Bundestagswahl 2025

Olaf Scholz und Friedrich Merz auf einem Bildschirm.

ARD-Wahlarena Bürger befragen die vier Kanzlerkandidaten

Stand: 17.02.2025 23:39 Uhr

In der ARD-Wahlarena haben sich die Kandidaten der größten Parteien Fragen der Bürger gestellt: Nach Unions-Chef Merz auch Kanzler Scholz, AfD-Chefin Weidel und Grünen-Kandidat Habeck. Die Themen reichten vom Deutschlandticket bis zur Außenpolitik.

Die Kanzlerkandidaten der vier größten Parteien sind erneut vor die Kameras getreten: In der ARD-Wahlarena beantworteten Friedrich Merz (CDU), Olaf Scholz (SPD), Alice Weidel (AfD) und Robert Habeck (Grüne) nacheinander live Fragen des Publikums.

Bundeskanzler Scholz und sein Unions-Herausforderer Merz stellten dabei klar, nach der Wahl nicht in einer gemeinsamen Regierung sitzen zu wollen. "Das halten wir beide für relativ unwahrscheinlich", sagte Merz. Scholz stimmte ihm zu: "Wo er Recht hat, hat er Recht. Ich will Kanzler bleiben, er will es werden."

Zu dem Wortwechsel kam es, als beide dazwischen für einen kurzen Moment gemeinsam auf der Bühne standen. Zunächst hatte Merz sich den Fragen des Publikums gestellt, dann Scholz, gefolgt von Weidel und zuletzt Habeck. Die Themen reichten vom Deutschlandticket über Rentenpolitik zur Außenpolitik.

Merz: Alle müssen die Ärmel aufkrempeln

Wer arbeiten könne, aber nicht arbeite, werde kein Bürgergeld mehr bekommen, kündigte Merz für den Fall einer von der Union geführten Regierung an. Mit seinen Plänen zu Streichungen beim Bürgergeld wolle er eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht in Kauf nehmen. Für einen wirtschaftlichen Aufschwung müssten alle die Ärmel aufkrempeln und mit anpacken.

Er sei grundsätzlich dagegen, dass Menschen unabhängig von ihrer Mitwirkungsbereitschaft "auf jeden Fall die Grundausstattung" für das Leben bekommen. Ohne "Zumutung" werde die Wirtschaftswende nicht zu schaffen sein. Zudem meinte Merz, Deutschland habe eine zu hohe Steuerbelastung. Das betreffe auch Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen.

Das Deutschlandticket hält Merz grundsätzlich für eine gute Idee. Eine Fortsetzung über das Jahr 2025 hinaus muss seiner Meinung nach aber finanzierbar bleiben. Merz fügt allerdings hinzu, dass das Ticket vor allem für Menschen in Ballungsräumen attraktiv sei, weniger aber im ländlichen Raum.

Zum Klimaschutz hat Merz sich ausdrücklich bekannt, aber eine andere Politik in dem Bereich in Aussicht gestellt. "In diesem Wahlkampf wird erstaunlicherweise relativ wenig über Klimapolitik diskutiert", räumte er ein. Unterschiede gebe es vor allem zu den Grünen, sagte Merz. So setze die Union auf Technologieoffenheit und Innovationen statt auf "mehr Regulierung". Der Kurs der Ampel und der Grünen habe nach seiner Einschätzung auf die Dauer nicht die Zustimmung der Bevölkerung.

Scholz: Deutschland kann sich stabiles Rentenniveau leisten

Scholz skizzierte Ideen zur Bildungspolitik: Eltern müssten mehr Unterstützung bekommen, damit sie arbeiten gehen könnten. Die Schulen müssten weiter digitalisiert werden. Das Bafög müsse angehoben werden.

Zum Thema Rente sagte Scholz: Deutschland könne sich ein stabiles Rentenniveau leisten. Viele Experten lägen da falsch. "Wir haben die höchste Zahl an Erwerbstätigen. Das hat die Rente stabil gemacht." Renten müssten so stark steigen wie Löhne, das gesetzliche Renteneintrittsalter dürfe nicht angehoben werden. Wer etwa mehrere Jahrzehnte in der Pflege gearbeitet habe, müsse von seiner Rente leben können.

Auf Mietpreise angesprochen, nannte Scholz die Notwendigkeit eines starken Mietrechts, eine Mietpreisbegrenzung bei Neuvermietung, einen Mietenspiegel zur besseren Vergleichbarkeit und eine massive Wohnbauoffensive. Scholz sagte, er habe seine Amtszeit diesbezüglich nicht untätig verbracht.

In der Außenpolitik empfahl Scholz eine klare Haltung gegenüber US-Präsident Donald Trump. Man müsse die Beziehungen zu den USA bestmöglich gestalten. "Das ist seit Jahrzehnten auch ein Stück Lebensversicherung für Deutschland." Trotzdem müsse man zurückweisen, wenn sich etwa ein US-Vizepräsident in den deutschen Wahlkampf einmische und sage, extrem rechte Parteien seien nicht so schlimm.

Das gelte auch für den Streit um Strafzölle. "Gerader Rücken hilft auch in dieser Sache", betonte Scholz. Deshalb habe er sich zudem sofort als Regierungschef des größten EU-Staats öffentlich kritisch geäußert, als der US-Präsident Anspruch auf Grönland erhoben habe. "Ich glaube, wenn wir mit dieser Haltung da rangehen, können wir gemeinsam Politik entwickeln."

Weidel: Keine Arbeit oder Ausbildung für Geduldete

Die AfD-Kandidatin Weidel bekannte sich zur Notwendigkeit der Fachkräfte-Einwanderung. "Wir brauchen eine qualifizierte Zuwanderung, das ist enorm wichtig", sagte sie. Von einer solchen Zuwanderung in den Arbeitsmarkt müsse aber die Asylzuwanderung unterschieden werden. "Illegale sind in unserem Land nicht mehr willkommen. Wir werden sie ausweisen."

Weidel räumte ein, dass ihre Partei fordere, dass geduldete Zuwanderung ohne Asylrecht keine Arbeit und keinen Ausbildungsplatz annehmen könnten. Dies gelte auch für Geduldete, die eine Pflegeausbildung machen, sagte sie auf Nachfrage. Ein solcher Mensch aus dem Ausland könne aber, wenn er eine Pflegeausbildung absolviert hat, als Arbeitskraft zuwandern: "Wenn er eine Ausbildung hat, ist er herzlich willkommen."

In der Europapolitik forderte Weidel eine Rückverlagerung der Kompetenzen aus Brüssel in die nationalen Parlamente. Entscheidungen wie etwa das Verbrenner-Aus dürften nicht von Institutionen getroffen werden, die demokratisch "nicht gewählt" und damit "nicht legitimiert" seien.

Auf die Frage, wie Weidel als Homosexuelle AfD-Mitglied sein könne, antwortete sie, dass die jüngere Generation in Freiheit leben solle. Jeder solle eine Familie gründen können "so wie sie das wollen" - so wie Weidel selbst auch. Gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften sollten jedoch der Ehe gleichgestellt werden, "ohne das Institut der Ehe zwischen Mann und Frau zu berühren".

Habeck: Begriff "Technologieoffenheit" täuschend

Der Kandidat der Grünen, Habeck, räumte ein, dass das Rentensystem massiv unter Druck stehe. Ein mehr an Rente könne er nicht versprechen - nur, dass die derzeitigen Konditionen erhalten bleiben, so wie es Scholz zuvor gesagt habe.

Dass Beamte in ein eigenes System einzahlen, sei ungerecht. Habeck zeigte sich grundsätzlich offen dafür, dass Beamte künftig auch in die Rentenkasse einzahlen. Beide Systeme könnten aber nicht kurzfristig zusammengeführt werden. Zudem wäre dies wegen bestehender Rechtsansprüche nicht billig zu haben.

Habeck sprach sich grundsätzlich dafür aus, dass das Bauen in Deutschland billiger werden müsse und Genehmigungsverfahren "schlanker und effizienter" gestaltet werden müssten. Auch beim Thema Digitalisierung wird der Grüne deutlich: "Die Digitalisierung ist nirgends angekommen", das sei ein großes Rätsel. Deutschland hänge da stark hinterher.

Den Begriff "Technologieoffenheit" nannte Habeck eine "Chimäre", also eine Täuschung. Die Heizungsförderung sei technologieoffen, es würden nicht nur Wärmepumpen gefördert. Auch Autos dürften mit E-Fuels betrieben werden. Wer von Technologieoffenheit spreche, greife die Klimaziele an.

Wenn Deutschland beim Klimaschutz umfalle, falle auch Europa um - und der Kampf gegen die globale Erderwärmung sei dann vorbei. Das hänge auch von der Bundestagswahl in Deutschland ab - sie sei eine Klimawahl.

Wagenknecht musste nicht eingeladen werden

Zur Wahlarena wurden nur Parteien eingeladen, die konstant bei zehn Prozent oder mehr Zustimmung in den Umfragen liegen. Das BSW hatte sich zunächst vor nordrhein-westfälischen Gerichten dagegen gewehrt, dass seine Spitzenkandidatin Sahra Wagenknecht nicht eingeladen wurde, hatte dort aber keinen Erfolg.

Vor Beginn der Wahlarena hatte schließlich auch das Bundesverfassungsgericht klargestellt, dass die ARD Wagenknecht nicht einladen musste. Das Gericht nahm eine Verfassungsbeschwerde des BSW nicht zur Entscheidung an. Die Partei zeige nicht auf, wie sie in ihrem Recht auf Chancengleichheit verletzt werde, hieß es (Az. 2 BvR 230/25).

Scholz, Habeck, Merz und Weidel wurden bereits am vergangenen Donnerstag in der ZDF-Sendung "Klartext" nacheinander von Zuschauerinnen und Zuschauern befragt. Am Sonntagabend diskutierten sie erstmals in einer Viererrunde beim Sender RTL und ntv.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 18. Februar 2025 um 23:15 Uhr.