Der Wirtschaftskrise zum Trotz Die Stunde der Start-ups
Mitten in der Wirtschaftskrise werden mehr und mehr Start-ups gegründet. An den Universitäten entstehen innovative Tech-Firmen. Doch im globalen Vergleich hakt es bei den deutschen Start-ups.
"Es gibt Fremdstaaten, die versuchen, unsere Daten abzuschöpfen und mitzulesen, was wir kommunizieren. Die wollen herauszufinden, wo einzelne Personen sind", sagt David Rupprecht. Der junge IT-Unternehmer sitzt vor einem großen Bildschirm, darauf viele Zeilen Programmiersprache. Während seiner Promotion entdeckte er schwerwiegende Sicherheitslücken im Mobilfunk.
"Leute, die ihr Handy benutzen, konnten wir auf andere Webseiten umlenken. Wir konnten Telefonate abhören", sagt David Rupprecht. Er gilt als Experte für Mobilfunknetzsicherheit und mittlerweile als erfolgreicher Gründer eines Start-ups, das er vor drei Jahren aus der Taufe hob. "Das Wissen bringen wir mit dem Start-up Radix Security mit in die Industrie. Wir kommen aus der Forschung. Wir haben früh bemerkt, dass es da Bedarf gibt."
Sein Start-up mit mehr als zehn Mitarbeitern will Sicherheitslücken schließen: Interessenten sind große Netzbetreiber und staatliche Behörden. Eine Start-up-Erfolgsgeschichte von der Ruhr-Universität Bochum.
Gründungen trotz Wirtschaftskrise
Die Start-up-Landschaft in Deutschland entwickelt sich trotz zunehmender wirtschaftlicher Herausforderungen positiv, sagt der Start-up-Verband: Im Jahr 2024 wurden 2766 Start-ups gegründet - elf Prozent mehr als im Vorjahr. "Diese Vielzahl an Gründungen und dass im vergangenen Jahr 17 Prozent mehr Kapital in die Branche geflossen ist, ist absolut positiv", sagt Verena Pausder. Sie ist die Vorsitzende des Start-up-Verbands. "Wir erleben Zeiten der wirtschaftlichen Stagnation. Da macht das Start-up-Wachstum Mut, dass Krisenzeiten eben doch Unternehmerzeiten sind."
Die künftige Bundesregierung sollte diese Dynamik unterstützen und Start-ups zur Priorität machen. "Wir brauchen deutlich mehr Kapital, große Investoren. Wir haben im Vergleich zu anderen Ländern ganz andere Startvoraussetzungen", kritisiert Pausder. In Deutschland stecken Investoren im Durchschnitt deutlich weniger Geld in Start-ups als in anderen Ländern.
In den USA fließt zum Beispiel fünf Mal so viel Geld in junge Unternehmen, auch Frankreich hängt Deutschland laut Verband deutlich ab, obwohl hier viel Potenzial ist. "Wir haben die Industrie, die Top-Talente und die Weltklasse-Forschung. Wir brauchen jetzt den politischen Willen, das auch zusammenzubringen", fordert Verena Pausder vom Branchenverband.
Start-ups im ehemaligen Opel-Werk
David Rupprecht tauscht sich immer wieder mit anderen Gründern in Bochum im O-Werk aus: ein moderner Campus mit 3D-Druckern, Co-Working-Arealen, Räumen für Workshops. Eine Start-up-Schmiede auf dem stillgelegten Opel-Werksgelände. "Weil gerade wirtschaftlich gesehen ein großer Umbruch stattfindet, können Start-ups helfen", sagt David Rupprecht von Radix Security. "Start-ups können viel leisten, sie können neue Industrien aufbauen, Arbeitsplätze schaffen und Innovationen vorantreiben."
Die Ruhr-Universität Bochum vernetzt Gründer, Wissenschaftler und Wirtschaft durch Mentoren wie Maik Ender. "Die Wissenschaftler haben oft nicht die Ahnung von Firmenführung und den rechtlichen Schritten", sagt Ender. "Wir unterstützen als Universitäten die jungen Talente."
Spitzenforschung aus Deutschland
Maik Ender ist selbst Forscher am Max-Planck-Institut und Gründer eines Start-ups. "Gerade im Bereich Deep-Tech gibt es mehr Gründungen aus den Universitäten heraus, wo Wissenschaftler viele Jahre an ihrer Idee geforscht haben und das eben in die Wirtschaft transformieren", sagt er. Dazu zählt Ender Start-ups, die sich mit intensiv mit Künstlicher Intelligenz, mit Biotechnologie, mit Cybersicherheit oder auch Quantencomputing beschäftigen.
"Die Innovationen sind sehr vielfältig bei uns. Wir sind sehr gut in Spitzenforschung. Jetzt geht es darum, dass Potenzial zu identifizieren", sagt Maik Ender. Auch er wünscht sich mehr Investitionen, politische Förderung und weniger Bürokratie für die Start-ups in Deutschland. Damit in der Wirtschaftskrise aus Wissenschaft unternehmerischen Erfolg gemacht wird. Start-ups seien agil und anpassungsfähig, was in der aktuellen Zeit sehr helfen würde.
Erfolg durch Innovationen
Auch Christian Zenger und seine Idee stammt aus Bochum. "Aus meiner Sicht wird aus einem Start-up ein Erfolg, wenn man nicht nur die Investoren zu Beginn begeistern kann, sondern auch ein nachhaltiges Geschäftsmodell entwickelt", sagt der junge Unternehmer. Im Jahr 2016 gründete Zenger Physec. Die Firma hat ein neuartiges System entwickelt, um mit Hilfe von Funkwellen und deren Ausbreitungseigenschaften, Manipulationen an elektronischen Geräten zu erkennen. Das reicht von Kreditkartendatenlesegeräten oder Ladesäulen bis hin zu kompletten Industrieanlagen.
"Trotz Wirtschaftskrise wachsen die Start-ups in Deutschland. Doch es fehlen große Investoren, wodurch viele Start-ups systematisch ins Ausland abwandern", sagt der Gründer, dessen Firma bereits 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt.
Obwohl Start-ups scheitern könnten und die Bürokratie in Deutschland ein Problem sei, hofft Christian Zenger auf innovativen Nachwuchs. "Es ist unglaublich inspirierend, all diese Herausforderungen anzugehen. Man sollte mit seiner Idee nicht zu lange zögern, sondern einfach machen, sich ein gutes Team suchen und gründen."