Einav Zangauker, Mutter eines als Geisel genommenen Mannes aus Israel, bei einer Kundgebung

Abkommen zwischen Israel und Hamas "Nun gibt es endlich Hoffnung"

Stand: 17.01.2025 14:43 Uhr

Nach dem Sicherheitskabinett muss noch die Regierung Israels dem Abkommen zu Waffenruhe zustimmen. Damit könnten erste Hamas-Geiseln am Sonntag freikommen. Die Bewohner in Gaza hoffen auf ein Ende der Kämpfe.

Der Deal mit der palästinensischen Terrororganisation Hamas dürfte in Kraft treten, nur der Zeitplan ist noch nicht ganz klar. Nach der Unsicherheit der letzten Stunden hat nun das israelische Sicherheitskabinett dem Abkommen mit der Hamas für eine Waffenruhe im Gazastreifen und den Austausch von Geiseln gegen palästinensische Häftlinge zugestimmt.

Das teilte das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mit. Die Vereinbarung muss noch vom größeren Regierungskabinett abgesegnet werden. Auch hier wird eine Zustimmung erwartet.

Aus dem Büro von Ministerpräsident Netanjahu hieß es zuvor, die ersten israelischen Geiseln sollen am Sonntag freikommen. 

USA machen Druck

Gestern war das noch weniger sicher. In Katars Hauptstadt Doha mussten die Unterhändler über letzte Details sprechen. Zudem lehnten Teile der israelischen Regierung selbst den Deal ab. Mit Bezalel Smotrich, dem rechtsextremen Finanzminister, musste sich Regierungschef Netanjahu insgesamt sechs Mal treffen, um ihn dazu zu bringen, in der Koalition zu bleiben.

Polizeiminister Itamar Ben Gvir hingegen hatte erklärt, seine Abgeordneten würden die Regierung verlassen, sobald der Deal in Kraft tritt. Und gleichzeitig ließ er sich eine Hintertür offen. Er habe dem Premierminister vorgeschlagen, in die Regierung zurückzukehren, falls der Kampf gegen die Hamas weitergehe und die Kriegsziele wieder in Angriff genommen werden.

Druck, den Zeitplan einzuhalten, gab es auch noch mal aus den USA. Der künftige US-Präsident Donald Trump, der am Montag als neuer Staatschef vereidigt wird, sagte in einem US-Podcast, dass der Geisel-Deal besser vor seiner Amtseinführung in Kraft treten sollte. Auch die Angehörigen der Geiseln haben heute noch einmal in Tel Aviv demonstriert.

Nichts darf diese Chance zunichte machen"

Einav Zangauker wartet seit über 15 Monaten auf die Rückkehr ihres verschleppten Sohnes. "Nun gibt es endlich Hoffnung. Ich bin so nah wie nie daran, meinen Sohn wieder zu umarmen", sagte sie auf einer Demonstration in Tel Aviv. "Das dürfen wir nicht verpassen. Nichts darf diese Chance zunichte machen."

Dies sei für die israelische Öffentlichkeit der Moment der Wahrheit. Diese solle dafür zu sorgen, dass die Regierung alle Schritte der Vereinbarung umsetzt, damit alle entführten Verwandte und Angehörige nach Hause zurückkehren könnten, forderte sie.

Sorge um Zustand der Geiseln

In Israel laufen derweil die Vorbereitungen für die Versorgung der freigelassenen Geiseln. Sie sollen weitgehend von der Öffentlichkeit abgeschottet werden. Das geschehe auch deshalb, weil viele von ihnen wahrscheinlich in keinem guten Zustand sein werden, sagte Hagar Mizrahi vom Gesundheitsministerium der Nachrichtenagentur AP.

"Die größte Sorge ist die lange Zeit", sagte Mizrahi. Es seien 468 Tage in Gefangenschaft unter sehr schlechten Bedingungen gewesen. Es herrsche ein Mangel an Nahrung und Hygiene in Gaza. "Es wird Probleme geben, zum Beispiel mit dem Flüssigkeitshaushalt." Die Krankenhäuser seien dennoch gut darauf vorbereitet.

Auch auf palästinensischer Seite laufen Vorbereitungen für die Aufnahme von Gefangenen, die aus israelischen Gefängnissen im Zuge des Deals freikommen. Mehr als 1.000 sollen es sein. Über die Namen war bis zuletzt verhandelt worden.  

Karte: Gazastreifen, dunkle Flächen: besiedelte Gebiete, Schraffur: militärische Aktivitäten Israels

Dunkle Flächen: besiedelte Gebiete, Schraffur: militärische Aktivitäten Israels

"Wir leiden wirklich sehr"

Nachdem es zuletzt noch einmal heftige Angriffe der israelischen Luftwaffe auf Ziele im Gazastreifen gab, hoffen die Menschen dort auf ein Ende der Kämpfe. "Wir bitten Gott, dass die Waffenruhe kommt, denn die Menschen sind wirklich müde von diesem Leben mit dem Sterben und der Zerstörung", sagte Jomaa Abed Al-Aal, ein Mann aus Chan Yunis, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. "Das ist eine unerträgliche Hölle, auch für die Kinder. Psychologisch und auch wirtschaftlich, auf vielen Ebenen. Wir leiden wirklich sehr."

Völlig offen ist noch die Frage, ob der Krieg in Gaza nach der ersten Phase der Waffenruhe weitergeht. Da Teile der israelischen Regierung genau das fordern, wäre das nicht unwahrscheinlich. Für die Geiseln, die noch in der Gewalt der Hamas sind, und die Menschen in Gaza wäre das eine Katastrophe.  

Jan-Christoph Kitzler, ARD Tel Aviv, tagesschau, 17.01.2025 12:38 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 17. Januar 2025 um 12:00 Uhr.