Neue EU-Strukturpolitik Regionen haben Angst um EU-Gelder
In Brüssel geht heute das Treffen der europäischen Regional- und Kommunalpolitiker zu Ende. Dabei geht es hoch her - denn es wird befürchtet, dass strukturschwache Regionen künftig deutlich schwerer an EU-Gelder kommen werden.
Der in Medienberichten durchgesickerte Reformvorschlag sorgt für Aufsehen. Das ist verständlich, denn er würde eine radikale Neuregelung bedeuten.
So sollen die Gelder für die Regionalförderung und die Agrarhilfen, die jeweils ein Drittel des jährlichen EU-Haushalts von zuletzt rund 140 Milliarden Euro ausmachen, ab 2028 in einen Riesenfonds fließen.
Aus dem würde dann nach dem Vorbild des Corona-Wiederaufbaufonds den Mitgliedsländern eine Art Zuschuss zu ihren nationalen Haushalten überwiesen werden. Allerdings erst, wenn die jeweiligen Staaten Investitionspläne in Brüssel vorlegen, die sich an den politischen Vorgaben der EU-Kommission orientieren.
"Angriff auf Föderalismus"
Massive Kritik an diesem Vorhaben kommt nicht nur von dem Portugiesen Vasco Alves Cordeiro. Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen sagt: "Wenn diese Berichte aus den Medien stimmen, haben wir zwei große Probleme: Das erste ist, dass Regionen und Städte bei der künftigen Kohäsionspolitik ins Abseits gestellt werden. Und das ist nicht akzeptabel. Und zweitens würde damit das generelle Vertrauen in die künftige EU-Kohäsionspolitik schwer erschüttert."
Mit der europäischen Kohäsionspolitik sollen ärmere Regionen in der EU unterstützt werden, um ihren Rückstand im Vergleich zu wohlhabenderen aufzuholen.
Natürlich brauche es eine Reform dieser Regionalförderung, sagt der Europa-Staatssekretär von NRW, Mark Speich. In den Fonds liege viel Geld ungenutzt herum, etwa weil Bürokratie oft zu groß sei. Doch wenn die EU-Kommission künftig alles beispielsweise nur noch mit der Bundesregierung ausmache, sei dies ein Angriff auf den deutschen Föderalismus.
"Regionalpolitik wird damit zur Bundespolitik. Und das ist inakzeptabel", meint Speich. Das sähen nicht nur die deutschen Länder so. "Das wird in anderen europäischen Regionen ganz genauso gesehen. Es ist letztlich die Phantasie, das muss man ganz klar sagen, eines technokratischen Paternalismus." Die Kommission würde dadurch enorm an Macht gewinnen.
Sorge vor anderweitiger Nutzung der Gelder
Mit dieser Politik wolle sich die EU-Kommission bei der Agrar- und Strukturförderung aus der Verantwortung stehlen, meint Thomas Schmidt. Sachsens Staatsminister für Regionalentwicklung ist überzeugt, dass wenn es nach den Plänen der Kommission ginge, künftig auch viele Gelder anderweitig genutzt würden, die eigentlich zur Förderung gleicher Lebensbedingungen in der gesamten EU gedacht sind.
Wenn Finanzminister Christian Lindner nun schon plane, mit diesen Geldern Löcher im Bundeshaushalt zu stopfen, würde das von den deutschen Regionen und Bundesländern nicht akzeptiert werden. Der Ansatz würde zu großen Verwerfungen in den Regionen führen und zu starker Abneigung gegen die EU, meint Schmidt. "Das können wir uns einfach politisch nicht leisten."
Angesichts des massiven Widerstands der europäischen Regionalpolitiker versucht die EU-Kommission die bekanntgewordene interne Präsentation ihrer Pläne nun als unverbindliche Ideensammlung kleinzureden. Klarheit darüber, was die Kommission tatsächlich will, sollte es Mitte kommenden Jahres geben, wenn sie ihren Vorschlag für den nächsten mehrjährigen EU-Haushalt vorlegen soll.