Mitarbeiter bei der Zugproduktion bei Siemens Mobility Fertigung in Sacramento, USA
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Deutsche Industrie So amerikanisch ist Siemens

Stand: 13.02.2025 10:54 Uhr

Siemens hat in den Vereinigten Staaten Dutzende Werke und Zehntausende Beschäftigte. Was bedeutet die Politik Donald Trumps für das immens wichtige USA-Geschäft des Konzerns?

Von Von Stephan Lina, BR

Blickt man auf die Zahlen der Siemens AG, dann könnte man denken, der Elektronikriese sei mittlerweile eher ein amerikanisches Unternehmen als eine deutsche Traditionsfirma. Seit mehr als 20 Jahren sind die Vereinigten Staaten der wichtigste Einzelmarkt für den Münchener Konzern, und das mit zunehmend großem Abstand zu anderen Ländern.

So erwirtschaftete Siemens im abgelaufenen Geschäftsjahr in den USA einen Umsatz von mehr als 20 Milliarden Euro, fast doppelt so viel wie auf dem Heimatmarkt Deutschland. Ähnlich sieht es beim Auftragseingang aus, der in den Vereinigten Staaten zudem deutlich stärker zulegte als die Orders von deutschen Kunden.

Seit 1892 "amerikanisch"

Schon Firmengründer Werner von Siemens betrachtete die USA im 19. Jahrhundert als einen entscheidenden Zukunftsmarkt. Er schrieb 1881 in einem Brief, es wäre "wirklich eine Sünde", das Land links liegen zu lassen. Kein anderer Markt biete so viel Potenzial.

Allerdings dauerte es noch einige Jahre, bis Siemens 1892 in Chicago ein erstes eigenes Werk auf nordamerikanischem Boden baute. Heute betreibt das Unternehmen in den Vereinigten Staaten nach eigenen Angaben 24 Produktionsstätten und beschäftigt vor Ort mehr als 45.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Strategie: Siemens als guter US-Bürger

In der Debatte über Zölle und angesichts regelmäßiger antideutscher Tiraden von Präsident Donald Trump setzt man bei Siemens darauf, sich so offensiv wie möglich als "guter US-Bürger" und quasi ur-amerikanisches Unternehmen zu präsentieren.

So findet sich auf der landesspezifischen Webseite gleich ganz oben der Slogan "Siemens in the USA. For the USA". Und man verweist auf die 20 Milliarden Dollar, die der Konzern in den vergangenen beiden Jahrzehnten in den Vereinigten Staaten investiert habe.

Kaum laute Kritik an Donald Trump

Laute Kritik an Stil und Politik von Donald Trump sind vom heutigen Konzernchef Roland Busch nicht zu erwarten. Zwar verweist der Vorstandsvorsitzende immer wieder darauf, dass freier Handel eine zentrale Grundlage für eine florierende Weltwirtschaft und für global agierende Unternehmen wie Siemens sei. Er bleibt damit aber wesentlich zurückhaltender als sein Vorgänger Joe Kaeser, der kurz nach Trumps erstem Amtsantritt im Jahr 2017 sehr deutlich geworden war.

Angesichts von Trumps Wutreden gegen Migranten und Plänen zum Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko sagte Kaeser bei der damaligen Hauptversammlung: "Es besorgt uns schon, dass wir Töne hören, die bisher zu unserer Wahrnehmung dieses Landes nicht passten." Geschadet hat diese klare Ansage weder dem Manager noch der Siemens AG, zumal Kaeser in den Folgejahren offenbar ein konstruktives Verhältnis zum Beraterstab des Weißen Hauses und zu Trump persönlich aufbauen konnte.

Unklare Folgen der Zollpolitik

Grundsätzlich gelten die USA auch unter Trump bei Siemens als Wachstumsmarkt. Das Unternehmen würde zum Beispiel in seiner Sparte für Infrastrukturen davon profitieren, wenn weiter im großen Stil Rechenzentren gebaut würden.

Darüber hinaus hat Siemens milliardenschwere Aufträge im Bahngeschäft in den Büchern stehen, zum Beispiel für Züge auf einer geplanten Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Las Vegas und Los Angeles. Dafür baut der Konzern derzeit ein neues Eisenbahnwerk im Bundesstaat New York. Allerdings ist offen, ob die Regierung Trump an einer bisher zugesagten Förderung dieses Megaprojektes festhalten wird.

Völlig unklar ist bisher, welche konkreten Folgen Trumps Zollpolitik für das US-Geschäft von Siemens haben wird. Die Produktion vor Ort ist nämlich global vernetzt, viele Produkte und Zulieferteile wandern - manchmal mehrfach - über Staatsgrenzen, vor allem mit den Nachbarn Kanada und Mexiko.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 13. Februar 2025 um 10:10 Uhr.