Proteste in Georgien "Wir kämpfen um unsere Zukunft"
Seit Tagen gehen in Georgien Tausende Menschen auf die Straße, um Neuwahlen zu erzwingen. Zahlreiche Schulen und Universitäten haben sich den Demonstranten angeschlossen - statt Unterricht Protest.
"Kommt mit uns!", skandieren die Studentinnen und Studenten am frühen Abend und laufen zusammen mit ihren Lehrbeauftragten den Prachtboulevard von Tiflis entlang.
In der Masse überall die goldenen Sterne auf blauem Grund: Als Flaggen wehen sie über den Köpfen der Demonstrierenden hinweg, sind als Cape über dicken Winterjacken gebunden oder glitzern auf Regenschirmen. Überall Europa.
"Wir werden nicht aufgeben"
Doch die aktuelle Regierung stehe genau für das Gegenteil, sagt die Physikstudentin Mariam:
Die Regierung ist nicht legitim und muss weg. Dann wird sich hier alles bessern, das hoffe ich zumindest. Sie werden schon sehen, dass die Leute hier stärker sind als sie - und werden zurücktreten. Wir werden jedenfalls nicht aufgeben!
Seit fünf Tagen schon geht Mariam mit ihren Mitstudierenden auf die Straße: Protest statt Vorlesungen, der Unterricht ist optional. Einige Universitäten haben den Lehrbetrieb auf unbestimmte Zeit nun ganz eingestellt.
Denn die Hauptaufgabe, so heißt es in der Erklärung der Universität Georgien, bestehe darin, das Land auf den Weg in die europäische Zukunft zu bringen.
Seit Tagen gehen auch Studenten und Dozenten auf die Straße. Laut der Universität Georgien ist ihre Hauptaufgabe, Georgien auf Weg den in eine europäische Zukunft zu bringen.
"Müssen auf der Straße sein"
Auch die Physikdozentin Maya Todua sieht es als ihre Pflicht an, jetzt auf die Straße zu gehen, statt im Hörsaal zu stehen. "Natürlich gehe ich zu den Protesten", sagt sie.
"Es ist einfach unmöglich, nicht darauf zu reagieren, was gerade in unserem Land passiert", erklärt Todua. "Wir müssen hier auf der Straße sein und mit diesem Protest unsere Haltung zeigen. Das ist sehr wichtig."
In der ersten Reihe tragen die Studierenden ein großes Banner. Darauf steht: "Ziviler Ungehorsam ist die Grundlage für Freiheit."
Ruf nach Sanktionen gegen eigene Regierung
Am Straßenrand jubeln die Menschen den Studierenden zu. Ein Passant sieht das Mikrofon der ARD und ruft:
Sanktioniert unsere Machthaber doch einfach, hörst du, Deutschland? Das ist doch ganz einfach!
Die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen sind diesen Schritt nun gegangen. Sie verhängen nationale Sanktionen gegen die georgische Führung. Denn die würde legitime Proteste unterdrücken.
Verletzte und Festnahmen
Nur kurze Zeit, nachdem die Studierenden vor dem Parlament angekommen sind, rücken die Polizeieinheiten vor. Viele von ihnen sind maskiert, tragen Helme mit Sichtschutz. Die Studierenden weichen zurück.
Weiter vorne, am Parlament, sollen Protestierende Feuerwerkskörper auf Polizisten geworfen haben. Feuer brennt an Barrikaden - aber dann brennt es auch in den Augen und im Hals all jener, die hier friedlich demonstrieren: Die Polizei setzt Tränengas ein, um die Menschen von der Straße zu vertreiben.
Es gibt verletzte Polizeibeamte und verletzte Protestierende. Mehr als 200 Menschen wurden in den vergangenen Tagen festgenommen.
Die Polizei setzt auch gegen friedliche Demonstrierende Tränengas ein, um sie von den Straßen zu vertreiben.
Ungewisse Zukunft
Aber die Demonstrationen müssten weitergehen, bis die Regierung Neuwahlen ansetzt, sagt Physikdozentin Todua:
Die meisten sind doch hier junge Menschen, die um ihre Zukunft kämpfen. Und natürlich helfen wir ihnen. Denn wir wollen eine strahlende Zukunft für die junge Generation und für unser Land.
Doch wie diese strahlende Zukunft aussieht und wer darüber bestimmen wird - das kann derzeit niemand mit Gewissheit sagen.