
Reise in den Nahen Osten Steinmeier mahnt zum Achten des Völkerrechts
Seine Reise hätte längst stattfinden sollen, doch das Ampel-Aus kam dazwischen. Nun stand der Steinmeier-Besuch in Saudi-Arabien, Jordanien und der Türkei unter dem Eindruck von Trumps Gaza-Ideen.
Frank-Walter Steinmeier steht umringt von jungen Mädchen. Alle haben grüne Trikots an - wie die saudische Nationalmannschaft. Der Bundespräsident hat die Fußballtrainerin Monika Stab in seiner Delegation mit nach Riad gebracht. Bis vor kurzem war sie Trainerin der saudischen Fußballnationalmannschaft der Frauen. Sie hat den Frauenfußball in Saudi-Arabien mit aufgebaut. In Riad erklärt sie dem Bundespräsidenten, was sie im Wüstenstaat geschaffen hat.
Frauenfußball und Saudi-Arabien: Scheinbar passt das nicht zusammen, doch es ist ein Zeichen dafür, dass sich das Königreich langsam öffnet. Im Jahr 2034 findet hier eine Männer-Weltmeisterschaft statt. Bis dahin soll das Land auch für Touristen attraktiv werden. Geht man am Abend durch die Straßen von Riad, sieht man alle Arten von Verschleierung - aber auch Frauen, die gar kein Kopftuch mehr tragen.
Saudi-Arabien stellt sich gegen Trump
Eigentlich sollte die Reise schon im vergangenen Jahr stattfinden. Wegen des Ampel-Bruchs in Deutschland wurde sie verschoben. Der Staatsbesuch ist der erste eines Bundespräsidenten im Königreich. Jetzt kommt Steinmeier zu einem passenden Zeitpunkt. Die Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, die Palästinenser im Gazastreifen umsiedeln zu wollen, bewegt die Region.
Eigentlich hat der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman, den alle nur kurz MBS nennen, ein sehr gutes Verhältnis zum neuen US-Präsidenten. Die beiden Männer eint die Idee, Politik über Business-Deals zu verstehen. Doch bei der Frage der Umsiedlung stellt sich Saudi-Arabien gegen Trump. Mehr als zwei Millionen Menschen aus ihrer Heimat zu vertreiben, gegen die Regeln des Völkerrechts, das ist für die Saudis nur schwer vorstellbar. Diese Botschaft nimmt Steinmeier mit zur nächsten Station seiner Reise.
In der jordanischen Hauptstadt Amman trifft er König Abdullah II. Jordanien hat bereits in den vergangenen Jahrzehnten viele Palästinenser aufgenommen. Rund 50 Prozent der arabisch-stämmigen Bevölkerung hat palästinensische Wurzeln. Das birgt Konflikte. Zwar haben die Jordanier grundsätzlich Empathie für die Palästinenser, doch zusätzlich mehr als eine Million Flüchtlinge aufzunehmen, könnte das Land überfordern, so die Befürchtungen auch der Bundesregierung.
Jordanien sieht sich als erpressbar
Vor dem Termin mit dem König trifft sich Steinmeier in Amman mit Expertinnen und Experten für Jordanien. Darunter ist auch der Repräsentant der Konrad-Adenauer-Stiftung vor Ort. Edmund Ratka kennt das Land gut, seit 2020 lebt er hier. Er erklärt, warum die Trump-Pläne für Jordanien so problematisch sind. Der KAS-Büroleiter sagt, die Unterstützung des Trump-Plans wäre für den König seiner Bevölkerung nur extrem schwer zu vermitteln. Sie werde wahrgenommen als Beitrag, die palästinensische Sache, den Traum vom Palästinenserstaat endgültig zu beerdigen.
Das könne sich der König in der momentanen politischen Lage nicht leisten, in der bereits der Großteil der Bevölkerung den Kurs der jordanischen Regierung als zu konziliant gegenüber Israel empfinde. Jordanien sieht sich als erpressbar. Das Land ist abhängig von westlichen Hilfsgeldern. Europa müsse sich fragen, so Ratka weiter, ob man den König in eine Situation bringen wolle, in der er sich entscheiden müsse zwischen westlichen Hilfsgeldern einerseits oder der politisch so schwierigen Aufgabe, einen solchen Bevölkerungstransfer seiner eigenen Bevölkerung zu vermitteln.
Auch wenn Jordanien als verlässlicher Partner des Westens gilt, ist das Land eine Autokratie. Pressekonferenzen mit dem König gibt es eigentlich nicht. Umso erstaunlicher ist es, dass König Abdullah bereit ist, beim Treffen mit Steinmeier öffentlich etwas zu sagen. Die Botschaft liegt nicht im überschaubaren Inhalt, sondern in der Geste an den deutschen Gast. Jordanien braucht europäische Partner. Dafür gibt der König sogar kurz seine Skepsis gegenüber der Pressefreiheit auf.
Sorge über wachsende Islamfeindlichkeit in Deutschland
Nach dem Gespräch findet Steinmeier deutliche Worte. Er habe den Eindruck, dass es sowohl in Saudi-Arabien als auch in Jordanien Hoffnungen auf ein Ende der militärischen Auseinandersetzung gebe. Eine Lösung unter Außerachtlassung oder gar Verletzung des Völkerrechts sei aber inakzeptabel. Doch Steinmeier bekommt auch Gegenwind.
In allen drei Zielländern seiner Reise sprechen seine Gesprächspartner von ihrer Sorge über wachsende Islamfeindlichkeit in Deutschland. So auch auf der dritten Station seiner Reise: Ankara, der Hauptstadt der Türkei. Hier trifft der Bundespräsident den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Auf dem abschließenden Pressestatement sagt dieser: Die Ausländerfeindlichkeit, Rassismus, aber auch Islamfeindlichkeit nehme in Europa leider zu. Das führe auch zu Besorgnis in der türkischen Gemeinschaft.
Im Gespräch der beiden spielen aber wohl andere Dinge eine wichtigere Rolle. Neben der Frage, wie eine friedliche Zukunft für das türkische Nachbarland Syrien möglich wäre, geht es auch wieder um die Umsiedlungsfrage im Gazastreifen. Erdogan erwähnt das Thema in seinem Statement allerdings mit keinem Wort. Möglicherweise spart er sich die Worte für ein Gespräch mit US-Präsident Trump auf.