
Nach Kritik aus der Union Bundesregierung rechtfertigt Aufnahme von Afghanen
Union und SPD wollen künftig Aufnahmeprogramme stoppen. Aus CDU und CSU kommt deshalb Kritik an der geschäftsführenden Regierung, die offenbar weitere Aufnahmen aus Afghanistan plant. Die Ministerien weisen dagegen auf Verbindlichkeiten hin.
Die Bundesregierung hat die Kritik aus der Union zurückgewiesen, dass das Auswärtige Amt noch Flüge mit Menschen aus Afghanistan nach Deutschland plane und dabei teilweise keine Sicherheitsüberprüfungen vornehme. "Die Einreise dieser Personen setzt immer voraus, dass die strengen Aufnahme- und Sicherheitskriterien erfüllt werden", sagte eine Sprecherin des Innenministeriums in Berlin.
"Sicherheit hat dabei oberste Priorität, alle Personen werden vor der Einreise strikt überprüft", betonte sie. Die Überprüfungen finden in Pakistan statt, von dort werden auch Flüge nach Deutschland organisiert. Weitere Aufnahmezusagen würden aber derzeit nicht erteilt.
Etwa 2.600 Menschen mit Aufnahmezusage
Die Aufnahmezusagen sowie die Aufnahmen erfolgen im Rahmen eines Programms für frühere afghanische Ortskräfte der Bundeswehr und weiterer deutscher Institutionen sowie weiterer Aufnahmeprogramme. Dabei geht es um Menschen, die nach der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban in Afghanistan 2021 als besonders gefährdet gelten - etwa wegen ihrer vorherigen Tätigkeit zum Beispiel als Journalistinnen und Journalisten, ihres Einsatzes zum Beispiel für Frauenrechte oder generell für Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte.
Insgesamt gebe es derzeit in allen Verfahren zusammen noch etwa 2.600 Menschen mit einer Aufnahmezusage, sagte dazu eine Sprecherin des Auswärtigen Amts. Einbezogen sind jeweils auch enge Familienangehörige. Die Sprecherin wies darauf hin, dass sich die Menschenrechtslage in Afghanistan in den vergangenen Jahren noch weiter verschlechtert hat. Insbesondere Kritikerinnen und Kritiker der Taliban seien "starker Repression ausgesetzt". Die Bedrohungslage für sie sei "sehr real" und werde jeweils individuell geprüft.
Ministerien: Zusagen sind verbindlich
Die Sprecherin des Bundesinnenministeriums wies zudem darauf hin, dass Menschen, die im Rahmen der Aufnahmeprogramme nach Deutschland kommen, in der Regel "einen Aufenthaltstitel für zunächst drei Jahre" erhalten. Ob ein solcher Titel zurückgenommen werden könne, richte sich nach geltendem Recht. Neben der Sprecherin des Innenressorts bekräftigte auch das Auswärtige Amt die Verbindlichkeit erteilter Aufnahmezusagen.
Falls Aufnahmebescheide widerrufen würden, könnten die Betroffenen den Rechtsweg gehen, dann allerdings von Pakistan aus, sagte dazu Regierungssprecher Steffen Hebestreit.
Hintergrund sind Medienberichte, wonach in Kürze drei weitere Evakuierungsflüge für Afghaninnen und Afghanen nach Deutschland geplant sind. Ausgangspunkt ist demnach wie bereits in früheren Fällen die pakistanische Hauptstadt Islamabad, wo auch die Überprüfungen der Schutzbedürftigen stattfinden. Die Sprecherin des Innenministeriums bestätigte diese Berichte nicht. "Wir kündigen grundsätzlich vorab keine Flüge an", antwortete sie auf eine diesbezügliche Frage.
Union kritisiert rot-grüne Bundesregierung
Union und SPD haben sich darauf verständigt, in der wahrscheinlich künftigen Regierung sämtliche freiwilligen Aufnahmeprogramme zu stoppen. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sagte dem Sender Welt-TV, dass die neue Regierung die Aufnahme sofort beenden und stattdessen mehr Abschiebeflüge nach Afghanistan organisieren werde. Er behauptete zudem, dass ausgewählte Personen für Flüge nach Deutschland "zum Teil nicht sicherheitsüberprüft" seien.
Sachsens Innenminister Armin Schuster (ebenfalls CDU) sagte der Nachrichtenagentur dpa: "Der politische Anstand gebietet einer geschäftsführenden Bundesregierung, maßzuhalten und nicht noch das zu intensivieren, wofür die neue Bundesregierung bekanntermaßen genau nicht stehen wird". Dass Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) quasi in letzter Sekunde vor ihrem Abtritt derart weitreichende und "unsere Gesellschaft massiv polarisierende Aktionen im Akkord" nacheinander "durchziehen" wolle, sei "wirklich infam und vollkommen verbohrt", so Schuster
Kritik an den Aufnahmen kommt auch aus der CSU. Deren Generalsekretär Martin Huber warf Baerbock (Grüne) in diesem Zusammenhang in der "Bild am Sonntag" ein "unanständiges" Verhalten vor. Baerbock ziehe "rücksichtslos ihre eigene Ideologie" durch.
Zuspruch von der Linken
Linken-Bundesgeschäftsführer Janis Ehling stellte sich dagegen hinter das Vorgehen der geschäftsführenden Bundesregierung. "Wenn die deutsche Regierung jahrelang Ortskräften Verträge gibt und sie beschäftigt, hat sie auch eine Verantwortung", sagte er in Berlin. Baerbock habe "an der Stelle mal was richtig gemacht".