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Bundestagswahl 2025 Wie das Ausland auf die Wahl reagiert
Nach dem Sieg der Union bei der Bundestagswahl ist es vor allem die Hoffnung auf eine schnelle und positive Neuaufstellung der Beziehungen, die die internationalen Reaktionen bestimmt. Doch auch das starke Abschneiden der AfD wird kommentiert.
Die USA gratulieren der Union - und der AfD
Der diesjährigen Bundestagswahl wurde in den USA deutlich mehr Beachtung geschenkt als sonst. Auf sehr massive und ungewöhnliche Weise hatten sich der Tech-Milliardär Elon Musk und Vizepräsident JD Vance in den deutschen Wahlkampf eingemischt und die AfD unterstützt.
Nachdem der Sieg der Union und ihres Kanzlerkandidaten Friedrich Merz am Abend feststand, war auf der Social-Media-Plattform des US-Präsidenten Donald Trump viel Lob in Großbuchstaben zu lesen.
"Ähnlich wie in den USA hatten die Menschen in Deutschland genug von der Agenda ohne gesunden Menschenverstand, insbesondere in den Bereichen Energie und Einwanderung, die seit so vielen Jahren vorherrschte. Dies ist ein großer Tag für Deutschland und für die Vereinigten Staaten von Amerika unter der Führung eines Herren namens Donald J. Trump", so der US-Präsident.
Bei der Wortwahl ist jedoch nicht ganz klar, ob nicht vielleicht auch die AfD gemeint ist. Denn diesen "gesunde Menschenverstand" reklamieren die Rechtpopulisten gerne für sich. Der ehemalige US-Botschafter in Deutschland und jetzige "Sondergesandte für Sondermissionen", Richard Grenell, gratulierte gezielt nur der Union. Musk hingegen blieb seiner im Wahlkampf eingeschlagenen AfD-Linie treu. Angesichts der Statistik, nach der viele junge Menschen die AfD (und Linkspartei) gewählt haben, kommentierte er auf X, es sei nur eine Frage der Zeit, bis die AfD die Bundestagswahl gewinnt.
Von Anne Schneider, ARD Washington
Brüssel hofft auf Stabilität und Führungsrolle
EU-Ratspräsident António Costa und europäische Staats- und Regierungschefs haben CDU-Chef Friedrich Merz zu seinem Wahlerfolg gratuliert. In Brüssel haben viele gerne gehört, dass Merz mit Deutschland eine Führungsrolle in Europa anstrebt. Denn das erwartet der Rest Europas vom Regierungschef des bevölkerungsreichsten und wirtschaftsstärksten Mitgliedstaats.
Daher hoffen die EU-Partner, dass sich in Deutschland rasch stabile politische Verhältnisse einstellen. Die von der Union bis Ostern angestrebte Regierungsbildung käme diesem Wunsch entgegen. Eine mögliche große Koalition aus Union und SPD könnte zudem Reibungsverluste wie während der Ampelkoalition eindämmen, als sich die drei Partner oft nicht auf eine Position zur EU-Gesetzgebung einigen konnten.
NATO-Generalsekretär Mark Rutte hat seinen Glückwunsch für Merz mit der Erwartung verbunden, dass der Wahlsieger bei der Stärkung der Verteidigung und der Finanzierung der Aufrüstung eine Führungsrolle übernimmt.
Von Jakob Mayr, ARD Brüssel
Für Frankreich kann es nur besser werden
"Der zerbrechliche Sieg des Konservativen Friedrich Merz", titelt die Zeitung Figaro. "Ein kleiner Sieg für eine Große Koalition", überschreibt die Libération ihren Artikel zur Bundestagswahl. Le Monde verweist schon in der Überschrift auf einen "historischen Sieg der Rechtsextremen" in Deutschland. Fast alle französischen Medien berichten heute Morgen über die Ergebnisse der Wahl beim großen Nachbarn.
Das gute Abschneiden der AfD ist das, was bei den Französinnen und Franzosen wohl am meisten hängenbleibt. Neue Rekordergebnisse für die extreme Rechte - das kommt den Franzosen sehr vertraut vor. Was die Beziehungen zu Deutschland angeht, kann es aus französischer Sicht eigentlich nur besser werden. Mit dem Namen Olaf Scholz können in Frankreich nur wenige etwas anfangen. Hinzu kommt, dass es offensichtlich war, dass es zwischen dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem Bundeskanzler nicht so gut lief.
Auf Friedrich Merz setzt man in Paris nun große Hoffnungen, auch was ein gemeinsames europäisches Vorgehen rund um die Ukraine angeht. Auf dem Weg nach Washington zu seinem Treffen mit Präsident Trump schrieb Emmanuel Macron im Online-Dienst X auch auf Deutsch: "Ich habe gerade mit Friedrich Merz gesprochen, um ihm zu seinem Sieg bei den Bundestagswahlen zu gratulieren. Wir sind mehr denn je entschlossen, gemeinsam Großes für Frankreich und Deutschland zu leisten und an einem starken und souveränen Europa zu arbeiten."
Macron hatte aber auch ein paar tröstende Worte für den noch amtierenden Bundeskanzler übrig: "Ich habe mich auch mit Olaf Scholz ausgetauscht, um ihm an diesem Abend meine Freundschaft zu bekunden."
Von Cai Rienäcker, ARD Paris
Ausführliche Berichterstattung in Polen
In der polnischen Politik herrschte am Sonntagabend zurückhaltende Stille. Keine, zumindest keine öffentliche Gratulation von Premierminister Donald Tusk an seinen europäischen Parteifreund Friedrich Merz. Stattdessen ein Seitenhieb bei X auf die Vorgängerregierung unter der nationalpopulistischen PiS, die von Deutschland abgewiesene Geflüchtete nach Polen gelassen habe. Das darf durchaus als indirekte Botschaft an Merz verstanden werden, dass seine Abschiebepläne auf Widerstand stoßen dürften.
Krzysztof Brejza, ein prominenter EU-Abgeordneter aus Tusks Bürgerkoalition, kommentierte, ebenfalls bei X, mit der Union seien die rationalen, proeuropäischen und propolnischen Kräfte siegreich. Einzig Szymon Hołownia, Präsidentschaftskandidat und Sejmmarschall, der Präsident des polnischen Parlaments, gratulierte Friedrich Merz direkt und erklärte, die AfD sei ein Geschenk für Russland und eine Bedrohung für Polen.
Den ganzen Wahlabend über haben die polnischen Medien ausführlich und detailliert, im Fernsehen teils mit Sondersendungen, die Bundestagswahl verfolgt. Die meisten Kommentatoren halten den Wahlsieg der Union aus polnischer Sicht für vorteilhaft, hatte Merz doch unter anderem engere Beziehungen zu Polen und einen neuen Freundschaftsvertrag versprochen.
Von Martin Adam, ARD Warschau
Gewohnte Töne aus Moskau
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow äußerte sich auf gewohnte Weise zu den Ergebnissen der Bundestagswahl: "Jedes Mal hofft man auf eine sachlichere Herangehensweise an die Realität, auf einen nüchterneren Umgang mit dem, was gegenseitiges Interesse und beiderseitigen Nutzen ausmachen könnte. Doch wie es tatsächlich weitergeht, wird sich zeigen."
Eine Reaktion von Kreml-Chef Wladimir Putin gibt es noch nicht. Auch sonst gibt es bisher nur wenig Reaktionen aus Russland zur Wahl in Deutschland. Der stellvertretende Vorsitzende des russischen Föderationsrates, Konstantin Kossatschow, schreibt auf seinem Telegram-Kanal, dass die russsischen Bürger keine "großen Veränderungen in Bezug auf Russland und die Ukraine" von Merz erwarten sollte.
Von Lilia Becker, für ARD Moskau
Peking will "strategische Partnerschaft" stärken
In einer ersten Reaktion auf das Wahlergebnis hat Chinas Führung angeboten, mit der künftigen Bundesregierung zusammenzuarbeiten. Ziel sei es, die strategische Partnerschaft der beiden Länder zu stärken und weiterzuentwickeln, so der Sprecher des Außenministeriums, Lin Jian.
Gleichzeitig lobte er Deutschlands Rolle in der EU. China sei bereit, sich mit Deutschland und der EU gemeinsam für Frieden in der Welt und Wohlstand einzusetzen. Bereits in den vergangenen Wochen hat Chinas Führung verstärkt für eine Zusammenarbeit mit Europa geworben.
Peking versucht laut Beobachtern davon zu profitieren, dass sich die USA unter Donald Trump von Europa distanzieren. Allerdings sind viele europäische Regierungen und auch die EU-Kommission zuletzt vorsichtiger geworden im Umgang mit der Volksrepublik.
Von Benjamin Eyssel, ARD Peking.