dass das Treffen stattfinde. US-Präsident Donald Trump bekräftigte am Sonntag noch einmal seine Auffassung, dass Wladimir Putin daran interessiert sei, die Gefechte einzustellen. ."Ich denke, er will das beenden", sagte Trump. Wie bereits zuvor sein Außenminister Marco Rubio sagte Trump, die Ukraine werde an den Gesprächen für einen möglichen Frieden beteiligt sein. 

Warum sind nicht sofort alle EU-Staaten dabei?

Ein Grund dürfte sein, dass es sich in kleinen Runden deutlich effizienter arbeiten lässt als in großen. Zudem ist denkbar, dass die Anwesenheit von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán nicht erwünscht war. Der rechtsnationale Politiker gilt als Fan und enger Vertrauter von Trump.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 17. Februar 2025 um 09:00 Uhr.