
US-Börsen Erholung nach turbulenter Woche
Versöhnlicher Wochenschluss an der Wall Street. Trotz anhaltendem Zoll-Chaos besonders im Verhältnis zu China griffen die Anleger zu. Der DAX hingegen schwächelte.
Am Ende einer Handelswoche mit extremen Kursschwankungen haben die US-Aktienmärkte zugelegt. Das Hin und Her der Zollpolitik von Donald Trump war weiterhin das beherrschende Thema am Markt. Frische US-Inflations- und Konjunkturdaten zeigten hingegen nur wenig Einfluss auf die Notierungen.
Derweil nahm die Berichtssaison der Unternehmen Fahrt auf. Den Auftakt machten heute traditionell einige Banken, deren Ergebnisse meist positiv aufgenommen wurden.
Der Leitindex Dow Jones, der im ersten Teil der Sitzung noch im Minus gelegen hatte, schloss letztlich bei 40.212 Punkten um 1,56 Prozent höher.
Der marktbreite S&P 500 rückte um 1,81 Prozent vor und die Technologiebörse Nasdaq gewann 2,06 Prozent. Der maßgeblich von den großen Tech-Schwergewichten dominierte Auswahlindex Nasdaq 100 gewann 1,89 Prozent auf 18.690 Punkte, was ein Wochenplus von fast 7,4 Prozent bedeutet.
Die von Präsident Trump angekündigte Zollpause für viele Länder hatte die Aktienmärkte am Mittwoch zwar nach oben katapultiert. Dennoch bleiben die Anleger skeptisch, denn der Zollstreit zwischen China und den USA spitzte sich seitdem weiter zu. Die Regierung in Peking hatte zuvor die jüngsten US-Zollaufschläge gekontert. Ab Samstag werden auf US-Waren 125 Prozent fällig, nachdem es zuletzt 84 Prozent waren.
"Die Anleger müssen sich immer noch mit Trumps Streit mit China und der Tatsache auseinandersetzen, dass die Stimmung für Investitionen und langfristige Anlagen durch die jüngsten Turbulenzen einen Dämpfer erhalten hat", schrieb Aktienstratege Andrew Jackson von Ortus Advisors. Die Wiederherstellung des Vertrauens werde viel länger dauern als ein kurzfristiger Aufschwung an den Börsen.
Zwar erklärte Trump am Abend überraschend, er sei optimistisch, was eine Einigung mit China angeht, genauere Details gab es aber keine. "Der Präsident hat sehr deutlich gemacht, dass er offen für einen Deal mit China ist", sagt die Präsidialamtssprecherin Karoline Leavitt. Übe China aber weiter Vergeltung für die US-Zölle, werde dies nicht gut für die Volksrepublik sein.
Selbst US-Staatsanleihen - bislang in unsicheren Zeiten ein Hort der Sicherheit - werden gemieden, wie am jüngsten Renditeanstieg gerade bei Papieren mit längerer Laufzeit zu beobachten war. Der Anleihenmarkt tendierte leichter. Die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen zogen bei ebenfalls volatilem Handel bis auf 4,55 Prozent an, vor einer Woche waren es noch 3,9 Prozent. Zuletzt rentierten die Papiere bei 4,48 Prozent und grenzten ihre Verluste damit etwas ein.
Nicht zuletzt die Entwicklung am Rentenmarkt hatten zur Wochenmitte wohl maßgeblich zum Sinneswandel der Regierung beigetragen, zumindest eine Zollpause zu verkünden und die Märkte zu beruhigen. Die Vereinigten Staaten sind schließlich mit fast 37 Billionen Dollar verschuldet. Zu den größten Gläubigern gehören China und Japan, zwei Staaten, die große Exportüberschüsse mit den USA haben.
Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, spricht von einem Vertrauensverlust gegenüber der gesamten US-Wirtschaft. Dieser werde bleiben, unabhängig davon, welche Zollsätze in den kommenden Wochen wieder zurück-verhandelt werden.
"Finanzinvestoren wie auch international aufgestellte Unternehmen sind nachhaltig verunsichert, welche Sicherheit die größte Volkswirtschaft und der größte Kapitalmarkt der Welt künftig für Investitionen noch bietet", schrieb Kater.
Eine Ausnahmeregelung bei den chinesischen Gegenzöllen drückte bei den Einzelwerten die Aktien von Chipkonzernen mit US-Produktionsstandorten. Die Titel von Texas Instruments, On und Intel gaben nach. Nach oben ging es dagegen für AMD, Nvidia und Qualcomm.
Der chinesische Branchenverband CSIA hat US-Chiphersteller mit Produktionsstandorten außerhalb der USA von den chinesischen Gegenzöllen ausgenommen. Entscheidend ist laut der chinesischen Informationsplattform EETop der Standort der Waferproduktion, was Unternehmen wie Texas Instruments besonders stark unter Druck setzt. Deren Aktie fiel deutlich um 5,75 Prozent. Firmen wie Qualcomm und AMD, die auf Auftragsfertiger wie TSMC setzen, profitieren dagegen von der Regelung.
Gestützt wurde die Börse durch besser als erwartet ausgefallene Quartalszahlen der beiden Großbanken JPMorgan Chase und Morgan Stanley, die in den vergangenen Monaten von den Verwerfungen an den Kapitalmärkten profitierten und heute die Berichtssaison der Unternehmen für das erste Quartal eröffneten. Angetrieben vom starken Aktienhandelsgeschäft übertrafen sie mit ihren heute vor Börsenstart in New York vorgelegten Quartalsberichten die Schätzungen von Analysten.
Die Geldhäuser schraubten allerdings angesichts der sich eintrübenden wirtschaftlichen Prognosen ihre Risikovorsorge stärker nach oben als erwartet. Die höheren Rücklagen für faule Kredite könnten als Anzeichen dafür gewertet werden, dass sich Unternehmen auf einen wirtschaftlichen Abschwung vorbereiten - nicht zuletzt wegen der von US-Präsident Trump angezettelten Zollstreitigkeiten.
JPMorgan-Chef Jamie Dimon verwies darauf, dass er seine Bank "auf eine breite Palette von Szenarien" vorbereite. Die Wirtschaft sei mit erheblichen Turbulenzen konfrontiert. Konkret schraubte das Institut die Risikovorsorge im ersten Quartal deutlich nach oben auf 3,3 Milliarden Dollar. Der Überschuss stieg im ersten Quartal binnen Jahresfrist um neun Prozent auf 14,6 Milliarden Dollar. Die Aktie gehörte im Dow mit einem Plus von 4,00 Prozent zu den größten Gewinnern.
Bei Morgan Stanley ließen sich ähnliche Trends beobachten: Das Institut legte für Kreditausfälle 135 Millionen Dollar zurück; vor einem Jahr hatte das Unternehmen noch sechs Millionen Euro Rückstellungen aufgelöst. In der Vermögensverwaltung lief es indes gut, zahlreiche Kundengelder flossen zu.
Der weltgrößte Anlageverwalter BlackRock hat im ersten Quartal einen Rekord beim verwalteten Vermögen erzielt, wegen der Marktschwankungen aber weniger Gewinn gemacht. Die von den Zollplänen von Präsident Donald Trump angeheizte Volatilität der Finanzmärkte ließ den Nettogewinn um vier Prozent auf 1,51 Milliarden Dollar sinken, wie der Konzern heute vor Börsenbeginn mitteilte.
"Unsicherheit und Angst über die Zukunft der Märkte und der Wirtschaft dominieren die Kundengespräche", sagte Konzernchef Larry Fink. Die verwalteten Vermögenswerte stiegen zum Quartalsende auf 11,58 Billionen Dollar von 10,47 Billionen Dollar ein Jahr zuvor. BlackRock-Aktien gewannen 2,3 Prozent.
Der DAX ist heute nach flottem Start und einem Tageshoch bei 20.796 Punkten schnell wieder unter Druck geraten. Im Verlauf stabilisiert er sich zwar wieder etwas, die Stimmung bleibt aber trotz der US-Zollpause vom Mittwoch angespannt und nervös. Am Ende des Tages stand ein Minus von 0,92 Prozent auf 20.374 Punkte auf der Anzeigetafel der Frankfurter Börse.
Erschwerend kam dabei hinzu, dass mit SAP, Siemens und der T-Aktie drei absolute Index-Schwergewichte schwächer tendierten. Vonovia waren Tagessieger mit einem deutlichen Plus von fast sechs Prozent.
Der MDAX der mittelgroßen Werte hielt sich besser und ist sogar noch leicht ins Plus gedreht. Er gewann 0,27 Prozent hinzu auf 25.774 Punkte.
Hintergrund der schlechten Stimmung waren heute Nachrichten aus China: Gut eine Stunde nach Handelseröffnung hierzulande kündigte Peking Gegenzölle auf Warenimporte aus den USA in Höhe von 125 Prozent an. Zuvor hatte US-Präsident Donald Trump die amerikanischen Einfuhrzölle auf chinesische Waren auf 145 Prozent erhöht.
Der Zollstreit zehrt immer mehr an den Nerven der Anleger und sorgt für viel Volatilität - meist ein Zeichen hoher Nervosität. Trotz der immensen Schwankungen im Wochenverlauf klingt die sich abzeichnende Wochenbilanz im DAX mit einem Minus von gut einem Prozent vergleichsweise harmlos. Was den Kern der Sache aber sicher nicht trifft.
"Die Börse ist zu einem Tollhaus geworden und der Alleinunterhalter Donald Trump bestimmt, wo es langgeht", sagt Anlagestratege Jürgen Molnar vom Brokerhaus RoboMarkets. "Anleger sind weiterhin gut beraten, Ruhe zu bewahren und die Nerven zu behalten."
Denn die weitere Verschärfung des Zollstreits zwischen China und den USA hängt auch über den europäischen Märkten wie ein Damoklesschwert. Denn die Trump-Regierung hat die Zölle gegen die EU und ausgewählte andere Länder nur aufgeschoben, nicht aufgehoben. Das dicke Ende könnte also noch kommen, zuletzt hat Trump öffentlich darüber nachgedacht, auch pharmazeutische Produkte einem Zoll zu unterwerfen, was bisher noch nicht geschehen ist.
"Die Aktienmärkte zahlen den Preis für das Vabanque-Spiel des US-Präsidenten", kommentierte James Butterfill, Forschungsleiter bei der auf digitale Vermögenswerte spezialisierten Investmentgesellschaft CoinShares, das Handelsgeschehen. Die Volatilität an den Börsen habe zuletzt sogar die des Bitcoin übertroffen. Die Aktienmärkte bleiben damit wohl weiterhin eine Geisel der Politik.
Aus technischer Perspektive sendet der DAX mit dem Rutsch unter das gestrige Tagestief ein negatives Signal. Solange sich das Börsenbarometer per Wochenschlusskurs aber über seiner 200-Tage-Linie (aktuell bei 19.988 Zählern) halten kann, wahrt es sich die Chance auf eine Stabilisierung.
Auch am Devisenmarkt steht kaum noch ein Stein auf dem anderen. Der Dollar, immerhin die Weltleitwährung, gerät durch das von Donald Trump ausgelöste Zollchaos immer stärker unter Druck. Experten verweisen auf einen zunehmenden Vertrauensverlust angesichts der diffusen Zollpolitik.
Zum Wochenschluss musste die amerikanische Währung erneut zu allen anderen wichtigen Währungen Kursverluste hinnehmen wie lange nicht mehr. Im Gegenzug gewann der Euro an Wert und stieg im europäischen Handel in der Spitze bis auf 1,1473 Dollar, dem höchsten Stand seit Februar 2022. Zuletzt wurden im US-Handel 1,1308 Dollar bezahlt. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,1346 (Donnerstag: 1,1082) Dollar fest.
Seit dem Amtsantritt von Trump als Präsident im Januar summiert sich der Wertverlust des Dollar zum Euro auf mittlerweile fast zwölf Prozent. In dieser Zeit hat eine aggressive und widersprüchliche Zollpolitik die Anleger verunsichert und zeitweise heftige Kursturbulenzen an den Finanzmärkten ausgelöst
Für Verbraucher in Europa dämpft das den Preis für in Dollar gehandelte Waren wie etwa Öl, Gas und Technologieprodukte. Auch können sich Urlauber aus Europa in den USA für ihr Geld mehr leisten. Ein starker Euro macht jedoch europäische Produkte im Ausland teurer, bremst also den Export.
Passend zum schwachen Dollar hat sich die Stimmung der US-Verbraucher angesichts steigender Inflationssorgen im April deutlich stärker eingetrübt als erwartet. Die Zollpolitik der US-Regierung und wachsende Sorgen vor Arbeitslosigkeit belasteten. Die von der Universität Michigan erhobene Konsumentenstimmung fiel zum Vormonat deutlich um 6,2 Punkte auf 50,8 Punkte. Volkswirte hatten mit 53,8 Punkten gerechnet.
Die Stimmung der Verbraucher ist den Angaben zufolge den vierten Monat in Folge gesunken. Seit Dezember 2024 sei die Stimmung nun um mehr als 30 Prozent gesunken, was auf die wachsende Besorgnis über die Entwicklung des Handelskonflikts zurückzuführen sei.
Der Goldpreis hat zum Wochenschluss erstmals in der Börsengeschichte die Marke von 3.200 Dollar geknackt. In der Spitze geht es bis auf 3.237 Dollar aufwärts, zuletzt stand der Preis nur knapp darunter. Die Rekordrally bei dem gelben Edelmetall ist in erster Linie auf die jüngsten Turbulenzen an den Aktienmärkten zurückzuführen. Diese dämpfen die Risikobereitschaft und begünstigen eine Verlagerung in sichere Anlagen. Auch der gefallene Dollar trägt zum Anstieg des Goldpreises bei, stärkt er doch die Nachfrage aus dem Nicht-Dollar-Raum.
Zudem zeigten die in dieser Woche vom World Gold Council veröffentlichten März-Daten zu den Gold-ETFs ein anhaltend hohes Kaufinteresse der ETF-Anleger. Der World Gold Council führte dies auch auf die Unsicherheit im Zuge der US-Zollpolitik zurück.
Die Ölpreise haben sich sich heute nur wenig verändert. Eine erneute Anhebung der Zölle durch China auf Waren aus den USA konnte die Notierungen nicht weiter belasten. Der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete nahezu unverändert 63,52 Dollar ein Barrel der US-Sorte WTI wurde 0,1 Prozent höher bei 60,30 Dollar gehandelt.
Nach Einschätzung von Rohstoffexperten der Commerzbank dürften die Ölpreise nach den jüngsten Turbulenzen "wieder in ruhigeres Fahrwasser kommen". Sie rechnen aber nicht mit einer Erholung. In der kommenden Woche werden die Monatsberichte der Internationalen Energieagentur (IEA) und der Organisation erdölexportierender Länder (Opec) erwartet. Diese dürften Hinweise auf ein stärkeres Überangebot auf dem Ölmarkt liefern.
An der Wall Street rücken heute die Aktien der Tech-Riesen in den Fokus, zieht doch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Abgaben für US-Tech-Konzerne wie Google und Meta in Betracht. Falls die Verhandlungen im Handelskonflikt mit der US-Regierung von Präsident Donald Trump nicht zufriedenstellend verliefen, gebe es viele mögliche Gegenmaßnahmen, sagte die Deutsche der Financial Times. Eine Option sei die Einführung einer Digitalsteuer.
Mercedes-Benz steigt aus dem Geschäft mit kleineren Transportern aus. Eine Sprecherin erklärte heute, das Unternehmen beende im kommenden Jahr sein Engagement bei kleinen Lieferwagen und konzentriere sich auf mittelgroße und große Transporter. Das sei Teil der Strategie "Wachstum in profitablen Segmenten".
Sie bestätigte damit einen Bericht des Magazins Automobilwoche, wonach die Produktion der Modelle Citan und T-Klasse sowie deren elektrischer Ableger Mitte nächsten Jahres auslaufen solle. Mercedes bietet die Hochdachkombis Citan und T-Klasse zusammen mit Renault an. Die Fahrzeuge werden seit 2012 verkauft. Zuletzt wurden 2021 beziehungsweise 2022 neue Versionen auf den Markt gebracht
Die einstmals im DAX geführte Metro-Aktie wird nach fast 29 Jahren vom kommenden Donnerstag an nicht mehr an einer regulierten Börse gehandelt. Die Frankfurter Börse habe dem Antrag auf ein Delisting nach Handelsschluss am 16. April stattgegeben, teilte Metro am Freitag mit.
Am Mittwoch um 24 Uhr läuft auch das Pflichtangebot des tschechischen Milliardärs Daniel Kretinsky aus, das dem Abschied von der Börse vorausgeht. Er hat sich bis Donnerstag 54 Prozent der Metro-Anteile gesichert. Weitere 29,99 Prozent liegen bei den beiden Metro-Großaktionären und -Gründungsgesellschaftern Meridian und Beisheim, die ihre Aktien nicht verkaufen wollen. Metro-Papiere waren zuletzt noch im Kleinwertesegment SDAX der Deutschen Börse notiert.
Der Salzgitter-Konzern bläst die Übernahme durch ein Konsortium ab. Aufgrund "signifikant unterschiedlicher Vorstellungen über den aktuellen und zukünftigen Wert des Unternehmens" seien die Gespräche mit den Bieter-Unternehmen GP Günter Papenburg und TSR Recycling beendet worden, teilte das im SDAX notierte Unternehmen am Abend mit.
"Die Salzgitter AG bleibt ein eigenständiges Unternehmen", wurde Vorstandsvorsitzender Gunnar Groebler zitiert. Zugleich kündigte er ein weiteres Programm an, um eine halbe Milliarde Euro einzusparen. Bislang stand die Hälfte davon auf dem Plan. Die Salzgitter-Aktie gab nachbörslich nach.
Novartis will in den USA in den nächsten fünf Jahren insgesamt 23 Milliarden Dollar in den Ausbau der Produktion und der Forschung investieren. Der Pharmakonzern dürfte damit auf die Zolldrohungen von Trump reagieren. Mit den neuen Anlagen wird Novartis nach eigenen Angaben in der Lage sein, 100 Prozent der in den USA vertriebenen Schlüssel-Medikamente auch vollständig in den USA zu produzieren.