Wolodymyr Selenskyj

Krieg gegen die Ukraine Selenskyj wehrt sich gegen Trump-Äußerungen

Stand: 19.02.2025 14:26 Uhr

Der ukrainische Präsident Selenskyj hat Donald Trump scharf kritisiert. Der US-Präsident glaube russische Desinformation. Trump hatte Selenskyjs Beliebtheit im eigenen Land angezweifelt und Neuwahlen gefordert. Aus Russland gab es Beifall für Trump.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Vorwürfe seines US-amerikanischen Amtskollegen Donald Trump zu seinen angeblich niedrigen Beliebtheitswerten zurückgewiesen. Werte von vier Prozent seien russische Desinformation, sagte Selenskyj. Kiew habe Beweise dafür, dass diese Ziffern zwischen Washington und Moskau besprochen wurden. Trump "lebt in diesem Desinformationsraum".

"Wenn mich jemand gerade jetzt austauschen will, dann klappt das eben jetzt nicht", unterstrich Selenskyj bei einer Pressekonferenz in Kiew und verwies auf Zustimmungswerte von über 50 Prozent in mehreren Umfragen.

Trump gibt Ukraine Schuld an Kriegsdauer

Am Dienstag hatte Trump der Ukraine Neuwahlen nahegelegt, die wegen des russischen Angriffskriegs und der Verhängung des Kriegsrechts gemäß der ukrainischen Verfassung verschoben worden sind. Ähnlich hatten sich wiederholt Vertreter der russischen Regierung geäußert.

Der US-Präsident machte zudem praktisch die Ukraine für das Andauern des Krieges verantwortlich. Die Ukraine hätte "ihn niemals anfangen sollen", sagte Trump mit Blick auf den Krieg, der dadurch begann, dass Russland 2022 in die Ukraine einmarschierte. Zudem hätte Kiew "einen Deal eingehen können", um den Krieg zu verhindern.

Er reagierte mit Spott auf Kritik aus Kiew an der Entscheidung, keine ukrainischen Vertreter zu einem Treffen von US-Außenminister Marco Rubio und seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow in der saudischen Hauptstadt Riad einzuladen. Die Gespräche sollten mögliche Wege für ein Ende des Ukraine-Kriegs ausloten.

Lawrow lobt Trump

Lawrow lobte Trump anschließend für seine Äußerungen. Trump sei der erste und bislang einzige westliche Führungspolitiker, der öffentlich gesagt habe, dass "eine der Grundursachen der Ukraine-Situation der penetrante Kurs der früheren (US-)Regierung war, die Ukraine in die NATO hineinzuzerren", sagte Lawrow im russischen Parlament.

Er pries Trump auch für dessen Kritik an Selenskyj. Trump sei ein Mensch mit einer "direkten Sprache", und solche Menschen würden üblicherweise ihre Ansichten über "armselige Individuen wie Herrn Selenskyj nicht verbergen", wurde der Außenminister von der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass zitiert.

Christian Mölling, Politikwissenschaftler, zu den Möglichkeiten der Ukraine nach Trumps Vorwürfen

tagesschau, 19.02.2025 17:00 Uhr

"Hier spricht die Handpuppe des Bauchredners Putin"

Der ehemalige deutsche Botschafter in Russland, Rüdiger von Fritsch, wertet die Trump-Äußerungen hingegen als "schlimme Schuldumkehr". Trump übernehme das russische Narrativ und tische alte Lügengeschichten neu auf, so der Diplomat.

"Bei manchen Äußerungen aus Washington hat man das Gefühl, hier spricht die Handpuppe des Bauchredners Putin", sagte von Fritsch im tagesschau.de-Interview.

Selenskyj fordert Sicherheitsgarantien

Selenskyj wies auch den Vorwurf zu angeblich versickerten US-Hilfen zurück. Die Trump-Forderung in Höhe von 500 Milliarden US-Dollar wies er als unseriös zurück. "Wir sind bereit für ein ernsthaftes Dokument, aber wir brauchen Sicherheitsgarantien", betonte Selenskyj. An dem Vertrag, der unter anderem einen US-amerikanischen Zugriff auf ukrainische Rohstoffe vorsieht, werde weiter gearbeitet. Trump hatte in einem Interview gesagt, er wolle als Gegenleistung von der Ukraine seltene Erden im Wert von 500 Milliarden Dollar.

Selenskyj hob erneut hervor, dass eine verlässliche Flugabwehr allein von den USA bereitgestellt werden könne. Zudem drängte er auf eine Stationierung ausländischer Truppen. "Wir sind bereit zu einem Dialog über die Zahl", sagte der Präsident.

Kellogg reist nach Kiew

Unter den Vorzeichen für einen radikalen Kurswechsel Trumps im Umgang mit der Ukraine ist der US-Sondergesandte Keith Kellogg nach Kiew gereist. Am Mittag traf er für Gespräche mit Selenskyj und der Militärführung in der ukrainischen Hauptstadt ein. Kellogg erklärte, sein Besuch sei "eine gute Gelegenheit für einige gute, substanzielle Gespräche".

Er sei zum Zuhören gekommen, sagte er bei der Ankunft. Sein Bericht an Präsident Trump solle den USA helfen, die Lage richtig einzuschätzen. Trump wolle den seit drei Jahren dauernden Krieg beenden, sagte Kellogg. "Er versteht das menschliche Leid, er versteht den Schaden."

Kellogg äußerte Verständnis für das Bedürfnis der Ukraine nach Sicherheitsgarantien. "Uns ist vollkommen klar, dass dies für die Souveränität dieser Nation wichtig ist."

EU-Kommission beschließt neue Sanktionen gegen Russland

Am 24. Februar 2022 hatte Russland die Ukraine angegriffen. Kurz vor dem dritten Jahrestag der Invasion hat die Europäische Union ihre Russland-Sanktionen noch einmal verschärft. Die ständigen Vertreter der Mitgliedsländer billigten das Sanktionspaket, das unter anderem ein Importverbot für Aluminium und ein härteres Vorgehen gegen die sogenannte Schattenflotte umfasst, mit deren Hilfe Moskau das Ölembargo umgeht.

Zudem werden mehr als 80 weitere Personen und Organisationen mit Einreise- und Vermögenssperren belegt. Die EU macht sie mit für den Angriffskrieg auf die Ukraine verantwortlich. 13 weitere russische Banken werden vom internationalen Zahlungssystem Swift abgeschnitten. Acht weiteren russischen Medien wird die Verbreitung in Europa untersagt.

Costa bereitet Sondergipfel vor

Die EU-Außenminister wollen das neue Sanktionspaket am Montag bei ihrem Treffen in Brüssel formell billigen. EU-Ratspräsident António Costa erwägt außerdem die Einberufung eines EU-Sondergipfels. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa hat Costa den Staats- und Regierungschef der 27 EU-Staaten konkrete Fragen zur weiteren Unterstützung der Ukraine und zu möglichen Sicherheitsgarantien für das Land zukommen lassen. 

Damit möchte Costa herausfinden, was die EU-Staaten bereit sind zu tun. Wenn es eine gemeinsame Basis gibt, soll dann ein EU-Sondergipfel organisiert werden, um Entscheidungen zu treffen. Derzeit sei der Präsident noch nicht in der Lage, einen solchen außerordentlichen Gipfel einzuberufen, sagte eine EU-Beamtin. Ein Treffen sei nur sinnvoll, wenn es eine solide Grundlage für eine gute Diskussion und ein relevantes Ergebnis gebe.

Rebecca Barth, ARD Kiew, tagesschau, 19.02.2025 14:26 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 19. Februar 2025 um 14:00 Uhr.