
Krieg gegen die Ukraine Kopfschütteln über Trumps "Friedensplan"
In der EU herrscht Unverständnis über die US-Pläne für eine mögliche Friedenslösung im russischen Krieg gegen die Ukraine. Ist das Tischtuch zwischen Washington und Brüssel in dieser Frage endgültig zerschnitten?
In Brüssel herrscht große Irritation über den Ukraine-Kurs der USA. Der sei zu russlandfreundlich, schütze die Ukraine nicht und sei überhaupt voller Widersprüche. In dieser Frage flammt jetzt ein transatlantischer Streit auf, dessen Folgen für die Ukraine noch nicht einzuschätzen sind - befeuert vom Kampf um die Deutungshoheit einer "echten Friedenlösung". Der hat mit kühnen US-Ideen Fahrt aufgenommen.
Die Europäer jedoch prallen an amerikanischen Widersprüchen ab. Nie wurde das deutlicher als jetzt. US-Präsident Donald Trump präsentiert sich als Friedensmahner. Doch die Frage nach der tatsächlichen Leistung bleibt offen. Das wirft in Europa Fragen auf und verstärkt die Unsicherheiten. Einerseits mahnen die Amerikaner schnelle Lösungen an, um das Problem los zu werden - andererseits wollen sie sich aus der praktischen Umsetzung heraushalten, wenn dafür bezahlt werden muss.
Stolpern im westlichen "Gleichschritt"
In dieser heiklen Phase verschwindet der von vielen - nicht allen - Europäern erhoffte echte westliche "Gleichschritt" bedrohlich im Nebel gescheiterter Diplomatie. In London: Enttäuschung über ein gescheitertes Ukraine-Treffen auf Ministerebene. In Washington: Hoffnung auf einen Friedensplan, den Donald Trump präsentieren will. Und in Brüssel - Verwunderung über das, was an Details durchsickert.
Es gibt hier gleich mehrere heikle Stellen: Denn Trumps Friedensplan könnte auch die Anerkennung der ukrainischen Krim als russisches Territorium durch die USA beinhalten. Das jedoch wird von der EU ebenso abgelehnt wie der Wunsch der Amerikaner, die EU möge die Sanktionen gegen Russland lockern: "Wir haben in dieser Angelegenheit keinerlei Anzeichen von gutem Willen von Seiten Russlands gesehen. Der Waffenstillstand hat nur zu weiteren Angriffen auf ukrainisches Territorium geführt. Russland muss seine weiteren Aggressionen ganz einfach beenden und das Gebiet an die Ukraine zurückgeben. Das ist ein Ausgangspunkt", erklärte EU-Sprecherin Arianna Podestra zu einer möglichen amerikanischen Intention, die in US-Medien mit Verweis auf den Trump-Plan ausgebreitet wurde.
Das Kernkraftwerk Saporischschja würde laut Axios als ukrainisches Territorium betrachtet, jedoch von den USA betrieben werden. Der dort erzeugte Strom würde sowohl an die Ukraine als auch an Russland geliefert.
Der Washington Post zufolge schlagen die USA weiterhin als Teil eines Friedensabkommens vor, die derzeitigen Frontlinien einzufrieren. Die Financial Times berichtete, Russlands Präsident Wladimir Putin habe den USA eine solche Einstellung der Kampfhandlungen an der aktuellen Frontlinie angeboten. Im Gegenzug könnten die USA auf andere wichtige Forderungen Russlands eingehen, darunter die Anerkennung von Moskaus Souveränität über die 2014 annektierte ukrainische Schwarzmeer-Halbinsel Krim. Zudem müsse sich die Ukraine von ihrem Ziel der NATO-Mitgliedschaft verabschieden.
Das Einfrieren der Front ist laut Militärexperten des US-Instituts für Kriegsstudien noch kein Garant für einen künftigen Frieden. Russland könne die Pause in den Kampfhandlungen für weitere Aufrüstung und eine spätere Wiederaufnahme der Aggression nutzen, vor allem wenn im Abkommen ein Moratorium auf westliche Waffenhilfe an die Ukraine festgeschrieben sei.
Diese Aussage zielt auf US-Ideen ab, mit denen sich die EU kaum anfreunden könnte. Die Amerikaner könnten bereit sein, Russland und seinen territorialen Ansprüchen entgegen zu kommen - als Preis des Kriegsendes.
Noch mehr befürchtet man in Brüssel, dass die USA die Besetzung durch Russland de facto anerkennen könnten. Die Ukraine müsste dann die Gebiete nicht "für immer" aufgeben. Im Gegensatz zu einer de-jure-Anerkennung. In diesem Fall würde anerkannt, dass Russland Gebiete in Besitz genommen hat und die Ukraine diese Gebiete nie wieder zurückbekommen wird. Auch dieser "Kompromiss" ist für die meisten europäischen Staaten und die EU-Spitzen indiskutabel.
EU betont territoriale Integrität der Ukraine
Trump warb für seinen Plan, den er erst noch präsentieren will, mit den Worten: "Hoffentlich schließen Russland und die Ukraine in dieser Woche einen Deal ab. Beide werden dann beginnen, große Geschäfte mit den USA und ein Vermögen zu machen." Eine EU-Sprecherin konterte mit dem Satz: "Plan A, Plan B oder Plan Z - das spielt keine Rolle" - solange Europa nicht dabei sei und die Ukraine ohne Sicherheit und ohne territoriale Integrität.
Besonders irritiert EU-Spitzen der Umgang von US-Diplomaten mit angeblichen ukrainischen Zusagen. US-Medien zitierten einen hochrangigen Beamten mit den Worten, die Ukraine sei zu "90 Prozent einverstanden" mit Trumps Friedens-Ideen und auch bereit, 20 Prozent ihres Territoriums an Russland abzugeben. Wenig später dann ein Rückzieher: Dem sei nicht so. Kiew habe zuvor eine rote Linie gezogen, was die Anerkennung der annektierten Gebiete als russisch betrifft. Dies entspricht auch der EU-Position.
Verwunderung herrscht in Brüssel auch über die Idee, europäische Truppen als Sicherheitsgarantien in die Ukraine zu schicken. Daneben könnte es eine zweite militärische Instanz geben: Hier sollen russische und ukrainische Soldaten gemeinsam mit NATO-Soldaten über die Frontlinien wachen - während die USA militärisch außen vor bleiben wollen und allenfalls eine nicht näher definierte "Wächterrolle" beanspruchen.
Am deutlichsten wurde Kaja Kallas in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP: Putin wolle nicht wirklich Frieden. Die USA hätten Werkzeuge in der Hand, um Druck auszuüben. Sie hätten diese Werkzeuge aber nicht genutzt. Damit drückte die EU-Chefdiplomatin wohl ganz bewusst und unverblümt aus, wo beide Seiten stehen.
"Koalition der Willigen" wird wohl den Kurs bestimmen
Wenn es um ein Mindestmaß an Übereinstimmung auf dem Weg zum Frieden in der Ukraine geht, geht momentan wenig. Ohne Rückendeckung der EU dürfte aber Trumps Rolle als "Dealmaker" mit einer europäischen Friedenstruppe in der Ukraine ins Leere laufen. Und die Rolle der EU bei einer Friedenslösung wird sich am Ende aus den greifbaren Leistungen ihrer Mitgliedsländer bemessen.
Am Ende wird es eine "Koalition der Willigen" mit europäischen Interessen sein, die den Kurs bestimmt. Denn hier ist die Furcht vor neuen russischen Angriffsplänen jenseits der Ukraine nicht zerstreut - während Trump den geografischen Vorteil seines Landes schon mehrfach so formuliert hat: "Dazwischen liegt ein schönes großes Meer". Bleibt die Frage, wer am Ende die Führung übernimmt, um das alles zu stemmen. Dieses Vakuum ist so sichtbar wie nie zuvor.