
EU-Finanzminister zum Zollstreit Zuversicht und ein Plan B
Drei Monate hat Europa Zeit, im Zollstreit mit den USA zu verhandeln. Heute treffen sich die EU-Finanzminister in Warschau. Ziel ist es, einen Handelskrieg zu vermeiden. Die Minister geben sich optimistisch, haben aber auch einen Plan B.
Auch wenn sich die EU-Ministerinnen und Minister in Warschau im polnischen Armeemuseum versammelt haben - im Zollstreit mit den USA wollen sie abrüsten und einen Handelskrieg auf jeden Fall vermeiden. Mehrere Ressortchefs begrüßten es zum Auftakt der Beratungen, dass die US-Regierung eine Pause im Zollkonflikt mit dem Rest der Welt - außer China - angekündigt hat.
Zudem unterstützen sie die Antwort der EU-Kommission, die ihrerseits ein erstes Paket von Gegenmaßnahmen für 90 Tage aussetzt. Der geschäftsführende Bundesfinanzminister Jörg Kukies von der SPD sprach von einer sehr starken Reaktion der Kommission, die Verhandlungsbereitschaft signalisiere und Gegenmaßnahmen weiter nicht ausschließe.
Kukies sieht Bewegung in Washington
Kukies sagte zudem, er erkenne Bewegung in Washington: "Es gibt ja auch klare Signale, dass in den USA die sehr negative Reaktion der Märkte auf die Ankündigung hoher Zölle verstanden wird und dass Interesse besteht, eine Einigung herbeizuführen." Nach Kukies' Ansicht wird US-Präsident Donald Trump durch Zölle keines seiner Ziele erreichen: weder den Handelsüberschuss reduzieren noch das Defizit abbauen oder Industrie ins Land locken.
Der Minister lobt den Vorschlag aus Brüssel, alle Zölle auf Industriegüter auf beiden Seiten des Atlantiks abzuschaffen. Nun gebe es 90 Tage Zeit für Verhandlungen und damit die Hoffnung auf eine Einigung.
Der Gastgeber des Treffens, Polens Finanzminister Andrzej Domanski, forderte, diese Zeit klug zu nutzen. "Wir begrüßen die jüngste Entscheidung der US-Regierung, die Verhängung von Zöllen zu verschieben, eine Art Deeskalation, ein erster Schritt in die richtige Richtung. Denn Handelskriege kennen keine Gewinner."
EU-Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis stellt schon jetzt äußerst negative Auswirkungen des Zollstreits auf beiden Seiten des Atlantiks fest, in den USA noch gravierender als in der EU. Nach Dombrovskis' Worten bleibt die Lage trotz der jüngsten Volte in Washington sehr unbeständig und unsicher.
"Wenn wir keine Bewegung erkennen, müssen wir unsere Wirtschaft schützen"
Er verwies zudem darauf, dass die USA weiterhin pauschale Zölle von zehn Prozent und noch höhere Aufschläge auf EU-Einfuhren von Stahl, Aluminium und Autos verlangen. "Wir wollen mit den USA konstruktive und für beide Seiten akzeptable Lösungen finden, wir haben unsere Gegenzölle auch für 90 Tage ausgesetzt", sagte Dombrovskis - warnte aber: "Wenn wir keine Bewegung und keinen Willen erkennen, diese Zollpolitik zu beenden, müssen wir unsere Wirtschaft schützen und mit Gegenmaßnahmen kommen."
Dafür kommen zum Beispiel Beschränkungen von US-Dienstleistungen in Betracht. In diesem Bereich verzeichnen die USA einen Handelsüberschuss, sind also besonders verwundbar. Die EU könnte etwa Dienstleistungen von US-Digitalkonzernen wie Google, Meta oder Apple mit Abgaben belegen.
Eine scharfe Waffe, die aber auch Europa selbst treffen könnte. Bundesfinanzminister Kukies sagte: "Bei den Digitalkonzernen müssen wir vorsichtig sein, weil wir keine wirklichen Alternativen haben. Ich habe gestern mit Wirtschaftsvertretern gesprochen, die mir gesagt haben, dass es schlicht keine Cloud- oder KI-Anbieter von der Größe gibt, auf die man ausweichen kann."
Vorerst hofft die auf Entspannung im Zollstreit. Ein Diplomat erklärte, die Ministerinnen und Minister seien in deutlich besserer Stimmung nach Warschau gekommen als noch vor wenigen Tagen gedacht.