
Erneute Verluste Tiefe Sorgenfalten an der Wall Street
Die US-Börsen standen heute ebenfalls ganz im Zeichen der Zollängste der Regierung Trump. Denn die Folgen der Zollpolitik gegen den Rest der Welt scheinen zunehmend unkalkulierbarer.
Auch die US-Börsen standen heute ganz im Zeichen der Geschehnisse an den Weltbörsen. Auch wenn anfangs höhere Verluste im Verlauf eingegrenzt wurden, bleibt die Stimmung an der Wall Street weiter extrem angespannt. Der Leitindex Dow Jones verlor am Ende 0,91 Prozent auf 37.965 Punkte, nachdem er im frühen Geschäft schon über vier Prozent nachgegeben hatte. Der Index bewegte sich dabei in einer Bandbreite zwischen 36.611 und 39.207 Zählern, eine Spanne von rund 2.500 Punkten.
Der S&P 500 Index ging am Ende bei 5.062 Punkten um 0,23 Prozent moderat schwächer aus dem Handel. Die Technologiebörse Nasdaq schwankte ebenfalls stark und endete sogar noch mit 0,1 Prozent leicht im Plus. Der Auswahlindex Nasdaq 100 gewann 0,2 Prozent auf 17.430 Prozent. Von einer kräftigen Gegenbewegung in Anbetracht der hohen Verluste zuletzt konnte allerdings keine Rede sein.
Die Verluste zum Start der neuen Woche fielen zwar geringer aus als zuletzt, doch Experten mahnten zur Vorsicht. "Was wir sehen, ist eine technische Erholung nach einem sehr steilen Ausverkauf, aber es ist nicht unbedingt das Ende des Ausverkaufs", sagte Fiona Cincotta, Chefanalystin beim Broker City Index.
"Damit das passiert, müssten grundlegende Veränderungen stattfinden." Dies werde beispielsweise dann der Fall sein, wenn Trump einige Zölle zurücknehme, wenn die Zentralbanken unterstützend eingriffen oder wenn Anleger den Eindruck bekämen, dass die Weltwirtschaft trotz der Zölle gut dastehe.
Auch Wirtschaftsvertreter kritisierten die Zollpolitik der Regierung. Der Chef der größten US-Bank JPMorgan Chase, Jamie Dimon, warnte heute in seinem Jahresschreiben an die Aktionäre vor einer Wachstumsbremse und steigender Inflation. Dimon ist der am längsten amtierende Chef eines großen Wall-Street-Unternehmens.
Er warnte vor "Unsicherheiten" durch Trumps Zollpolitik. Dazu zählten sinkende Unternehmensgewinne und Druck auf den US-Dollar. "Meine ernsthafteste Sorge ist, wie sich dies auf Amerikas langfristige wirtschaftliche Bündnisse auswirken wird", betonte er mit Blick auf die hohen Zölle für enge US-Handelspartner wie die Europäische Union, die am Mittwoch in Kraft treten sollen.
Der bekannte Fondsmanager und Milliardär Ackman, der Trump im Wahlkampf unterstützt hatte, warf dem Präsidenten im Onlinedienst X vor, einen "Atomkrieg gegen jedes Land der Welt" auszulösen. Die US-Regierung habe die Zölle der Handelspartner völlig überhöht ausgerechnet. Trump müsse seinen Kurs korrigieren, bevor er einen "großen Fehler macht, der auf schlechter Mathematik beruht", forderte Ackman.
Sogar der umstrittene Trump-Berater und Tech-Multimilliardär Elon Musk ging auf Distanz. Er veröffentlichte auf X ein Video des verstorbenen US-Ökonomen Milton Friedman, in dem dieser erklärt, dass ein einfacher Bleistift aus Bestandteilen aus der ganzen Welt zusammengesetzt ist. Friedman warb darin für einen "freien Markt" und "Harmonie und Frieden zwischen den Völkern der Welt". Am Wochenende hatte Musk für eine Freihandelszone zwischen der EU und Nordamerika plädiert.
US-Präsident Donald Trump scheint aber andere Pläne zu verfolgen. Er kündigte heute zusätzliche Zölle für China in Höhe von 50 Prozent ab dem 9. April an, sollte die Volksrepublik ihre Gegenzölle nicht bis zum 8. April zurückziehen. "Darüber hinaus werden alle Gespräche mit China bezüglich der von ihnen gewünschten Treffen mit uns abgebrochen!", schreibt Trump auf der Plattform Truth Social.
Peking habe seine Warnung vor Vergeltungsmaßnahmen missachtet, schrieb er weiter und bezeichnete China als "größten Missbrauchstäter von allen" in der Handelspolitik. Treffen mit anderen Ländern, die ebenfalls um Gespräche gebeten hätten, würden hingegen sofort beginnen.
Dies setzte die in den USA gehandelten Anteilscheine großer chinesischer Unternehmen besonders unter Verkaufsdruck. So sackten die Papiere von Alibaba um 9,0 Prozent und jene von JD.com um 5,1 Prozent ab.
Der nach den Zollankündigungen von US-Präsident Trump in der Vorwoche begonnene Ausverkauf an der Börse hat heute seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Nach einem wilden Ritt mit teils panikartigen Verkäufen schloss der DAX am Ende bei 19.789 Punkten um 4,13 Prozent tiefer. Es war allerdings ein wilder Ritt, der den Index heute durchschüttelte.
Nachdem der DAX beim Tagestief bei 18.489 Zählern schon über zehn Prozent verloren hatte, setzten am Nachmittag Gegenkäufe ein, die bis zum Tageshoch bei 20.799 Punkten führten und den Leitindex zwischenzeitlich sogar wieder ins Plus hievten - eine Gegenbewegung von über 2.000 Punkten, die aber keinen Bestand hatte.
Auch der MDAX der mittelgroßen Werte tendierte zwischen 23.135 und 25.768 Zählern extrem volatil. Der Schlussstand lag bei 24.640 Punkten, letztlich ein Verlust von 3,02 Prozent.
Es war damit heute der dritte tiefrote Handelstag in Folge - die Kursgewinne von bis zu knapp 18 Prozent seit Jahresbeginn sind Geschichte. Zudem rutschte der DAX im Verlauf erstmals seit August unter die für den langfristigen Trend wichtige einfache 200-Tage-Durchschnittslinie.
Die anfängliche Verunsicherung der Anleger nach der Erklärung von US-Präsident Trump zur Zollpolitik am 2. April war spätestens am Morgen endgültig in Panik umgeschlagen. Verständlich, denn es steht derzeit so viel auf dem Spiel wie lange nicht - die Zukunft des freien Welthandels ist vor dem Hintergrund der US-Zölle ungewisser denn je.
Am Morgen hatten auch die asiatischen Märkte deutlich tiefer geschlossen, in Tokio gab der Nikkei-Leitindex fast sieben Prozent auf 31.475 Punkte nach, ähnlich hoch waren die Verluste in China.
Die US-Regierung hat deutlich gemacht, dass sie an ihrer drastischen Wirtschaftspolitik mit hohen Extrazöllen auf Importe aus der ganzen Welt festhalten will. Daran ändert auch die vom US-Präsidenten signalisierte Gesprächsbereitschaft mit den betroffenen Ländern nichts.
Bleibt das so und reagieren die wichtigsten Handelspartner EU und China mit Gegenzöllen, wird das nach Ansicht der meisten Experten die Weltkonjunktur abwürgen. Deshalb haben offenkundig auch die Optimisten unter den Anlegern die Hoffnung auf Besserung verloren und wollen ihre Aktien loswerden. "Der Verkaufsdruck hat zum Wochenstart noch einmal massiv zugenommen", sagt der Finanzmarktexperte Andreas Lipkow. "Die Nerven liegen aktuell blank."
Laut Analyst Christian Henke vom Broker IG ist spätestens mit der schnellen Reaktion Chinas auf die neuen US-Zölle "der Startschuss für den nächsten Handelskrieg gefallen". Die chinesischen Zölle für US-Importe sollen am 10. April in Kraft treten. Zur Monatsmitte könnten zudem EU-Zölle für amerikanische Produkte wirksam werden.
In Luxemburg berieten derweil die Handelsminister der EU-Staaten über die Frage, mit welcher Strategie Trump zum Einlenken bewegt werden könnte. Die EU hat Trump dabei nach Angaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Abschaffung aller Zölle auf Industriegüter auf beiden Seiten vorgeschlagen.
"Wir haben Null-für-Null-Zölle für Industriegüter angeboten", sagte von der Leyen heute in Brüssel. Die Regierung in Washington sei auf dieses Angebot bislang aber nicht eingegangen. Die EU habe die Abschaffung gegenseitiger Zölle "wiederholt" angeboten, etwa im Automobilsektor, sagte von der Leyen. "Aber es gab keine angemessene Reaktion auf dieses Angebot". Sie betonte, die EU sei "immer zu einem guten Geschäft bereit".
Die EU hofft im Handelsstreit mit US-Präsident Donald Trump damit weiter auf eine Verhandlungslösung. EU-Handelskommissar Maros Sefcovic rechnet "früher oder später" mit einer solchen im Zollstreit mit den USA. Es werde dann einen für beide Seiten akzeptablen Kompromiss geben, sagte er zu Journalisten. Wegen des US-Angriffs auf das Handelsystem sei es Zeit, sich mit China wieder stärker zu befassen.
Die EU-Kommission und die Mitgliedsländer bereiten aber auch eine Reihe von Gegenmaßnahmen vor, um auf die US-Zölle zu reagieren. Ab Mitte April sollen nach und nach Gegenzölle in Kraft treten.
Für etwas Erleichterung an den Börsen sorgt aktuell die Aussicht, dass die Märkte derzeit mit Lockerungen des US-Leitzinses bis zum Jahresende in Höhe von insgesamt etwas mehr als einem Prozentpunkt rechnen, um die Konjunktur zu stützen.
Allerdings hatte Notenbankchef Jerome Powell erst am Freitag gesagt, dass die Fed wegen eines durch die Zölle verursachten Inflationsanstiegs in höchster Alarmbereitschaft sei. Dies spricht eher gegen sinkende Zinsen, zumindest in der nahen Zukunft.
Der von Präsident Trump angezettelte Handelskrieg lässt nicht nur die Börsen beben, sondern bringt auch die Notenbank kräftig in die Bredouille. Anders als in den Jahren der Corona-Pandemie, als sie Krisenfeuerwehr spielte, rührt sich die Fed aber diesmal nicht.
Trump hat mit der Politikwende so viel Staub aufgewirbelt, dass ihr die Sicht verdeckt scheint: Stürzt die Wirtschaft ab oder wird die Inflation angeheizt, oder gar beides? Nicht nur die als erratisch empfundene Zollpolitik erschwert eine Antwort. Auch die Folgen der geplanten Steuersenkungen und die Wende in der Migrationspolitik sind unklar.
Der Präsident drängt Powell dabei, die Zinsen schneller zu senken. Dem Chef der unabhängigen Notenbank droht, so in eine Buhmann-Rolle gedrängt zu werden. Diese Rolle komme eher Trump zu, so die Einschätzung von Chefvolkswirt Alexander Krüger von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank: "Die Verunsicherung ist bereits groß, das Wachstum stockt, die Inflation steht im Startblock, die Zinsen sind hoch und das Haushaltsdefizit explodiert." Trump könne dafür nicht auch noch Applaus erwarten, so der Standpunkt des Ökonomen.
Auch am Devisenmarkt ging es zuletzt sehr volatil zu. Zuletzt handelte der Euro im US-Geschäft bei 1,0929 Dollar etwas schwächer als am Wochenende. In der vergangenen Woche hatte die Gemeinschaftswährung von einer Schwäche des Dollar profitiert, der als Folge der aggressiven Zollpolitik der US-Regierung deutlich unter Druck geraten war. Zeitweise war der Eurokurs bis auf knapp 1,1146 Dollar gestiegen und damit auf den höchsten Stand seit einem halben Jahr.
Vor dem Hintergrund der Zoll-Turbulenzen mit starken Kurseinbrüchen an den internationalen Aktienbörsen rückten Konjunkturdaten am Devisenmarkt in den Hintergrund. Ein unerwartet starker Rückgang der deutschen Industrieproduktion im Februar konnte den Euro nicht belasten. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0967 (Freitag: 1,1057) Dollar fest.
Die Ölpreise haben heute ihre Talfahrt wegen der Angst vor den Folgen der aggressiven US-Zollpolitik fortgesetzt und sind auf den tiefsten Stand seit vier Jahren gefallen. Zuletzt wurden 64,66 Dollar für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent bezahlt, 2,0 Prozent weniger als gestern. Der Preis für ein Barrel der US-Sorte WTI zur Lieferung im Mai fiel um 1,9 Prozent auf 61,13 Dollar.
Zeitweise rutschte der Preis für Brent-Öl bis auf 62,51 Dollar und der für WTI-Öl bis auf 58,95 Dollar, wobei beide Notierungen jeweils den tiefsten Stand seit April 2021 erreichten. Seit der Ankündigung eines umfangreichen Zollpakets der US-Regierung, das Zölle auf Importe aus nahezu allen Ländern der Welt beinhaltet, befinden sich die Ölpreise im freien Fall. In nur wenigen Handelstagen ist die Notierung für Brent-Öl um etwa 11 Dollar oder rund 15 Prozent eingebrochen.
Volkswagen hat den deutschen Elektroautomarkt fest im Griff. Nach dem Absturz des Rivalen Tesla dominieren in den Neuzulassungszahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) für das erste Quartal die Marke und der Konzern aus Wolfsburg. Nur BMW kann aktuell mithalten, während die einstige Nummer eins Tesla inzwischen auf Rang acht durchgereicht worden ist.
Insgesamt zählt das KBA von Januar bis März 112.968 Neuzulassungen reiner Elektroautos. Klare Nummer eins ist dabei die Marke VW mit 25.393 vor BMW mit 10.315 Anmeldungen. Dahinter folgen mit Skoda, Audi und Seat drei VW-Töchter, die 9.258, 8.634 und 8.063 Neuzulassungen erreichten. Platz sechs geht an Mercedes mit 7.090 vor Hyundai mit 5.316. Tesla folgt erst auf Rang acht mit 4.935 Autos. Im Vorjahreszeitraum, der allerdings auch vom Wegfall der Umweltprämie durcheinandergewirbelt worden war, hatte Tesla noch auf dem ersten Platz gelegen, im Gesamtjahr auf Rang drei.
Die VW-Premium-Tochter Audi hat den Import von Autos in die USA als Reaktion auf die von Präsident Donald Trump verhängten Zölle vorläufig angehalten. Dies gilt einem Bericht der "Automobilwoche" zufolge für alle Autos, die nach dem 2. April an Häfen in den USA geliefert wurden. Fahrzeuge, die früher eingetroffen sind, würden dagegen wie geplant ausgeliefert. Das Branchenblatt beruft sich dabei auf ein internes Memo an Händler. Von Audi war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.
Der Autobauer Mercedes-Benz hat zu Jahresbeginn erneut weniger Fahrzeuge verkauft. Von Januar bis März wurden 529.200 Pkws und Vans abgesetzt. Das seien etwa sieben Prozent weniger als im ersten Quartal 2024, teilte das Unternehmen in Stuttgart mit. Bereits vergangenes Jahr war der Absatz der Schwaben um vier Prozent auf knapp 2,4 Millionen gesunken.
ProSiebenSat.1 hat eine Kandidatin für die Aufsichtsratsspitze gefunden. Maria Kyriacou soll der Hauptversammlung Ende Mai als Mitglied für die Wahl in den Aufsichtsrat des Unternehmens vorgeschlagen werden, teilte der Medienkonzern heute in Unterföhring mit. Die 54-Jährige bringt laut Mitteilung über 30 Jahre Führungserfahrung unter anderem bei Paramount Global und Walt Disney mit.
Ende Januar hatte ProSiebenSat.1 bekannt gegeben, dass der aktuelle Chefaufseher Andreas Wiele nach dem regulären Ablauf seiner Wahlperiode keine weitere Amtszeit als Mitglied und Vorsitzender des Gremiums anstrebe. Zusätzlich zu seiner Nachfolge sollen die Aktionäre Ende Mai außerdem über die Wiederwahl zweier weiterer Aufsichtsratsmitglieder abstimmen.