Blick auf die Fraktion der Alternative für Deutschland (AfD) im Deutschen Bundestag.

Papier von Union und SPD Opposition zerpflückt Koalitionsvertrag

Stand: 09.04.2025 17:58 Uhr

Eine "Kapitulationsurkunde", "Ideen wie Stroh", ein "Dokument der Ignoranz" - die Oppositionsparteien lassen kein gutes Haar am Koalitionsvertrag von Union und SPD.

Eine "Kapitulationsurkunde" von CDU-Chef Friedrich Merz und der CDU/CSU - so bezeichnete AfD-Chefin Alice Weidel den vorgelegten Koalitionsvertrag von Union und SPD. Kein einziges Wahlversprechen sei eingehalten worden, das Regierungsprogramm gehe die wichtigen Herausforderungen des Landes nicht an. Das Papier trage "durchgehend die Handschrift des Wahlverlierers SPD".

Die Union habe die Bürger "mit falschen Wahlversprechen über den Tisch gezogen und belogen". Das "Weiter-so" stehe "in jedem Satz des Koalitionsvertrags", sagte Weidel vor allem mit Blick auf Migration und Finanzen. So werde zu viel Steuergeld "für falsche und schädliche Politik verschleudert", kritisierte die AfD-Fraktionschefin weiter. In der Migrationspolitik knüpfe der Vertrag "nahtlos an die fatalen Weichenstellungen" unter der bisher letzten schwarz-roten Bundesregierung von CDU-Kanzlerin Angela Merkel an.

Grüne beklagen Mutlosigkeit

Die Grünen kritisierten den Koalitionsvertrag als große Enttäuschung. Das Regierungsprogramm sei für "Europa Valium, obwohl Europa eine Energiespritze gebrauchen könnte", sagte Grünen-Co-Chefin Franziska Brantner. Es sei ein Trauerspiel zu sehen, dass CDU-Chef Merz keinen "Adenauer-Moment" und keinen Mut habe. Für junge Menschen sei im Koalitionsvertrag nichts enthalten in puncto sichere Rente oder soziale Sicherungssysteme, Innovationen oder Bildung. Vieles werde in Kommissionen vertagt. Zudem sei das Regierungsprogramm finanziell nicht durchgerechnet und jeder Punkt stehe unter dem Finanzierungsvorbehalt. "Diese Koalition hat Geld wie Heu, aber Ideen wie Stroh", erklärte Brantner.

Linke sieht Herausforderungen ignoriert

Die Linke bezeichnete das Papier als "Dokument der Ignoranz gegenüber den hart arbeitenden Menschen und gegenüber den großen Herausforderungen unserer Zeit: gesellschaftlicher Zusammenhalt, explodierende Mieten und immer weiter steigende Preise, die Zerstörung des Planeten und internationale Krisen". Parteichefin Ines Schwerdtner sagte der Rheinischen Post, keine dieser Herausforderungen werde auch nur annähernd "in ihrer Größe begriffen, und echte Lösungen vermisst man schmerzlich". Die Linke werde den Plänen von Union und SPD daher "entschlossen entgegentreten".

FDP-Politiker Dürr vermisst Politikwechsel

Der FDP-Politiker Christian Dürr kritisierte die Pläne von Union und SPD ebenfalls: "Deutschland wird zukünftig von Mutlosigkeit regiert. Mit dem Koalitionsvertrag steht es schwarz auf weiß: Mit Friedrich Merz und seiner schwarz-roten Koalition bleibt der versprochene Politikwechsel aus." Er vermisse "echte Reformen". "Dass erst 2032 die Unternehmenssteuern wirklich gesenkt werden sollen, ist angesichts der Krise völlig unverständlich und es steht in den Sternen, ob das überhaupt kommt", so Dürr. Bei den Schulden habe alles schnell gehen müssen, bei der Wirtschaftswende werde jeder noch so kleine Schritt auf die lange Bank geschoben.

Wagenknecht befürchtet weiteren Abschwung

BSW-Bundesvorsitzende Sahra Wagenknecht erklärte, der Koalitionsvertrag gebe keine Antwort auf Wirtschaftskrise und Handelskrieg. "So droht ein drittes und viertes Rezessionsjahr unter Schwarz-Rot: die Merzession." Damit werde der künftige Kanzler Merz die AfD weiter stärken. Wagenknecht forderte "vernünftige Abgeordnete" und die Basis von Union und SPD auf, den Koalitionsvertrag zu stoppen.

Eva Ellermann, ARD Berlin, tagesschau, 09.04.2025 18:50 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 09. April 2025 um 18:00 Uhr.