André Kostolany Lernen vom Börsen-Altmeister
Er hat keine einzige Aktie empfohlen - und wurde doch schon zu Lebzeiten zur Legende. Kostolany schaffte es, die Börse mit Schlagfertigkeit und Witz zu erklären. Vor 25 Jahren starb er.
Er nannte sich selbst einen Spekulanten. Und diesen Beruf den schönsten der Welt. Über 70 Jahre lang hat André Kostolany sein Geld an der Börse investiert, hat spekuliert. Sich auch verspekuliert. Sein Credo war: "Die Börse kann zurückgehen, aber wer die Papiere nicht hat, wenn sie zurückgehen, hat sie auch nicht, wenn sie steigen." Was bringt dieses Credo heute noch für den Börsenalltag?
Erkenntnisse wie diese kann man nicht hoch genug schätzen. Kostolany hat die Psychologie der Märkte, die Bedeutung der Emotionen für Börsengeschäfte, sehr früh, sehr klar erkannt. "Da sind wir bei einem weiteren Bonmot: Das Schwierigste für einen Börsianer ist, wenn die Börse steigt und man ist selbst nicht dabei", sagt der Börsenexperte Stefan Risse. "Das ist schlimmer als wenn man Aktien hat und die Börse fällt. Dann verliert man zwar Geld, aber man hat das Gefühl, alle anderen verlieren auch."
"Schlafen Sie ein paar Jahre"
Stefan Risse hat André Kostolany in den 1980er-Jahren kennengelernt. Damals war Risse noch Schüler. Später hat er zusammen mit Kostolany Bücher geschrieben und ihn bis zum Lebensende begleitet. Viel von diesem Wissen von damals sei heute noch aktuell, sagt Risse.
Ihn bewegt vor allem eine Erkenntnis von Kostolany: "Gehen Sie in die Apotheke, kaufen Sie Schlaftabletten, kaufen Sie Blue Chips und schlafen Sie ein paar Jahre. Und dann wachen Sie auf und werden schöne Überraschungen erleben, auch wenn es zwischendurch stürmisch war."
Seine Sprüche trafen den Nerv der Zeit
Mit Bonmots wie diesen ist André Kostolany seinerzeit berühmt geworden. Sein Geheimnis war die Einfachheit, verpackt in Metaphern - auf den Punkt. Das traf den Nerv der Zeit, hat viele Menschen fasziniert.
Auch Börsenexperten von heute wie Robert Halver von der Baader Bank gehören dazu. "Ich bin ihm jahrelang hinterhergereist. Er war für mich derjenige, der mich auf meinen Berufsweg gebracht hat. Er war ein feiner Charakter. Ich habe ihn mal erlebt auf einem Vortrag. Er hat alle meine Fragen beantwortet. Er ist eigentlich Schuld an meinem Werdegang."
Die Börsenweisheit verpackt in eine Alliteration
Für Halver sind Kostolanys berühmte "vier Gs" noch heute wertvoll: Geld, Gedanken, Geduld und Glück: "Mit Geduld meinte Kostolany, an Aktien festzuhalten, auch wenn kurzfristig die Kurse sinken. Man soll mit eigenem Geld spekulieren, keinesfalls auf Kredit. Dritter Punkt, Gedanken: Er war Verfechter, dass man weiß, was man im Depot hat und nicht kauft, weil die Allgemeinheit kauft. Und last but not least Glück: Auch das gehört zum Aktienhandel dazu."
"Unfehlbar bin ich nicht"
Kostolany hielt Vorträge, schrieb Kolumnen und Bücher - war gefragt und gefeiert als "Börsenguru", "Börsenpapst". Stefan Risse berichtet, dass sich Kostolany selbst so aber nicht sah. Er habe gesagt: "Ich bin bestimmt kein Börsenguru, kein Börsenpapst. Denn ein Guru oder ein Papst ist unfehlbar, und unfehlbar bin ich nicht. Ich weiß auch nicht, was morgen kommt, aber ich weiß, was heute ist und gestern war, und viele meiner Kollegen wissen nicht einmal das."
André Kostolany war der prominenteste Börsenexperte seiner Zeit - ganz ohne Soziale Medien und Internet. Er sei in der Börsenwelt präsent bis heute, sagt Stefan Risse: "So wie Kostolany hat es nie wieder einer geschafft, mit solchen Bildern die Börse zu erklären, damit ist er unsterblich geworden."
Vor 25 Jahren starb André Kostolany.