
Brand im Flüchtlingscamp 2020 Angeklagte im Moria-Prozess wieder frei
Das Flüchtlingscamp Moria auf der griechischen Insel Lesbos brannte 2020 ab. Vier Bewohner waren damals zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Der Vorwurf: Brandstiftung. Jetzt gab es einen Freispruch.
Es waren Bilder, die um die Welt gingen: 2020 stand das Flüchtlingscamp Moria lichterloh in Flammen. Ein afghanischer Zeuge sagte damals bei der Polizei aus. Er beschuldigte vier seiner Landsmänner aus einer anderen Volksgruppe, das Feuer gelegt zu haben.
Jetzt hat ein Jugendgericht auf Lesbos drei der vier jungen Männer aus Afghanistan für unschuldig erklärt. In der Begründung heißt es: Die einzige Zeugenaussage sei unzureichend. Das Jugendgericht stellte außerdem fest: Das ursprünglich zuständige Gericht habe nichts unternommen, um den Zeugen einzubestellen. Dieser hatte selbst nie vor Gericht ausgesagt.
Zunächst als Erwachsene behandelt
Für die jungen Männer ist es das Ende eines juristischen Tauziehens. Nach dem Brand von Moria im September 2020 waren sie zunächst als Erwachsene behandelt und zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Ihre Anwälte sammelten daraufhin unter anderem in Afghanistan Beweise, die die Minderjährigkeit dokumentierten. Doch ein Berufungsverfahren war seitens der griechischen Behörden immer wieder verschoben worden.

Eine traumatische Nacht: Der Brand vom 8. September 2020 warf auch ein Schlaglicht auf die Missstände in der EU-Flüchtlingsplitik.
Im März vor einem Jahr erkannte das Gericht dann die Dokumente an und reichte den Fall an das Jugendgericht weiter. Die Angeklagten wurden auf freien Fuß gesetzt, aber noch nicht freigesprochen. Zu diesem Zeitpunkt hatten sie bereits dreieinhalb Jahre in Haft gesessen.
Der vierte Angeklagte, der weiterhin als Erwachsener behandelt worden war, ist inzwischen auch freigelassen worden. Gegen seine Schuld sprechen die Erkenntnisse des Londoner Recherche-Verbunds Forensic Architecture. Dieser hat mehr als 500 Fotos und Videos der Brandnacht ausgewertet und kommt zu dem Schluss: Das Feuer sei in einer anderen Ecke des Lagers ausgebrochen als vom Zeugen beschrieben.
Kritik an langsamer Rechtsprechung
Immer wieder wird Griechenland auch seitens von EU-Abgeordneten für seine langsame Rechtsprechung kritisiert. Menschenrechtsorganisationen werfen dem Land vor, Prozesse willkürlich zu verschleppen und zur Abschreckung drakonische Haftstrafen zu verhängen.
Die Anwältin Effie Dousi, selbst als Verteidigerin im Prozess beteiligt, begrüßt die jetzige Entscheidung des Jugendgerichts. Sie übt aber auch scharfe Kritik an der griechischen Justiz: Dasselbe System habe mittels unzureichender Beweise erst unschuldige Menschen verurteilt, um sie dann Jahre später wieder freizusprechen - in einem Augenblick, in dem sich niemand mehr für Moria interessiere.
Die afghanischen Männer dürften jetzt von Griechenland für ihre unrechtmäßig abgesessene Haftstrafe Schadenersatz fordern.