
Zweite Chat-Affäre Verteidigungsminister Hegseth vor dem Aus?
US-Verteidigungsminister Hegseth gerät in der sogenannten Signal-Gate-Affäre weiter unter Druck. Inzwischen fordern erste Republikaner seinen Rücktritt. Worum geht es genau und wie reagiert Präsident Trump?
Was wird US-Verteidigungsminister Hegseth vorgeworfen?
Hegseth soll Medienberichten zufolge Militärpläne zu Angriffen auf die Huthi-Miliz im Jemen in einem Gruppenchat über die App Signal auch mit seiner Ehefrau Jennifer und anderen Personen geteilt haben. Demnach sollen etwa 13 Personen der zweiten Chat-Gruppe namens Defense Team Huddle angehört haben.
Hegseths Bruder und sein persönlicher Anwalt sollen demnach auch Chat-Mitglieder gewesen sein - beide haben laut den Medienberichten Jobs im Pentagon, seine Frau hingegen nicht. Sie arbeitete als Produzentin bei Fox News.
Hegseth steht bereits wegen eines im März bekannt gewordenen Chats in der Kritik, zu dem offenbar versehentlich auch der Chefredakteur des Magazins The Atlantic, Jeffrey Goldberg, hinzugefügt worden war.
Das Magazin berichtete, Hegseth und andere hochrangige US-Regierungsvertreter hätten über die App Signal Angriffspläne für den Jemen diskutiert, darunter operative Details und Informationen über Ziele, die von den USA eingesetzten Waffen und die Angriffssequenzen.
Zu dieser Chatgruppe hätten Vizepräsident JD Vance, FBI-Chef Kash Patel, CIA-Direktor John Ratcliffe und Geheimdienstkoordinatorin Tulsi Gabbard gehört. Zwei Stunden nachdem der Journalist Goldberg die Details erhalten habe, hätten die Angriffe begonnen.
Warum hat das Ganze so eine sicherheitspolitische Relevanz?
Signal ist nicht Teil des sicheren Kommunikationsnetzwerks des Verteidigungsministeriums. Gerade für Diskussionen über einen möglichen Kriegseinsatz und andere heikle Fragen gelten strenge Sicherheitsvorschriften.
So dürfen solche Unterhaltungen nur in besonders abgeschirmten Räumen ("Sensitive Compartmented Information Facility") oder digital über speziell gesicherte Smartphones oder andere IT-Geräte geführt werden.
Die jüngst bekannt gewordene, zweite Chat-Gruppe, erstellte Hegseth laut der New York Times selbst. Er soll darin die gleichen Startzeiten für Kampfflugzeuge verbreitet haben, wie in dem vor knapp vier Wochen bekannt gewordenen Chat. Auch der Fernseh-Sender CNN berichtete darüber.
Wie sicher ist Signal?
Signal verfügt über eine wirksame Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, die selbst von modernen Quantencomputern nicht geknackt werden kann. Alle Nachrichten, Anrufe und Gruppenchats sind standardmäßig mit dem Signal-Protokoll verschlüsselt. Dadurch können weder der Betreiber noch Dritte auf die Inhalte zugreifen.
Trotz seines guten Rufs stören sich Datenschützer daran, dass Signal die Angabe einer Telefonnummer zur Registrierung erfordert, weil dies die Anonymität einschränke.
Dadurch könne man herausfinden, wem ein Signal-Account gehöre. Bei anderen Messengern wie Wire und Element kann man statt einer Telefonnummer eine E-Mail-Adresse hinterlegen, die sich leicht anonym anlegen lässt. Beim Schweizer Messenger Threema etwa muss man gar nichts verknüpfen.
Beobachter wie Johannes Thimm von der Stiftung Wissenschaft und Politik sprachen bereits nach Bekanntwerden der ersten Chat-Gruppe von einer "potenziellen Gefährdung von US-Soldaten" wenn solch sensible Daten auf diese Weise ausgetauscht werden.
Was sagt Hegseth zu den Vorwürfen? Was sagt Trump?
Hegseth sagte zu den Informationen über den zweiten Signal-Chat bei einem Osterfest für Familien im Garten des Weißen Hauses, die Vorwürfe beruhten auf Informationen von verärgerten ehemaligen Angestellten, die versuchten, "Leute niederzumachen und ihren Ruf zu ruinieren. Das funktioniert bei mir nicht".
US-Präsident Donald Trump steht bisher fest zu seinem Verteidigungsminister. "Er wurde eingesetzt, um eine Menge schlechter Leute loszuwerden. Und genau das hat er getan", sagte Trump am Montag vor Reportern.
Wackelt Hegseth als Verteidigungsminister?
Der republikanische Kongressabgeordnete Don Bacon, ein ehemaliger Luftwaffen-General und Mitglied im Verteidigungsausschuss, sagte dem Magazin Politico, Hegseth agiere amateurhaft. Wenn die Berichte über den zweiten Signal-Chat stimmten, sei das völlig inakzeptabel. Er wolle dem Weißen Haus nicht vorschreiben, wie damit umzugehen sei, aber: "Wenn ich das Sagen hätte, würde ich das nicht tolerieren."
NPR berichtete unter Berufung auf einen nicht namentlich genannten Regierungsbeamten, das Weiße Haus habe das Verfahren zur Suche nach einem Nachfolger für Hegseth eingeleitet. Trump-Sprecherin Karoline Leavitt bezeichnete das als Fake News - und verwies darauf, dass der Präsident Hegseth Stunden zuvor öffentlich den Rücken gestärkt hatte.
Laut New York Times soll Hegseth den zweiten Chat selbst erstellt haben und ihn von seinem privaten Telefon aus genutzt haben.
Rechtsprofessor Ryan Goodman, der einst als Jurist im Verteidigungsministerium aktiv war, sagte zudem im Sender CNN, der zweite Chat könne potenziell ein größeres Problem für Hegseth sein, da er Angriffspläne "an Leute kommunizierte, die sie nie hätten erhalten sollen".