
US-Sondergesandter Kellogg in Kiew Diplomatische Töne nach dem großen Streit
Als "gut" und "detailliert" beschreibt der ukrainische Präsident Selenskyj sein Treffen mit dem US-Sondergesandten Kellogg. Ein gemeinsames Statement aber gab es nicht. Unterdessen sieht sich der Kreml auf einer gemeinsamen Linie mit den USA.
Es war ein Treffen, das mit Spannung erwartet wurde. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj empfing heute in Kiew den US-Sondergesandten Keith Kellogg - kurz nachdem US-Präsident Trump Selenskyj verbal scharf attackiert hatte. Wer allerdings eine Fortsetzung der Auseinandersetzung erwartet hatte, sah sich getäuscht.
Keine Pressekonferenz - auf Wunsch der US-Seite
Eine gemeinsame Pressekonferenz nach den Beratungen wurde kurzfristig abgesagt - womöglich auch, um nicht weiteres Öl ins Feuer zu gießen. Zu den genaueren Gründen der Absage machte Selenskyjs Sprecher keine Angaben. Er teilte lediglich mit, die Pressekonferenz werde auf Wunsch der US-Seite nicht stattfinden.
Und so blieb es allein bei den Bewertungen von Selenskyj, der sich nach dem Treffen im Kurznachrichtendienst X äußerte. Die Unterredung mit Kellogg sei gut und detailliert gewesen, teilte Selenskyj dort mit. Die Ukraine sei bereit, schnell und unermüdlich an einem starken und nützlichen Abkommen über Investitionen und Sicherheit mit den USA zu arbeiten. "Wir müssen und können dafür sorgen, dass der Frieden stark und dauerhaft ist - damit Russland nie wieder mit Krieg zurückkehren kann."
Treffen auch mit Außenminister Sybiha
Kellogg war am Mittwoch zu einem mehrtägigen Besuch in der Ukraine eingetroffen. Vor seinem Gespräch mit Selenskyj war er bereits mit dem ukrainischen Außenminister Andrij Sybiha zusammengekommen. Anschließend teilte Sybiha mit, er habe mit Kellogg über Wege zu einem gerechten und dauerhaften Frieden für die Ukraine gesprochen. "Ich habe die Bereitschaft der Ukraine bekräftigt, durch Stärke Frieden zu erreichen und unsere Vision für die notwendigen Schritte dargelegt", schrieb der Außenminister.
Auch der Leiter des ukrainischen Präsidialbüros, Andrij Jermak, hatte den Besuch des US-Sondergesandten ausdrücklich gelobt. Es sei wichtig, dass Kellogg Informationen aus erster Hand erhalte, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Die Ukraine rechne auch in Zukunft mit der Hilfe der USA und sei an einer offenen und vertrauensvollen Partnerschaft interessiert.
Diplomatische Töne gegen verbale Attacken
Ganz ähnlich hatte sich auch Selenskyj um diplomatische Töne bemüht, trotz mehrfacher verbaler Angriffe des US-Präsidenten, die auch direkt auf seine Person abzielten.
Trump hatte Selenskyj als Diktator bezeichnet, dessen Amt nicht durch legitime Wahlen bestätigt sei und der in der ukrainischen Bevölkerung massiv an Zustimmung verloren habe - was teilweise sehr irreführend und teilweise schlichtweg falsch ist. Zuvor hatte Trump der Ukraine bereits eine Mitverantwortung für den mittlerweile seit drei Jahren andauernden Krieg zugewiesen.
Hatte Selenskyj zunächst damit reagiert, Trump sei einer "russischen Desinformationsblase" aufgesessen, betonte er später lediglich, dass seine Regierung auch weiterhin an guten Beziehungen zu den USA interessiert seien und dass er mit Blick auf Kelloggs Besuch auf eine konstruktive Zusammenarbeit hoffe.
Russland und die USA in "vollständiger Übereinstimmung"
Umfassende Zustimmung erhält Trump hingegen aus Russland. Die USA hätten von der Notwendigkeit gesprochen, "so schnell wie möglich Frieden zu schaffen und dies durch Verhandlungen zu erreichen", äußerte sich Kremlsprecher Dmitri Peskow und betonte, es herrsche "vollständige Übereinstimmung" mit den USA, was das weitere Vorgehen im "Ukraine-Konflikt" angehe. Dazu sei entscheiden worden, "mit der Wiederaufnahme des russisch-amerikanischen Dialogs in allen Bereichen zu beginnen".
Einen ersten Anlauf, um den Weg für Verhandlungen zu ebnen, hatte es am Dienstag schon gegeben. In Saudi-Arabien kam US-Außenminister Marco Rubio mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow zusammen - ohne Vertreter der Ukraine oder der EU. Das Treffen zog sowohl von ukrainischer als auch europäischer Seite massive Kritik nach sich.
Umso stärker drängen einige EU-Mitglieder jetzt darauf, die eigene Rolle im Ringen um einen Frieden für die Ukraine zu stärken und pochen auf eine unbedingte Beteiligung an möglichen Verhandlungen. Nach einem ersten Ukraine-Gipfel am Montag will Frankreich Medienberichten zufolge zeitnah zu weiteren Beratungen laden. Teilnehmen sollen europäische Vertreter, aber auch nichteuropäische Länder.
Berichte über britisch-französische Truppe für Ukraine
Eine große Frage ist, wie Europa die Sicherheit für die Ukraine gewährleisten kann, auch nachdem ein Friedensabkommen vereinbart wurde. Wie die britischen Zeitungen Times und Guardian unter Berufung auf Militärkreise berichteten, erwägen Großbritannien und Frankreich, zu diesem Zweck eine europäische Truppe zur Absicherung eines möglichen Abkommens einzurichten.
Diese Truppe könne den Berichten zufolge weniger als 30.000 Soldaten umfassen und möglicherweise in wichtigen Städten und Häfen der Ukraine stationiert werden. Ebenso könne die Truppe den Schutz der kritischen Infrastruktur in der Ukraine schützen. In der Nähe der derzeit heftig umkämpften Front im Osten der Ukraine sollten die Soldaten jedoch nicht eingesetzt werden.
Wie es von den Zeitungen weiter hieß, erwägen Großbritannien und Frankreich ebenfalls, Flugzeuge einzusetzen, um ukrainische Grenzen zu überwachen. Ziel sei auch, kommerziellen Luftverkehr zu ermöglichen und den Seehandel abzusichern, schrieb der Guardian. In der kommenden Woche soll der britische Premierminister Keir Starmer in die USA reisen. Dort könnte er bei einem Treffen mit Trump auch diese Idee anbringen, mutmaßte die Zeitung Telegraph.
Der russische Außenminister Lawrow hatte die europäischen Überlegungen zu Friedenstruppen in der Ukraine scharf kritisiert und klar abgelehnt. Auch Kremlsprecher Peskow bekräftigte nochmals die Sorge der russischen Regierung und betonte, Moskau werde die Entwicklungen in Europa genau beobachten.