Wieder Millionenauflage an den Kiosken "Charlie Hebdo" will zurück zum Alltag

Stand: 25.02.2015 08:43 Uhr

"Charlie Hebdo" kommt mit einem weiteren Heft zurück an die Kioske. Sieben Wochen nach dem Terroranschlag von Paris geht heute die neue Ausgabe des Satiremagazins in den Verkauf. Die Redaktion will langsam zurück zur Normalität.

Von Anne Christine Heckmann, ARD-Hörfunkstudio Paris

"Es geht wieder los" steht auf der Titelseite: "Charlie Hebdo" meldet sich zurück. Ein Hündchen mit Kulleraugen rennt mit der neuen Ausgabe im Maul davon - gejagt von einer Meute gefräßiger Köter mit bekannten Gesichtern. "Das sind alle die, die davon träumen uns zu zerreißen", sagt Chefredakteur Gérard Biard. Zu sehen sind Front-National-Chefin Marine Le Pen, Nicolas Sarkozy, ein Dschihadist, ein Banker sowie auch Journalisten.

Der Karikaturist Luz hat wieder die Titelseite gezeichnet - wie bei der ersten Ausgabe nach den Anschlägen, diesmal aber ohne Mohammed. Fast schon brav. "Es ist eine fröhliche Zeichnung, die auch was Unschuldiges hat", sagt Luz. "Ich wollte die Rückkehr der fröhlichen Kritik von 'Charlie Hebdo' zeichnen."

Fünf Wochen haben sich die Überlebenden des Anschlags eine Auszeit genommen, versucht, ihre Wunden zu heilen, die Bilder des Schreckens zu vergessen und ihre Kreativität zurück zu gewinnen. Der neue Leiter der Satirezeitung, Riss, erklärt: "Wir versuchen das Trauma zu bewältigen. Diese "Charlie"-Ausgabe markiert einen Übergang vom Schweren, Ernsthaften hin zu mehr Leichtigkeit, die wir sicher eines Tages wieder finden werden."

Leichtigkeit und Freiheit - davon spürt man wenig, wenn rund um die Uhr der Personenschutz dabei ist. Die Zeichnung von Karikaturistin Coco spricht Bände: Unter dem Titel "Die neuen Räume von 'Charlie Hebdo'" hat sie einen Bunker am Strand gemalt mit einem Sehschlitz wie bei einer Burka. Und eine Stimme aus dem Inneren sagt: Mit Meerblick."

Es sei eine beängstigende Stimmung, sagt "Charlie"-Journalist Laurent Léger. "Ständig von Polizei umgeben, das macht alles kompliziert. Andererseits machen die Anschläge von Kopenhagen klar, dass man die Sicherheitsvorkehrungen nicht einstellen kann."

Redaktion schwimmt im Geld, aber nicht im Glück

Noch genießt das Satireblatt Unterschlupf bei den Zeitungskollegen von "Liberation". So lange, bis die neuen Redaktionsräume renoviert sind. Die Stadt Paris hat sie spendiert. Und das, obwohl "Charlie Hebdo" nach der Rekordausgabe mit dem weinenden Mohammed wirklich keine Geldsorgen mehr hat. Rund 30 Millionen Euro hat Charlie kassiert  - durch Verkauf, Spenden und neue Abonnenten. Geld, das mit Bedacht eingesetzt werden solle, betont Patrick Pelloux. Der Arzt und Kolumnist bei "Charlie Hebdo" erklärt, ein Anteil werde den Familien der Opfer zugute kommen. "Und mit dem anderen Geld werden wir die Zukunft unserer Zeitung gewährleisten. Ich hoffe nur, dass soviel Geld unsere Zeitung nicht umbringt."

"Charlie Hebdo" stand früher immer am Rande des Bankrotts. Mit Geld hatte die Redaktion nie umzugehen - vielmehr mit Schulden. Die Redaktion schwimmt nun im Geld, aber nicht im Glück. "Es ist wirklich ein Fluch", sagt Luz. "Was sollen wir bloß mit so viel Geld anstellen? Wir werden uns ja keine Stifte aus Diamanten kaufen."

Die Macher von "Charlie Hebdo" tasten sich zurück in den Alltag. Von jetzt an soll die Satire-Zeitung wieder wöchentlich erscheinen. So wie früher. Auch wenn bei "Charlie Hebdo" nichts mehr wie früher ist.