
Rheinland-Pfalz Radbus, Ruf-Taxi und die PfalzCard: Nachhaltiges Reisen in RLP
Ist Urlaub in Rheinland-Pfalz nur mit dem Auto möglich? Nein, sagt die Tourismusbranche. Sie will Urlaub im Land umweltverträglicher machen – mit neuen Ideen.
Der sonnige Frühling treibt viele Rheinland-Pfälzer raus in die Biergärten, auf's Fahrrad oder zu den großen Auflugszielen. Die Tourismussaison läuft gut an, doch was tut die Branche in Sachen Nachhaltigkeit?
- Radbusse erleichtern Touren an Rhein, Mosel und Ahr
- Wintrich – der "nachhaltigste Ort an der Mosel"
- Winzer im Zellertal locken Gäste mit Bio-Wein und nachhaltigem Bauen
- Neustädter Firma bringt Gäste mit Ruf-Taxi von Weinfest zu Weinfest
- Weinstraße versucht, den ÖPNV attraktiver zu machen
- Hotel im Kreis Kusel setzt auf "Slow Food"
Radbusse erleichtern Touren an Rhein, Mosel und Ahr
Manche Ecken von Rheinland-Pfalz lassen sich am besten auf zwei Rädern erkunden. Aber schöne Radtouren beginnen nicht immer vor der Haustür. Damit Radfahrerinnen und Radfahrer zu den besten Einstiegspunkten kommen, fahren seit kurzem wieder Radbusse durch den Norden des Landes. Nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft Radbusse werden insgesamt 22 Radbuslinien in der Eifel, dem Hunsrück, an der Mosel sowie an Rhein und Ahr angeboten.
In vielen Bussen können auch E-Bikes mitgenommen werden, immer dann, wenn die Räder mit einem Anhänger transportiert werden. Wenn ein Heckträger am Bus zum Einsatz komme, seien die E-Bikes für den Transport zu schwer. Wo die Strecken entlang führen, können Fahrrad-Begeisterte in der Raderlebniskarte nachschauen.
Wintrich – der "nachhaltigste Ort an der Mosel"
Die Gemeinde Wintrich im Kreis Bernkastel-Wittlich wirbt mit dem Slogan, der "nachhaltigste Ort an der Mosel" zu sein. Warum? Der Strom für die 1.000 Einwohner kommt zu 100 Prozent aus Windkraft, und zwar vom eigenen Windpark im Waldgebiet der Gemeinde.

Der Strom in Wintrich kommt aus erneuerbaren Energien. Neben Windkraft gibt es viele Photovoltaikanlagen auf den Dächern, wie hier auf dem Bauhof und der Festhalle der Gemeinde.
Bürgermeister Dennis Binz (parteilos) hat sich zum Nachhaltigkeitsbotschafter ausbilden lassen. Erste Ansätze für nachhaltigen Tourismus seien bereits da. Gäste auf dem Wohnmobilstellplatz der Gemeinde bekommen ein kostenloses Ticket für den Nahverkehr nach Trier oder Traben-Trarbach. Doch die meisten Urlauber sind sowieso mit dem Fahrrad unterwegs oder wandern.
Beim nachhaltigen Tourismus gebe es aber noch Luft nach oben, meint Bürgermeister Binz: Auf dem Wohnmobilstellplatz der Gemeinde werden die Stromkosten pauschal abgerechnet. Das verleite viele Touristen dazu, nicht so sehr auf ihren Stromverbrauch zu achten. Der Bürgermeister will daher einführen, dass jeder den Strom bezahlt, den er verbraucht. Aber so weit sei man noch nicht.
Winzer im Zellertal locken mit Bio-Wein und nachhaltigem Bauen
An den Weinhängen im Zellertal im Donnersbergkreis wachsen viele Trauben in ökologischem Anbau. Darauf setzen auch Helmut und Joshua Krauß in ihrer Weinkellerei.

Joshua Krauß setzt in seiner Weinkellerei im Zellertal auf Bioland-Qualität.
Der Bioland-Betrieb lädt die Gäste der eigenen Ferienwohnungen auch zu Weinproben und -Festen ein. Familie Krauß will so den Besuchern vermitteln, wie sich die Kellerei energieeffizient betreiben lässt und warum der ökologische Weinanbau die Biodiversität im Weinberg verbessert.
Dann schneiden wir für zwei Stunden, dann sind die Gäste meistens platt. Alois Bernhard, Jung-Winzer aus dem Zellertal
Auch das Weingut Janson Bernhard im Zellertal wird ökologisch betrieben. Auf dem Demeter-Betrieb mit großem Park-Grundstück finden über's Jahr zahlreiche Veranstaltungen statt, erklärt Winzer Alois Bernhard. "Während der Weinlese laden wir auch unsere Kunden ein, beim Lesen mitzuhelfen." Die Teilnehmer würden bei einem Sektempfang etwas über die nachhaltige Arbeitsweise erfahren. "Dann schneiden wir für zwei Stunden, dann sind die Gäste meistens platt", so der Winzer lachend. Im Anschluss gebe es dann ein Buffet mitten im Weinberg und später eine Weinprobe.
Der Betrieb kooperiert auch mit der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau. Studierende hätten bei einem Bau-Projekt im vergangenen Jahr Kalksteine im Weinberg gesammelt, diese gebrannt und dann eine Fachwerkfassade und eine Bruchsteinwand vor Ort instandgesetzt. In diesem Juni soll ein Vortrag darüber aufklären, warum es sinnvoll ist, ältere Gebäude zu erhalten. Künftig will das Weingut außerdem mit der Uni Heidelberg ein Projekt mit klimaresistenten Bäumen in dem Park umsetzen.
Neustädter Firma bringt Gäste mit Ruf-Taxi von Weinfest zu Weinfest
Was, wenn mein Auflugsziel nicht mit den Öffis zu erreichen ist? Darauf hat das Unternehmen "Mobility on Demand" aus Neustadt an der Weinstraße eine Antwort gefunden. Es bietet einen Autoservice auf Abruf an. Mit einer App können Fahrgäste ein Elektrofahrzeug mit Fahrer anfordern, das sie von einem bestimmten Haltepunkt abholt und an das gewünschte Ziel bringt – so wie Uber, nur mit Haltestellen. Die Fahrzeuge fahren in Neustadt, Bad Dürkheim, Haßloch und kleineren Gemeinden in der Umgebung Haltestellen an.

Was, wenn mein Auflugsziel nicht mit den Öffis zu erreichen ist? Darauf hat das Unternehmen "Mobility on Demand" aus Neustadt an der Weinstraße eine Antwort gefunden. Es bietet einen Autoservice auf Abruf an.
Das Angebot werde gut angenommen, erklärt Kerstin Ullrich von "Mobility on Demand". Aktuell zählt das Unternehmen rund 18.000 monatliche Nutzer. Meistens müssten die Kunden auf ihr Ruftaxi etwa 15 Minuten warten. "Ab jetzt ist jedes Wochenende Großkampftag, es reiht sich ein Weinfest an's nächste. Eine Stunde Wartezeit kann da auch schon mal passieren", sagt Ullrich.
Weinstraße versucht, den ÖPNV attraktiver zu machen
Dass viele Touristen an die Weinstraße mit dem Auto anreisen, wird für die Region zum Problem: So sind in Deidesheim etwa die Wanderparkplätze Sensental und Mühltal regelmäßig überlastet. Deswegen will die Pfalz-Touristik den ÖPNV hier attraktiver machen. So würden in rund 130 Hotels oder Ferienwohnungen Urlauber die Pfalzcard bei ihrer Buchung erhalten. Mit dieser können sie den öffentlichen Nahverkehr kostenlos nutzen.
Die Deutsche Weinstraße ist seit 2020 das erste nachhaltige Reiseziel im Bundesland, zertifiziert durch die Organisation TourCert. Mehr als 60 Unternehmen wie Hotels, Restaurants und Weingüter bilden hier ein Nachhaltigkeitsnetzwerk. Denn laut Nadine Schubert, Nachhaltigkeitsexpertin der Pfalz Touristik, funktioniert nachhaltiger Tourismus "nur gemeinsam".
Der Verband ruft zum Beispiel mit der Kampagne "Uffbasse" (Hochdeutsch: Aufpassen) Besucher zu einem achtsamen Umgang mit Natur, Mensch und Tier auf. Dazu kommen Aktionswochen von Mitte Juni bis Anfang Juli: mit Kräuterwanderungen, Radtouren zu nachhaltigem Weinbau oder auch Lavendelführungen.

Die "UFFBASSE""-Infotafel auf dem Wanderparkplatz Drei Eichen in Bad Dürkheim
Teil des Nachhaltigkeitsnetzwerks ist auch das Hotel Heusser aus Bad Dürkheim, das zwei Photovoltaikanlagen und eine Solaranlage nutzt, und fast ausschließlich regionale Lebensmittel in der Küche verwendet. Nachhaltigkeit sei ein zentraler Bestandteil der eigenen Unternehmensphilosophie, sagt Hotelchefin Martina Berwing.
Hotel im Kreis Kusel setzt auf "Slow Food"
Im Waldhotel Felschbachhof in Ulmet im Kreis Kusel ist "der Bio-Gedanke unser roter Faden", so Geschäftsführerin Marie-Thérèse Marx. Mit zwei Blockheizkraftwerken produziere das Hotel eigenen Strom, setze auf eine energiesparende Beleuchtung und biete für den Hotel-Transfer Elektroautos und Ladestationen an. Das Waldhotel habe bereits mehrere Siegel wegen der nachhaltigen Ausrichtung erhalten, auch von Viabono – das ist eine Auszeichnung für umwelt- und klimafreundliches Reisen.
Seit Jahrzehnten sei das Hotel-Restaurant ein "Slow Food"-Betrieb, berichtet Marx. Hinter dem Begriff steckt eine Gegenbewegung zum Fast Food. Im Fokus stehe bewusstes, regionales und ökologisches Essen. "Wir verwenden nur frische Zutaten und keine 'Convenience'-Produkte", so die Geschäftsführerin. Die Gastronomie sei auch bio-zertifiziert.
Der Felschbachhof ist auch Modellbetrieb für das Projekt "Nachhaltige Lernorte im Gastgewerbe". Im Rahmen des Projekts hätten sie im hauseigenen Garten "vergessene" und regionalspezifische Gemüse- und Obstsorten neu angepflanzt, um die Artenvielfalt in der Umgebung zu erhalten.
Sendung am Mo., 14.4.2025 6:00 Uhr, SWR4 RP am Morgen, SWR4 Rheinland-Pfalz