FDP in der Ampel Ein "Weckruf", der für Unruhe sorgt
Der kleinste Koalitionspartner ist angeschlagen. In Umfragen dümpelt die FDP bei fünf Prozent. Und in den eigenen Reihen gärt es. Einzelne Mitglieder fordern den Austritt aus der Ampel. Schlägt die Partei einen anderen Kurs ein?
"Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren": Dieser schon etwas ältere Ausspruch von FDP-Chef Christian Lindner scheint manche in der Partei wieder zu beschäftigen. 26 Mitglieder haben Ende Oktober einen "Weckruf Freiheit" verfasst. In dem Papier stellen sie die Koalition mit SPD und Grünen infrage.
Die FDP habe ihre "Glaubwürdigkeit dadurch eingebüßt, dass wir lautstark öffentlich für Dinge eintreten, die sich nicht mit dem späteren Abstimmungsverhalten der Fraktionsmitglieder decken", heißt es. Beispiele dafür seien der Atomausstieg und das Heizungsgesetz. "Die FDP verbiegt sich in dieser Koalition bis zur Unkenntlichkeit."
"In jedem Gesetz eine klare liberale Handschrift"
Parteichef Lindner soll schmallippig auf den Aufruf reagiert haben. Namhafte FDP-Mitglieder haben sich bisher nicht angeschlossen. Und auch die Bundestagsabgeordnete Gyde Jensen sieht das anders. "Ich nehme in jedem Gesetz eine klare liberale Handschrift wahr", sagte sie. "Wohlwissend, dass wir die kleinste Partnerin in dieser Koalition sind und deshalb umso besser verhandeln und umso nachdrücklicher bestimmte Argumente deutlich machen müssen, um diese Punkte am Ende in Gesetzen zu landen.“
Die FDP hofft auf Zuspruch, indem sie vehement für ihre Ziele eintritt, auch konfrontativ gegen die Koalitionspartner - zuletzt hat der Parteichef den beschlossenen Kohleausstieg hinterfragt. Für Gyde Jensen ist aber wichtig, dass die FDP vor allem in der Kommunikation über ihre Entscheidungen besser werden müsse. Also besser erklären, warum am Ende ein Kompromiss und nicht "FDP pur" steht.
Unterschriften für den Austritt
Die Verfasser des "Weckrufs Freiheit" ziehen einen anderen Schluss. Sie wollen eine Mitgliederbefragung starten, ob die FDP in der Koalition bleiben soll. Dafür sammeln sie gerade Unterschriften, nur 500 sind nötig.
Jede Stimme in der FDP nehme er ernst, sagt Generalsekretär Bijan Djir-Sarai. Dementsprechend führe die Partei die Diskussionen sehr offen und fair miteinander. "Das sind aber alles bis jetzt interne Prozesse."
Müssen sich SPD und Grüne etwa Sorgen machen, dass sie ihren Koalitionspartner verlieren? "Die FDP ist heute eine Regierungspartei", sagt Djir-Sarai weiter. "Und eine Regierungspartei muss die Probleme, die Herausforderungen, die im Land existieren, lösen."
FDP verfehlt in Umfrage fünf Prozent
Und das in einer Zeit der Krisen: Krieg in der Ukraine, Terrorangriff der Hamas auf Israel, die Migrationsfrage. Aber hat die Regierung die richtigen Lösungen? Die Wählerschaft ist nicht überzeugt. Die Koalition insgesamt hat schlechte Werte, aber bei der FDP ist es verheerend. Zuletzt landete sie im ARD-Deutschlandtrend bei 4 Prozent.
Fraktionschef Christian Dürr sagt, die FDP müsse die richtigen Schwerpunkte setzen - und an einem besonders festhalten: "Ohne die freien Demokraten würde Deutschland sich schon lange nicht mehr an die Schuldenbremse halten." Man komme mit dem Geld aus, was die Steuerzahler zur Verfügung stellten. "Das sind wichtige Hinweise, weswegen es wichtig ist, dass die FDP in der Verantwortung ist." Dafür sei die FDP gewählt, betont Dürr, deshalb will er sich in der Koalition für Reformen einsetzen.
Auch Jensen empfiehlt ihrer Partei, "diesen teilweise holprigen Weg, auch von Verhandlungen, die teilweise langwierig sind, weiterzugehen. Und es ist aus meiner Sicht der denkbar faulste und einfachste Weg, hinzuschmeißen und zu sagen, da machen wir jetzt nicht weiter mit." Nicht zu regieren, sei für die FDP in dieser Lage also keine Option.