Demonstranten halten ihre Smartphones hoch während eines Protests gegen die Bildung einer österreichischen Regierung unter Führung der FPÖ

Österreich Proteste gegen mögliche Regierung mit FPÖ

Stand: 09.01.2025 21:30 Uhr

In Österreich verhandeln FPÖ und ÖVP über eine Regierungsbildung. Das Ergebnis könnte ein FPÖ-Kanzler Kickl sein. In mehreren Städten demonstrierten Zehntausende Menschen gegen den drohenden Rechtsruck.

Eine Regierung zwischen der in Teilen rechtsextremen FPÖ und der konservativen ÖVP, die vom FPÖ-Kanzler Herbert Kickl angeführt wird - die Aussicht auf diese mögliche künftige Koalition hat in Österreich Proteste ausgelöst. Vor dem Kanzleramt in Wien versammelten sich der österreichischen Zeitung Der Standard zufolge Zehntausende Menschen. Die Organisatoren sprachen von 50.000 Teilnehmenden, die Behörden gingen von etwa 25.000 Menschen aus. Die Demonstranten hielten Schilder und Transparente mit Botschaften in die Höhe wie: "Wir wollen kein rechtsextremes Österreich" und "Nie wieder ist jetzt".

Viele Slogans richteten sich gegen FPÖ-Chef Kickl als möglichen nächsten Kanzler. Die Menge buhte, als während der Demonstration bekannt wurde, dass FPÖ und ÖVP formell den Beginn von Koalitionsverhandlungen beschlossen hatten.

Organisiert wurde die Demonstration von sozialen und kirchlichen Organisationen sowie von Gruppen, die sich für Umweltanliegen und Geflüchtete einsetzen. "Es droht ein autoritärer Angriff auf Demokratie, Menschenrechte, Umweltschutz und den sozialen Zusammenhalt in unserem Land", hieß es im Aufruf. Linke Parteien waren bei der Kundgebung ebenfalls vertreten. Auch in Innsbruck, Salzburg und Graz versammelten sich jeweils mehrere Hundert Menschen.

FPÖ und ÖVP verhandeln

Während der Proteste teilte die ÖVP den Beschluss der Parteispitze mit, die Verhandlungen mit der FPÖ über eine Regierungskoalition zu beginnen. "Wir treten in Verhandlungen mit der FPÖ ein", sagte der geschäftsführende ÖVP-Chef Christian Stocker. Als die wichtigsten Eckpfeiler für seine Partei nannte er erneut die Bewahrung der liberalen Demokratie, Österreichs EU-Mitgliedschaft und die Ablehnung russischer Einflussnahme. Er sprach damit indirekt die EU-kritische und russlandfreundliche Haltung der FPÖ an, die als mögliche Stolpersteine gelten.

Beide Parteien haben eine restriktive Haltung in der Asylpolitik. Es ist aber noch unklar, ob sie ihre außenpolitischen Differenzen überwinden können. Zudem gibt es Spannungen zwischen den Politikern beider Parteien. Kickl forderte etwa von der ÖVP, Verantwortung für die Wirtschaftskrise zu übernehmen. Die ÖVP hat hingegen die FPÖ wiederholt als Sicherheitsrisiko für Österreich bezeichnet.

Gute Ausgangslage für FPÖ

Nach dem Wahlsieg der FPÖ im Herbst hatte die bisherige Kanzlerpartei ÖVP zunächst versucht, eine Koalition aus den Parteien der Mitte zu schmieden. Doch die Gespräche platzten in der vergangenen Woche. Nun hat FPÖ-Chef Kickl den Regierungsauftrag von Bundespräsident Alexander Van der Bellen erhalten - und somit die Chance, Kanzler zu werden.

Die FPÖ hat bei den bevorstehenden Gesprächen eine sehr gute Ausgangsposition. Laut Umfragen müsste sie im Fall eines Scheiterns der Verhandlungen eine Neuwahl nicht fürchten. Umfragen zufolge kämen die Rechtspopulisten auf 35 Prozent, die ÖVP jedoch nur noch auf 20 Prozent. Trotz dieser Aussichten erklärte Stocker, dass sich die Österreichische Volkspartei nicht vor Wahlen fürchte.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 09. Januar 2025 um 21:40 Uhr.