Angesichts erwarteten Rekordgewinns Wissler für Verstaatlichung der Post
Die Post erwartet ein Rekordergebnis. Gleichzeitig klagen viele, dass sie immer unpünktlicher werde. Für die Linken-Chefin Wissler gibt es eine Lösung, die Qualität und Arbeitsbedingungen verbessern würde: die Verstaatlichung der Post.
Schon seit Längerem bemängeln Kritiker die Arbeitsbedingungen bei der Post: immer größere Zustellbereiche und eine immer höhere Arbeitsbelastung. Hinzu kommt der Personalabbau, der auch mit der Privatisierung der Post in den 1990er-Jahren einherging.
Die Parteivorsitzende der Linken, Janine Wissler, sieht ein Problem, wenn "im gleichen Jahr, in dem die Deutsche Post ein Rekordergebnis von 8,4 Milliarden Euro Gewinn macht, es auch besonders viele Beschwerden gibt über unpünktliche Zustellung".
Die Post solle deshalb wieder verstaatlicht werden, fordert Wissler. "Eine Post in öffentlicher Hand wäre gut für die Beschäftigten. Es wäre auch gut für uns alle, damit es nicht immer weiter Portoerhöhungen gibt und wir dafür bezahlen, dass andere gut verdienen, nämlich die Aktionäre."
Rund 8,4 Milliarden Euro ist die Gewinnerwartung, die die Deutsche Post DHL Group für das Jahr 2022 ausgibt. Die Jahreszahlen sollen am Donnerstag vorgestellt werden.
Abstimmung über Streik endet
Für die etwa 160.000 Tarifbeschäftigten bei der Post fordert die Gewerkschaft ver.di 15 Prozent mehr Gehalt. Auszubildende sollen 200 Euro pro Monat mehr bekommen. Die Urabstimmung über einen unbefristeten Streik endet nun. Schon am Donnerstag will ver.di bekanntgeben, ob gestreikt wird. Die Wahrscheinlichkeit dafür wird als hoch angesehen.
Dass die Arbeitsbelastung vieler Post-Mitarbeiter in den letzten zehn Jahren massiv gestiegen ist, betont auch Thorsten Kühn, Leiter für den Bereich Postdienste bei ver.di. Er erzählt aus dem Arbeitsalltag der Paketzusteller: "Wir alle kennen diesen kleinen Handscanner, den die Kollegen bei der Paketzustellung benutzen. Als es den noch nicht gab, hate ein Paketzusteller 70 bis 80 Pakete zugestellt. Heute, mit dem Handscanner, stellt er 170 bis 200 Pakete zu."
Wissler: Zentraler Paketdienst wäre klimafreundlicher
Für die Linke war die Privatisierung der Post in den 1990er-Jahren ein schwerer Fehler. Aus ihrer Sicht würde eine Rückführung in die öffentliche Hand bessere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten bedeuten - und auch klimapolitisch Sinn ergeben.
Durch die Liberalisierung des Paketmarktes gäbe es, so Wissler, jetzt die Situation, dass "fünf verschiedene Paketwagen in ein und dieselbe Straße fahren, dort auf den Gehwegen und auf den Radwegen parken und natürlich auch viel CO2 ausstoßen". Es wäre aus ihrer Sicht sinnvoller, wenn man eine zentrale Paketzustellung hätte.
Verband fordert neues Postgesetz
Dass die Post ein Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge ist, wurde zu Corona-Zeiten besonders deutlich. Doch die Post wieder in die öffentliche Hand zu geben, ist für Klaus Gettwart, Vorstand des Verbands für Post, Informationstechnologie und Telekommunikation, keine Lösung. Er glaubt, dass eine Verstaatlichung nur ein riesiger Organisationsaufwand wäre und sogar Vorhaben verzögern würde, die die Post in Angriff nehmen müsste.
Vor allem die Personalprobleme nennt Gettwart und betont, dass die Löhne der Post-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter überarbeitet werden müssten. Er fordert ein neues Postgesetz mit neuen Regelungen, die auch von der Bundesnetzagentur überprüft werden können. Dann würde die Qualität der Post auch wieder besser.
Weniger Porto mit Staats-Post?
Für Parteichefin Wissler dagegen liegt das Urproblem der Post darin, dass sie als privates Unternehmen Gewinne erwirtschaften muss. Als staatliches Unternehmen müsste die Post "keine hohen Gewinne erzielen", sondern könnte sich darauf konzentrieren, gute Dienstleistungen anzubieten und "natürlich seine Beschäftigten gut zu bezahlen", sagt Wissler. Sie könne, wenn es Überschüsse gibt, sogar das Porto absenken.