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analyse

Regierungsbildung in Österreich Welche Folgen hätte Kickls Kanzlerschaft?

Stand: 09.01.2025 12:27 Uhr

Österreich und die EU bereiten sich auf eine Regierung unter der rechtspopulistischen FPÖ vor. Welche Folgen hätte ein Kanzler Kickl für das Land und für Europa? Wird Österreich ein zweites Ungarn?

Wie geht es weiter mit Österreich, wenn der Chef der Rechtsaußen-Partei FPÖ, Herbert Kickl, Kanzler wird? An einem bislang geheim gehaltenen Ort beginnen nun erste Vorgespräche mit dem neuen Chef der bisherigen Regierungspartei, der konservativen ÖVP, Christian Stocker. Kickl, hat den ungarischen Premier, Viktor Orban "Vorbild für Europa" genannt. Ist tatsächlich eine "Orbanisierung" Österreichs möglich?

Die Voraussetzungen in Ungarn sind andere als in Österreich. Orban hat die ungarische Demokratie systematisch umgebaut und sich eine regelrechte Festung der Macht errichtet. Es begann 2010, als Orban zum zweiten Mal, nach acht Jahren Pause, Ministerpräsident wurde. Zwischendurch hatte er zwei Wahlen verloren und diese Schmach wollte er sich künftig ersparen.

"Orbanisierung" Österreichs möglich?

Orban gewann die Wahl 2010 mit seiner rechtspopulistischen Fidesz-Partei, mit 52 Prozent der Stimmen. Doch das außergewöhnliche ungarische Wahlsystem, mit einer starken Bevorzugung von Direktmandaten sorgte dafür, dass Orban und seine Fidesz-Partei eine Zweidrittelmehrheit im Parlament hatten. Das heißt, sie konnten die Verfassung ändern.

"Orban hat gesagt, wir müssen nur einmal die Wahlen gewinnen, aber dann richtig", sagt der österreichisch-ungarische Publizist, Paul Lendvai, der eines der wichtigsten Bücher über Orbans Machtsystem geschrieben hat. "Orban hat erstens eine neue Verfassung geschaffen. Dann hat er das Wahlgesetz geändert und dann haben sie alle wichtigen Posten mit Fidesz-Leuten besetzt", so Lendvai.

Fidesz kontrolliert auch in weiten Teilen die Medien und die Justiz. Auf der aktuellen weltweiten Korruptionsliste von Transparency International rangiert Ungarn auf Platz 76 und Österreich auf Platz 20. In Österreich gab es zuletzt die Skandale um Ex-ÖVP-Kanzler, Sebastian Kurz, um Posten-Geschachere und um geschönte Umfragen und wohlwollende Berichterstattung, die mit Steuergeldern bezahlt worden sein soll. Solche Dinge könnten sich wiederholen.

"Viktor Orban als Vorbild für Europa"

Doch es gibt in Österreich bei Weitem nicht Orbans Möglichkeiten, den Staat zu kapern. Die FPÖ hätte nicht einmal mit ihrem potentiellen Koalitionspartner, der ÖVP, eine Zweidrittelmehrheit. Die FPÖ verfügt über 57 von 183 Sitzen im Parlament, entsprechend der rund 29 Prozent, die sie bei der Wahl geholt hat.

Kickl bezeichnet dennoch Orban als Vorbild. "Ungarn und Österreich sind in Europa, mit jeweils knapp an die zehn Millionen Einwohnern, eher kleine Länder. Umso wichtiger ist es daher, gegenüber den Großen, unsere Interessen zu verteidigen und unsere nationale Souveränität. Genau das tut Viktor Orban und ist damit ein Vorbild für viele in Europa", sagt Kickl.

Ob Österreich wie Ungarn zu einem weiteren Querulanten in der EU wird, hängt auch davon ab, wer sich in der möglichen künftigen Koalition durchsetzen wird. Die ÖVP ist EU-freundlich und auf Partnerschaften aus. In der Außenpolitik könnte es in den Verhandlungen ohnehin die größten Streitigkeiten geben, denn Kickl ist, wie Orban, Russland-nah und fordert ein Ende der militärischen Unterstützung der Ukraine.

Sorgen in der Kunst- und Kulturszene

Mit großer Besorgnis schaut die österreichische Kunst- und Kulturszene auf die politische Entwicklung, denn Kickl hat ziemlich abfällig über die Kulturpolitik der aktuellen ÖVP-Grünen-Regierung gesprochen. "Was ist da alles drin in der grünen Kulturpolitik: ein ganzer Strauß von vielen bunten Zutaten, das Hofieren der linken Kunstszene, man hat immer stramm antifaschistisch zu agieren. Sehr viel Ausdruck, und allerorts selbstverständlich ein Herumtransen und Herumgendern," so Kickl spöttisch bei einer Rede vor dem Parlament

Bei solchen Worten machen sich viele Sorgen, dass Kunst und Kultur, die Kickl nicht genehm ist, von jeglichen staatlichen Förderungen ausgeschlossen wird, ähnlich wie es in Ungarn passiert ist.