Unterschiedliche neue Auto-Modelle stehen auf dem Autoterminal im Hafen, direkt am VW-Werk.
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US-Zölle Was die EU und Deutschland befürchten müssen

Stand: 03.02.2025 17:01 Uhr

Nach den ersten Zollentscheidungen des US-Präsidenten Trump scheint die EU als nächstes dran zu sein. Wie schlimm wird es? Und was kann Brüssel dagegen tun?

Von Detlev Landmesser, ARD-Finanzredaktion

Donald Trump macht Ernst. Am Wochenende verhängte der US-Präsident auf Importe aus den Nachbarländern Mexiko und Kanada Zölle in Höhe von 25 Prozent, Energieeinfuhren aus Kanada sollen mit zehn Prozent belegt werden. Auf alle Einfuhren aus China werden zusätzlich zehn Prozent fällig. Zwar erklärt Trump jetzt, die Zölle gegen Mexiko auszusetzen; die drastischen Entscheidungen lassen auch die Europäer ähnliche Schritte befürchten.

Welche Drohungen stehen im Raum?

Daran, dass Trump bald auch EU-Exporteure mit empfindlichen Zöllen belegen könnte, um die Gemeinschaft unter Druck zu setzen, kann kein Zweifel bestehen. Auf eine entsprechende Frage erklärte der US-Politiker am Wochenende"Absolut! Die Europäische Union hat uns so schrecklich behandelt!" Die USA hätten ein gewaltiges Defizit im Handel mit der EU. "Also werden wir etwas sehr Beträchtliches mit der Europäischen Union unternehmen", kündigte er an - ohne Details zu nennen. Gegenüber Großbritannien schlug Trump dagegen mildere Töne an: "Das Vereinigte Königreich verhält sich daneben, aber ich denke, das kann geklärt werden."

Vor seiner erneuten Amtseinführung hatte Trump von zusätzlichen Zöllen in Höhe von bis zu 20 Prozent für europäische Produkte gesprochen. Dabei sprach er mitunter von deutschen Autos und französischen Genussmitteln wie Champagner oder Käse. Schon seit Langem ist dem Republikaner ein Dorn im Auge, dass europäische Unternehmen deutlich mehr Waren in den USA verkaufen als amerikanische Unternehmen in der EU. Im vergangenen November hatte die EU im Güterhandel mit den USA einen Überschuss von fast 19 Milliarden Euro erzielt. Das waren rund 4,4 Milliarden Euro mehr als zwei Jahre zuvor.

Deutschland, der mit Abstand wichtigste europäische Handelspartner der USA, wäre von den Zöllen voraussichtlich am stärksten betroffen.

Wie wirken die bereits verhängten Zölle auf Deutschland?

Schon die nun verhängten Zölle gegen Kanada, Mexiko und China treffen insbesondere die deutschen Autobauer hart - wenn Analysten auch davon ausgehen, dass die US-Autokonzerne noch stärker leiden. Und noch immer stehen die Folgen unter Vorbehalt, denn der Trump'schen Verhandlungstaktik folgend könnten die nun anstehenden Gespräche noch zu Zugeständnissen der drei Handelspartner und der USA führen - auch in deren eigenem Interesse.

VW, Audi und BMW unterhalten in Mexiko eigene Fabriken, Mercedes-Benz produziert in einem Gemeinschaftswerk mit Nissan, um vor allem den US-Markt zu bedienen. Aber auch die Autowerke von VW, BMW und Mercedes in den USA sind betroffen, da ein Großteil der Autoteile aus Mexiko stammt.

Zudem drohen so genannte "Zweitrundeneffekte": Werden Kanada, Mexiko und China durch hohe Exporteinbußen konjunkturell geschwächt, ist aus diesen Ländern auch weniger Nachfrage nach europäischen Gütern zu erwarten.

Welche Gegenmaßnahmen hat die EU angekündigt?

Zölle verursachten unnötige wirtschaftliche Störungen und trieben die Inflation an, erklärte ein Sprecher der EU-Kommission am Wochenende. Sie schadeten allen Seiten. Die EU werde entschieden auf jeden Handelspartner reagieren, der unfair oder willkürlich Zölle auf Waren erhebe. "Als starker Wirtschaftsraum können wir selber unsere Dinge gestalten und können auch auf Zollpolitiken mit Zollpolitiken reagieren", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz. "Das müssen und werden wir dann auch tun."

Während diese Gegendrohungen noch vage sind, hat Brüssel schon seit einiger Zeit Entgegenkommen signalisiert, insbesondere mit der Bereitschaft, mehr Flüssiggas (LNG) aus den USA zu beziehen. Trump seinerseits hat ebenfalls einen Kompromiss angedeutet, mit dem Zölle abgewendet werden könnten: Er rief die EU-Partner auf, "im großen Stil" Öl und Erdgas aus den USA zu importieren. 

Wie lief es beim letzten Mal?

Zwar verweisen Experten darauf, dass Trumps Team diesmal entschlossener und besser vorbereitet sei als während seiner letzten Amtszeit. Dennoch legen die bisherigen Erfahrungen nahe, dass der US-Präsident an einem ausgewachsenen "Handelskrieg" mit der EU auch diesmal wenig Interesse haben dürfte.

Aus den Verhandlungen in Trumps Amtszeit 2017 bis 2021 gingen letztlich Sonderzölle für bestimmte Kontingente von Stahl und Aluminium aus der EU hervor. Diese sind aber nach einer Vereinbarung mit seinem Nachfolger Joe Biden noch bis Ende März ausgesetzt. Wird der Kompromiss nicht nachverhandelt, würden im April sowohl die US-Aufschläge als auch die europäischen Gegenzölle wieder greifen, die Brüssel sehr selektiv gegen Harley-Davidson-Motorräder und Bourbon-Whiskey verhängt hatte.

Für die EU-Staaten dürfte es auch diesmal darauf ankommen, mit politischen und wirtschaftlichen Zugeständnissen Trumps Zielen entgegen zu kommen, um einen von ihm favorisierten "Deal" zu erreichen. Die kurzfristige Einigung im Abschiebungsstreit mit Kolumbien, mit denen der angedrohte 25-prozentige Zoll auf kolumbianische Waren abgewendet wurde, dürfte in Brüssel mit Interesse registriert worden sein.

Neben dem vermehrten Import von Öl und Gas könnten die Europäer zusätzlich anbieten, mehr US-Rüstungsgüter zu kaufen. Auch die Bereitschaft europäischer Konzerne, vermehrt in den Vereinigten Staaten zu produzieren, könnte den Druck mindern.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 03. Februar 2025 um 18:00 Uhr.