
Spahn zum Umgang mit AfD Von "Normalisierung" soll nicht die Rede sein
In der Diskussion um eine "Normalisierung" der AfD hat Jens Spahn Vorwürfe zurückgewiesen: Das Wort habe er nicht benutzt, sagte der CDU-Politiker. Die Kritik seitens der SPD geht aber weiter.
CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn widerspricht dem Vorwurf, er wolle den Umgang mit der AfD normalisieren. "Das Wort 'Normalisierung' habe ich nicht benutzt", sagte er in der ZDF-Sendung "Markus Lanz".
Spahn sagte, er erlebe Hass und Hetze sowie teilweise schwulenfeindliche Sprüche, wenn er an den Reihen der AfD-Abgeordneten vorbeigehe. "Mir muss echt keiner erzählen, was für Typen in deren Reihen sitzen. Das weiß ich", betonte Spahn.
Spahn hatte mit dem Vorschlag, mit der AfD bei organisatorischen Fragen im Bundestag so umzugehen wie mit anderen Oppositionsparteien, eine heftige Kontroverse ausgelöst. Die Politik müsse anerkenne, so Spahn gegenüber der Bild-Zeitung "wie viele Millionen Deutsche die AfD gewählt haben".
Spahn warnt vor "Opferrolle" der AfD
Im ZDF sagte er nun, es gebe Spielregeln im Parlament. Man könne sie ändern oder alle zwingen, nach den Regeln zu spielen. Er sei für letzteres, um die AfD nicht in eine Opferrolle zu bringen.
Er verwies zudem darauf, dass die AfD mit Peter Boehringer von 2018 bis 2021 den Vorsitzenden des Haushaltsausschusses stellte. Boehringer habe das "okay gemacht", größere Beschwerden habe er nicht vernommen, sagte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Faeser: Normalisierung wäre "geschichtsvergessen"
Die frühere Bundestagspräsidentin Bärbel Bas sagte ebenfalls bei "Markus Lanz", sie habe Spahns Äußerung so verstanden, dass er die AfD normalisieren wolle. "Und davor kann ich nur warnen." Man dürfe die AfD nicht in Funktionen bringen, in denen sie den Bundestag als Institution repräsentiere wie Ausschussvorsitzende und Vizepräsidenten.
Auch die geschäftsführende Bundesinnenministerin Nancy Faeser warnte vor einer Normalisierung im Umgang mit der AfD. "Die AfD ist keine Oppositionspartei wie andere auch. Wer sie so behandeln und damit weiter normalisieren will, macht einen schweren Fehler", sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Das wäre verantwortungslos und geschichtsvergessen."
Gerichte hätten bestätigt, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD zu Recht als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft habe. "Gerade in diesen Zeiten, in denen unsere Sicherheit bedroht und unsere Demokratie von innen wie von außen angegriffen wird, sollten Putin-Freunde nicht an der Spitze wichtiger Bundestagsausschüsse stehen. Gleiches gilt für die Wahl der Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums für die Nachrichtendienste."
Miersch: Äußerung "grundfalsch und sehr gefährlich"
Bereits gestern hatten SPD-Politiker vor einer Normalisierung der AfD gewarnt und Spahn kritisiert. Generalsekretär Matthias Miersch sagte, er halte die Äußerung von Spahn für "grundfalsch und für sehr, sehr gefährlich". Die AfD stelle in weiten Teilen die Verfassung infrage, und Demokraten müssten wachsam sein.
SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast kündigte an, die Bundestagsfraktion werde "unsere demokratischen Institutionen - allen voran unser Parlament - auch weiterhin mit aller Entschlossenheit schützen".
Kiesewetter schließt sich Kritik der SPD an
Der Kritik von Seiten der SPD schloss sich gestern auch der CDU-Abgeordnete und Vizevorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Roderich Kiesewetter, an. Die AfD sei keine normale Partei und gehöre nicht in wichtige Bundestagsgremien, sagte er dem RBB.
Gegenüber Phoenix konkretisierte Kiesewetter, die Partei solle "zumindest in sicherheitsrelevanten Ausschüssen keinen Vorsitz haben (…) und nicht im parlamentarischen Kontrollgremium und im Vertrauensgremium, wo es um unsere Nachrichtendienste geht, vertreten sein". Er sei "da ganz bei der SPD, die eine sehr kritische Haltung zur AfD hat."
AfD ist zweitstärkste Kraft im Bundestag
Die in Teilen als rechtsextremistisch eingestufte AfD ist mit 152 Abgeordneten zweitstärkste Kraft im neu gewählten Bundestag. Sie beansprucht für sich die Vorsitz in mehreren Ausschüssen sowie einen Platz im für die Geheimdienste zuständigen Parlamentarischen Kontrollgremium. Traditionell steht der größte Oppositionsfraktion der Vorsitz im Haushaltsausschuss zu.
Bei der Wahl der Vizepräsidenten des Bundestags ging die AfD als einzige Fraktion leer aus.