Eine Kurzfassung des Koalitionsvertrags liegt auf einem Tisch.

Mecklenburg-Vorpommern Koalitionsvertrag: Das ändert sich für Mecklenburg-Vorpommern

Stand: 10.04.2025 16:19 Uhr

144 Seiten umfasst der Koalitionsvertrag von Union und SPD. Die Vorhaben sollen auch in Mecklenburg-Vorpommern direkt spürbar werden. Der Vertrag verspricht eine Entlastung bei den Energiepreisen, sichere Renten, Bürokratieabbau und Chancen für die maritime Wirtschaft und die Forschung. Auf eine harte Gangart müssen sich Menschen einstellen, die bisher Bürgergeld beziehen. An der Grenze zu Polen sind mehr Zurückweisungen nicht zu erwarten. 

500 Milliarden Euro Schulden nimmt die Bundesregierung in den nächsten zwölf Jahren auf. Davon werden 100 Milliarden direkt für Investitionen in den Ländern bereitgestellt. Wie viel Geld nach Mecklenburg-Vorpommern fließen wird, steht noch nicht fest, es wird aber von gut einer Milliarde Euro ausgegangen. Das Geld soll in die Sanierung von Straßen, Brücken, Schulen und Krankenhäuser fließen. Zudem wird der Bund in Mecklenburg-Vorpommern Geld aus dem sogenannten Sondervermögen investieren, zum Beispiel in Bundesstraßen, Wasserwege und in die Schieneninfrastruktur. Geld aus dem Sondervermögen könnte auch für den Ausbau der Hafeninfrastruktur verwendet werden. 

Schwarz-Rot will die Stromsteuer senken und die Netzentgelte deckeln. Das soll dazu führen, dass die Energiepreise, also auch für Strom, um mindestens fünf Cent pro kWh sinken. Insgesamt 150 Euro könnte deshalb eine Familie pro Jahr an Stromkosten einsparen. Davon geht die Verbraucherzentrale Mecklenburg-Vorpommern aus. Auch der Preis für Gas soll sinken, unter anderem durch die Abschaffung der Gasspeicherumlage.

Der Ausbau der Windenergie soll fortgesetzt, das Tempo aber dem Netzausbau angeglichen werden. Das heißt: Nicht mehr der Ausbau der Produktion allein ist entscheidend. Wichtig wird auch, ob der erzeugte Strom auch abgenommen werden kann. Zudem sollen Unternehmen direkt von dem in Mecklenburg-Vorpommern erzeugten, grünen Strom profitieren und ihn abnehmen können. Das könnte Mecklenburg-Vorpommern einen Standortvorteil verschaffen. Zudem soll sogenannter Bürgerstrom rechtlich erleichtert werden. Bürgerstrom meint, dass Bürger in lokalen Gemeinschaften oder Genossenschaften am Profit der Windkraftanlagen beteiligt werden. 

Die künftige Bundesregierung geht davon aus, dass im Jahr 2026 ein Mindestlohn von 15 Euro zu erreichen ist. Laut Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) würde damit jeder dritte Beschäftigte in Mecklenburg-Vorpommern mehr verdienen als bisher. Der gesetzliche Mindestlohn soll laut Koalitionsvertrag eine Untergrenze darstellen. Die Koalitionäre verweisen zudem auf Mindestlohnkommission, die für die Festsetzung verantwortlich sei.

In Mecklenburg-Vorpommern beziehen rund 106.000 Menschen Bürgergeld, von ihnen gelten 82.000 als erwerbsfähig. Ihnen droht eine härtere Gangart durch die Behörden. Das Bürgergeld wird abgeschafft und durch eine Grundsicherung ersetzt. Im Koalitionsvertragt steht: "Jede arbeitslose Person hat sich aktiv um Beschäftigung zu bemühen." Sanktionen sollen schneller verhängt werden, bei wiederholter Ablehnung zumutbarer Arbeit sollen die Leistungen vollständig gestrichen werden. 

Da an der Grenze Mecklenburg-Vorpommerns zu Polen schon seit 2023 Kontrollen stattfinden, wird sich spürbar wahrscheinlich nicht viel ändern. Die verstärkten Kontrollen haben schon zu einer vermehrten Zurückweisung von Menschen ohne Asylbegehren geführt. Nach wie vor dürfen Menschen, die Asyl fordern, nach Deutschland einreisen. Zurückweisungen von Menschen mit Asylbegehren sind nur in Abstimmung mit Polen möglich. So steht es auch im Koalitionsvertrag: "Wir werden in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn Zurückweisungen an den gemeinsamen Grenzen bei Asylgesuchen vornehmen." 

Im Koalitionsvertrag steht, dass das Rentenniveau bis 2031 auf 48 Prozent festgeschrieben wird. Das bedeutet, die Renten werden nicht sinken. Ministerpräsidentin Schwesig betonte bei NDR Info die Bedeutung dieser Festschreibung für Mecklenburg-Vorpommern: "97 Prozent der Rentnerinnen und Rentner haben nur eine gesetzliche Rente (...) und deswegen ist es so wichtig, dass dieses einzige Einkommen auch stabil bleibt und weiter mit den Löhnen wächst." 

Die Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie wird zum 1. Januar 2026 gesenkt und soll sieben Prozent betragen. Das bedeutet nicht, dass die Speisen in den Gaststätten automatisch sieben Prozent günstiger werden. Die Gastronomen bestimmen ihre Preise selbst. Die Mehrwertsteuer, die der Kunde zahlt, wird aber nur noch sieben Prozent betragen. 

Im Koalitionsvertrag wird auf eine europäische maritime Strategie verwiesen, die die Wettbewerbsfähigkeit des Schiffbaus, der Schiffbauzulieferer und der maritimen Technologien stärkt. Dafür sollen die Häfen ausgebaut werden. Das Geld dafür könnte aus dem Sondervermögen für die Infrastruktur kommen. Konkret ist für Mecklenburg-Vorpommern eine Unterstützung für den Bau von Offshore-Konverter-Plattformen in Rostock möglich. Dort will das Unternehmen Neptun-Smulders entsprechende Anlagen für Offshore-Windparks bauen. Der Koalitionsvertrag beinhaltet die Möglichkeit, solche Milliardengeschäfte durch Bundesbürgerschaften abzusichern. 

Die offensichtlichste Entlastung der Landwirte ist die von Schwarz-Rot versprochene Rückvergütung des Agrardiesels. Im Koalitionsvertrag ist jedoch kein Zeitpunkt dafür erwähnt, zu dem die Vergütung wieder greifen soll. Landwirte sollen zudem von Bürokratieabbau profitieren. Künftig soll nur noch ein "Agrarantrag" für Fördermittel notwendig sein, bislang sind es viele verschiedene. Zudem sollen Dokumentationspflichten wegfallen oder vereinfacht werden. 

Im Koalitionsvertrag ist die Etablierung eines Bundeskompetenzzentrums für die Beseitigung von Munitionsaltlasten und für den Meeresschutz vorgesehen. Dieses Kompetenzzentrum soll in einem östlichen Bundesland etabliert werden. Da nur Mecklenburg-Vorpommern als Ostbundesland an der Küste liegt und hier schon zahlreiche wissenschaftliche Institute, Behörden und private Dienstleister ihren Sitz haben, gilt die Ansiedlung des Kompetenzzentrums in Mecklenburg-Vorpommern als wahrscheinlich. 

Schon bis Ende des Jahres sollen erste bürokratische Hürden abgebaut werden, um insbesondere kleine und mittlere Unternehmen zu entlasten. Vor allem der Dokumentationsaufwand soll laut Koalitionsvertrag reduziert werden. Das nationale Lieferkettengesetz wird abgeschafft. Das heißt: Unternehmen müssen nicht mehr nachweisen, dass Menschrechte und Umweltstandards bei ihren Lieferanten eingehalten werden. Außerdem wird die Bonpflicht abgeschafft. Sie führt bislang dazu, dass zum Beispiel auch ein Bäcker für ein gekauftes Brötchen einen Bon ausstellen muss. Stattdessen sollen Geschäfte mit einem Jahresumsatz von mehr als 100.000 Euro von 2027 an verpflichtet werden, eine Registrierkasse zu führen.

Das geht aus dem Koalitionsvertrag nicht hervor. Die Mietpreisbremse, die in Mecklenburg-Vorpommern in Greifswald und Rostock gilt, soll fortgeführt werden. Zudem verspricht der Koalitionsvertrag Investitionen in den sozialen Wohnungsbau und eine vereinfachte Städtebauförderung. Modellvorhaben, wie das Warnowquartier in Rostock, sollen finanziell stärker gefördert werden. 

Davon ist auszugehen. Die Koalition hat sich für die Fortführung des Deutschlandtickets (58 Euro pro Monat) über 2025 hinaus ausgesprochen. Ab 2029 soll es jedoch für Besserverdienende teurer werden. Da das Seniorenticket (38 Euro pro Monat) und das Azubiticket (38 Euro pro Monat) Formen des Deutschlandtickets sind, sollen diese ebenfalls erhalten bleiben.

Aus dem Klima- und Transformationsfonds soll Geld für den Naturschutz und Klimaanpassungen bereitgestellt werden. In den Hochwasser- und Küstenschutz soll mehr Geld investiert werden. Blühflächen, Hecken, Feldgehölze und Grünstreifen sollen gefördert werden. Das Ziel der Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 wird laut Koalitionsvertrag "verfolgt". Die Moorschutzstrategie soll "verstetigt" werden. Sie sieht die Wiedervernässung der Moore zur Reduktion der Kohlendioxid-Emissionen vor. 

Die Pendlerpauschale wird zum 1. Januar 2026 auf 38 Cent ab dem ersten Kilometer erhöht. Derzeit sind es bis Kilometer 20 jeweils 30 Cent, ab dem 21. Kilometer 38 Cent. Ein Tempolimit auf Autobahnen ist nicht geplant. Der Führerschein soll günstiger werden. Dafür soll die "Fahrausbildung reformiert werden", heißt es im Koalitionsvertrag. Wie das konkret umgesetzt werden soll, ist noch offen.

Deutschlandweit soll der Tourismus gestärkt werden. Dafür soll eine neue nationale Tourismusstrategie erarbeitet werden, "um die Tourismusakzeptanz, Lebensraumgestaltung und Digitalisierung in den Fokus zu rücken". Um Urlaubsziele besser erreichen zu können, sieht der Koalitionsvertrag einen Ausbau des Schienen- und Flugverkehrs vor. 

Ja, vor allem die Leistung der Ostdeutschen wird gelobt: "Sie haben nicht nur Krisen überwundern, sondern weitreichende Veränderungen selbstbewusst gestaltet. Mit Mut, Durchhaltevermögen und Innovationskraft.“ Den Menschen in Ostdeutschland wird im Koalitionsvertrag zugetraut, Transformation erneut zu meistern und Zukunft zu gestalten. Desweiteren wird Ostdeutschland als Standort für ein Rechenzentrum, für ein Kompetenzzentrum zur Beseitigung der Weltkriegsmunition in den Meeren und im Zusammenhang mit dem Staatsminister für Ostdeutschland erwähnt.

Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 10.04.2025 | 17:00 Uhr