Faeser bei EU-Innenministertreffen "Deutschland hat Vertrauen verspielt"
Innenministerin Faeser hat sich in Warschau mit ihren europäischen Amtskollegen getroffen. Nach der gemeinsamen Abstimmung von Union und AfD im Bundestag bekam sie viel Kritik an Deutschland zu hören.
Einen Tag nach der denkwürdigen Abstimmung im Bundestag trifft die deutsche SPD-Innenministerin Nancy Faeser in Warschau auf ihre europäischen Amtskollegen. Sie nehme wahr, Deutschland habe Vertrauen verspielt, so Faeser: "Meine europäischen Nachbarn reagieren sehr kritisch darauf. Und auch die Kritik der anderen europäischen Länder ist sehr hoch an dieser Entscheidung", sagt sie vor allem mit Blick auf die Anträge von Wahlkampfgegner Union.
Wobei die Reaktionen durchaus gemischt sind - etwa was den Plan von umfassenden Zurückweisungen an deutschen Grenzen betrifft. Österreichs Innenminister Gerhard Karner von der konservativen ÖVP sagt: "Für Europa ist es gut, dass Deutschland konsequenter und robuster wird und mehr Abschiebungen durchführt. Österreich führt im Verhältnis deutlich mehr Abschiebungen durch. Ich sage aber auch dazu: Illegale Migration wird von uns bekämpft, aber auch illegale Zurückweisungen werden bekämpft."
In anderen Worten: Sollte Deutschland in großem Stil an den Grenzen zu Österreich zurückweisen, werden diese Personen dort nicht aufgenommen.
Luxemburg klagt über Staus an den Grenzen
Auch Verlängerungen der deutschen Grenzkontrollen zu allen neun Nachbarstaaten stoßen auf teils heftige Kritik - seien es Kontrollen, die so lange stattfinden, bis der Außengrenzschutz Europas besser funktioniert, wie es Nancy Faeser plant, oder sogar permanente Kontrollen, wie von CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz in Aussicht gestellt. Luxemburg leide schon jetzt daran, erklärte Innenminister Leon Gloden: 250.000 Pendler kämen täglich über die Grenzen in das kleine EU-Land zum Arbeiten. Lange Staus begleiteten sie derzeit.
"Deshalb wird Luxemburg sich weiter dafür einsetzen, dass diese Kontrollen abgeschafft werden. Es gibt auch einen Antrag des Parlaments. Sollte Deutschland eine Verlängerung der Kontrollen beantragen, werden wir bei der EU-Kommission Einspruch erheben."
Recht dehnen, Recht aussetzen
Eine Tendenz, mit der sich alle EU-Innenministerinnen und -minister aber gemeinsam auseinandersetzen müssen ist: Immer mehr Länder wollen das EU-Recht dehnen, bis es knirscht. Die polnische Regierung hat das Asylrecht teilweise ausgesetzt, nämlich für Migranten, die aus Belarus, einem Verbündeten Russlands, an die polnische Grenze gebracht werden. Ebenso handelt Finnland. In den Niederlanden arbeitet die Regierung an einer deutlichen Verschärfung des Asylrechts und hat bereits einen Ausstieg aus dem EU-Recht in Brüssel beantragt.
Erschreckt über immer mehr nationale Alleingänge zeigt sich der spanische Innenminister Fernando Grande-Marlaska: "Wir müssen für unsere europäischen Werte kämpfen. Wir dürfen sie nicht vergessen, unsere europäischen Werte - Frieden, Demokratie, Menschenrechte - und die Zusammenarbeit und Koordination innerhalb Europas."
Neue Regeln für Abschiebungen
Die wird in Warschau weiter vorangetrieben - schließlich ist der längst beschlossene EU-Pakt für Asyl- und Migration schon mitten in der Umsetzung, so EU-Innenkommissar Magnus Brunner. "Deshalb ist der Asylpakt so wichtig. Aber dabei fehlt noch etwas, und das sind die Rückführungen. Da werden wir neue Regeln schaffen für diejenigen, die zurückgeführt werden."
Also EU-einheitliche Regeln etwa für Abschiebehaft. Für wen kommt diese in Frage? Ist die vollziehbare Ausweispflicht ein Haftgrund - und wie lange? Auch soll möglichst einheitlich geregelt werden, wohin abgeschoben werden kann. Etwa auch in einzelne Regionen Afghanistans, was vor allem die Österreicher auf EU-Eben vorantreiben.
Diese neue EU-Rückführungsrichtlinie soll von der EU-Kommission in gut einem Monat präsentiert und bis Jahresmitte umgesetzt sein.