Ein Mann tippt einem Büro auf einer Tastatur.
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Arbeitgeber wollen mehr Büro-Zeit Wo der Streit ums Homeoffice gerade hochkocht

Stand: 27.11.2024 08:18 Uhr

Das Arbeiten von zu Hause aus gehört in vielen Jobs zum Alltag. Doch in manchen Konzernen kommt es zum Streit mit der Belegschaft, weil Beschäftige mehr Zeit im Büro verbringen sollen.

Bei der Deutschen Bank, dem Softwareunternehmen SAP und dem Versandhändler Otto gibt es intern heftige Diskussionen. Otto will, dass zumindest die Hälfte der Arbeitszeit im Büro verbracht wird. Die Deutsche Bank und SAP fordern wöchentlich drei Fünftel Präsenzarbeit.

In vielen Unternehmen sind die Homeoffice-Regeln schon verschärft worden. Für Personalchefs ist das schwierig, denn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zeigen sich wenig geneigt, das heimische Arbeitszimmer zu verlassen.

Neue Regeln für die Deutsche Bank

Deutsche-Bank-Personaler und Gesamtbetriebsrat waren im Spätsommer eigentlich einig, das Homeoffice ab dem kommenden Jahr von bisher drei auf zwei Tage pro Woche abzuschmelzen. Das soll gemildert werden durch einmalig zwölf zusätzliche Homeoffice-Tage, die 2025 beansprucht werden können. Bei persönlichen Notfällen sind Einzelregeln vorgesehen.

Im Intranet der Bank hieß es vor zwei Wochen, ein Drittel der deutschen Beschäftigten habe die Regelung abgelehnt. Die Bank veröffentlicht ihre Mitarbeiterzahl nicht, sondern nur, dass sie in Deutschland zusammengerechnet 36.000 Vollzeitstellen hat. Auch gibt es zahlreiche Deutsch-Banker, die für Homeoffice ohnehin nie in Frage kamen und daher nicht betroffen sind - beispielsweise Händler, Filialpersonal und viele Chefs.

Zusatzverträge werden gekündigt

Doch Zehntausende Deutsch-Banker haben in ihren Homeoffices gearbeitet; und viele Tausende wollen der neuen Regel nicht zustimmen. Sie können sich auf persönliche Zusatzverträge berufen, mit denen Homeoffice vereinbart wurde. Diese Zusatzverträge werden zum Jahresende gekündigt.

Es gelte, "unsere Zusammenarbeit, die Dynamik in unseren Teams und den persönlichen Austausch zu fördern", heißt es werbend im Intranet. Ein Bildschirmfoto des Artikels, das dem Hessischen Rundfunk vorliegt, zeigt nur 318 "Gefällt mir" und mehr als 1.400 Bewertungen des Artikels mit durchschnittlich kargen 1,5 von 5 möglichen Punkten. Nach heftiger Diskussionen wurde die Kommentarfunktion abgeschaltet. Personalchefs verhandeln jetzt mit den gut drei Dutzend lokalen Betriebsräten.

Otto hat seine Meinung geändert

In der Hamburger Zentrale des Otto-Konzerns geht es um 5.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich lange weitgehender Freiheit bei der Wahl ihres Arbeitsplatzes erfreuten. "Bislang klappt das sehr gut", kommentierte Personalvorständin Kathy Roewer im vergangenen Jahr, "Flexibilität ist wichtiger denn je".

Genau ein Jahr später heißt es dagegen, die Balance zwischen Homeoffice und Büroarbeit sei nicht allseits ausgewogen. Ab kommendem Jahr schreibt Otto der Belegschaft vor, die Hälfte der Arbeitszeit im Büro zu verbringen. Das "Hamburger Abendblatt" berichtete von 3.000 Teilnehmern einer hybriden Betriebsversammlung und zornigen Diskussionen.

Was Beschäftigte und Experten sagen

In den Kommentarspalten der internen Netze großer Unternehmen ist von Arbeitnehmerinnen und Arbeitgeber zum Thema Homeoffice immer wieder das Argument zu lesen, dass sich zu Hause besser arbeiten lasse als in Großraumbüros - man schaffe dort mehr. Oft wird sehr persönlich mit Ersparnis von Pendlerzeit und sogar mit Klimaschutz argumentiert.

Oliver Stettes vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) ist skeptisch, wenn es um die Selbsteinschätzung von Betroffenen geht. Erstens müsse die nicht richtig sein. Zweitens gehe es auch nicht nur um individuelle Arbeitsleistung. Typischerweise werde in Unternehmen mit anderen zusammengearbeitet. Und Zusammenarbeit entstehe erst, wenn man sich mit Menschen treffe.

Die gewerkschaftliche Hans-Böckler-Stiftung betrachtet Homeoffice zunächst aus Sicht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Und für die gilt: Wenn es zu Hause gute Arbeitsplätze gibt, kann Homeoffice sehr attraktiv sein. Doch auch gewerkschaftliche Wissenschaftler haben die Unternehmen im Blick und kommen zu ähnlichen Ergebnissen wie das Institut der Arbeitgeber: "Die Mischung macht's", sagt Yvonne Lott von der Böckler-Stiftung. "Es geht nicht ohne Präsenz im Büro."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 27. November 2024 um 11:50 Uhr.