Reaktionen zu Putin-Wiederwahl "Eine Wahl ohne Wahl"
Die Wahl in Russland war weder frei noch fair - da sind sich westliche Staaten einig. Putin wurde wegen "Unterdrückung und Einschüchterung" wiedergewählt, sagte der EU-Außenbeauftragte. Außenministerin Baerbock kündigte neue Sanktionen an.
Nach der Wiederwahl des russischen Präsidenten Wladimir Putin ist die Kritik daran deutlich. Die Europäische Union warf der russischen Regierung in einer offiziellen Erklärung große Einschränkungen bei der Abstimmung vor. Putin sei aufgrund von "Unterdrückung und Einschüchterung" wiedergewählt worden, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell vor einem Außenministertreffen in Brüssel.
Auch die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock sagte in Brüssel: "Die Wahl in Russland war eine Wahl ohne Wahl." Der Wahlvorgang zeige "nicht nur das ruchlose Vorgehen Putins gegenüber seinem eigenen Volk, sondern auch gegen die Charta der Vereinten Nationen", so Baerbock. Dass sogenannte Wahlen auch in Teilen der Ukraine, in Teilen Moldaus und in Teilen Georgiens abgehalten wurden, sei völkerrechtswidrig. Mit Blick auf den Tod von Alexej Nawalny werde die EU neue Sanktionen gegen Russland auf den Weg bringen, sagte Baerbock.
Scholz-Sprecherin: Russland ist Diktatur
Das Auswärtige Amt schrieb noch vor der Verkündung der Prognosen auf X: "Die Pseudowahlen in Russland sind weder frei noch fair, das Ergebnis überrascht niemanden."
Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann sagte in Berlin: "Der Bundeskanzler hat nicht gratuliert." Russland sei heute eine Diktatur und werde von Wladimir Putin autoritär beherrscht. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte angekündigt, Putin nicht zu gratulieren. 2018 hatte Steinmeier dem Kremlchef noch zur Wiederwahl gratuliert.
Reaktionen aus westlichen Staaten
Aus dem Weißen Haus hieß es in einer ersten Reaktion, die Wahl sei offensichtlich weder frei noch fair gewesen. Putin habe seine Gegner ins Gefängnis werfen lassen und andere daran gehindert, gegen ihn anzutreten.
Auch das französische Außenministerium sprach davon, dass die Wahl in einem "Kontext verschärfter Unterdrückung stattgefunden" habe. Gleichzeitig würdigte das Ministerium die friedlichen Proteste in Russland. "Frankreich begrüßt den Mut vieler russischen Bürger, die friedlich gegen den Angriff auf ihre grundlegenden politischen Rechte demonstriert haben."
Scharfe Kritik kam auch aus London. "Putin schaltet seine politischen Gegner aus, kontrolliert die Medien und krönt sich dann zum Sieger. Das ist keine Demokratie", sagte der britische Außenminister David Cameron in einem Statement.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte, "der russische Diktator" habe "eine weitere Wahl simuliert". "Jedem in der Welt ist klar, dass diese Figur, wie schon so oft in der Geschichte, einfach nur machtbesessen ist und alles tut, um lebenslang zu regieren", sagte Selenskyj. "Es gibt kein Übel, das er nicht begehen würde, um seine persönliche Macht zu verlängern."
Der Co-Vorsitzende der unabhängigen Wahlbeobachtungsstelle Golos, Stanislaw Andrejtschuk, sagte, der Druck auf die Wähler durch die Strafverfolgungsbehörden habe ein noch nie dagewesenes Ausmaß erreicht. Die Wählerinnen und Wähler seien in den Wahllokalen durchsucht, ihre Stimmzettel vor der Abgabe überprüft worden, schrieb er in den sozialen Medien. Die Polizei habe sogar verlangt, dass eine Wahlurne geöffnet werde, um einen Stimmzettel zu entfernen. "Es ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich solche Absurditäten sehe, und ich beobachte Wahlen seit 20 Jahren", schrieb Andrejtschuk.
Glückwünsche von Putins Partnern
Glückwünsche erhielt Putin aus mehreren autoritär regierten Ländern - etwa aus China. Sein Wahlsieg sei Ausdruck der "vollkommenen Unterstützung" der Russen für ihren Staatschefs, erklärte Staatschef Xi Jinping laut dem staatlichen Fernsehsender CCTV. Das russische Volk habe sich in den vergangenen Jahren "vereint, um die Herausforderungen zu meistern".
Auch der nordkoreanische Staatschef Kim Jong Un gratulierte Putin zur Wiederwahl, wie die staatliche Nachrichtenagentur KCNA berichtete. Gratulationen wurden auch von den Staatschefs von Nicaragua, Tadschikistan und Venezuela übermittelt, teilte die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass am Morgen mit.
Kreml sieht "aussagekräftigste Bestätigung"
Nach der Auszählung von 98 Prozent der Stimmzettel erhielt Putin laut Wahlkommission mehr als 87 Prozent der Stimmen - ein Rekordergebnis, das Beobachtern zufolge allerdings nur durch Repression, Zwang und Betrug erreicht werden konnte. Kremlsprecher Dmitri Peskow hingegen sprach von der "aussagekräftigsten Bestätigung für die Unterstützung des Präsidenten durch die Bevölkerung des Landes". Versuche des Westens, die Wahl als illegitim darzustellen, seien absurd.
Putins Sieg galt von vornherein als ausgemacht. Alle bekannteren Kritiker des Kremlchefs sind entweder tot, inhaftiert oder im Exil. Nun steht Putin vor einer weiteren sechsjährigen Amtszeit. Er ist bereits seit rund einem Vierteljahrhundert an der Macht.