Gaza-Abkommen Keine guten Voraussetzungen
In der Koalition des israelischen Regierungschefs Netanjahu ist der Widerstand enorm und der Terrororganisation Hamas ist nicht zu trauen. Dass die Waffenruhe Bestand haben wird, ist schwer vorstellbar.
Es fällt einem schwer, daran zu glauben, dass diese Waffenruhe - sofern sie Sonntagmittag wirklich in Kraft tritt - Bestand haben wird. Zu groß war der Hass zwischen den Kriegsparteien in den vergangenen 15 Monaten, zu groß ist das Maß an Tod, an Zerstörung, an Feindschaft. Kann das wirklich mit einer Vereinbarung - nicht vergessen gemacht, aber zumindest für den Moment weggewischt werden?
Zweifel sind berechtigt, zumal die wesentlichen Kriegsziele beider Parteien nicht erreicht worden sind und beide Seiten intern unter erheblichem Druck stehen, Erfolge vorzuweisen, am Ende als Sieger dazustehen.
Netanjahu hat sich weit aus dem Fenster gelehnt
Die Stolpersteine auf dem Weg dorthin sind enorm. In Israel müssen verschiedene Institutionen der Waffenruhe erst einmal zustimmen. Und der Widerstand in Premier Netanjahus eigenen Reihen ist enorm. Es sind die Hardliner im eigenen Regierungsbündnis, die den Krieg erklärtermaßen fortsetzen wollen, um ihre Kriegsziele mit möglichst großer militärischer Kraft und Gewalt zu erreichen. Benjamin Netanjahu hat sich - was die Zerschlagung der Hamas anbelangt - vom ersten Tag des Krieges an weit aus dem Fenster gelehnt. Und um es klar zu sagen: Die Waffenruhe, gar ein Waffenstillstand stehen dem diametral entgegen.
Und die Hamas? Kann man dieser Terrororganisation trauen? Sicher nicht. Schon bei der ersten Waffenruhe im November 2023 war es der Hamas nur darum gegangen, sich als Kriegspartei international darzustellen. Sich gönnerhaft und vermeintlich menschlich zu zeigen bei der Geiselbefreiung, um so die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Das war das klare Kalkül des damaligen, inzwischen toten Hamas-Chefs Jahia Sinwar.
Der größte Stolperstein auf dem Weg zu einem Waffenstillstand liegt aber in der Vereinbarung selbst. Denn die nächsten Phasen der Waffenruhe sollen inmitten einer mehr oder weniger brüchigen Feuerpause ausgehandelt werden. Mit Blick auf die vergangenen 15 Monate und den Verlauf dieses Krieges kann man kaum davon ausgehen, dass dies am Ende gelingen wird.
Druck von innen, den Krieg fortzusetzen
Dieses Abkommen sieht zwar eine vorübergehende Einstellung der Feuergefechte vor, aber nicht das Ende des Krieges. Sowohl Israel als auch Hamas werden während der ersten Phase der Vereinbarung ihre militärische Präsenz in Gaza weithin unverändert aufrechterhalten. Das zeigt die Skepsis auf beiden Seiten, und es eröffnet beiden Kriegsparteien die Möglichkeit, die Kämpfe sehr schnell wieder aufzunehmen.
Die vorliegende Vereinbarung zwischen Israel und der Hamas ist ein erster, sehr fragiler Schritt auf einem sehr unwegsamen Pfad voller Stolpersteine. Der Druck von außen, endlich den Krieg zu beenden, ist enorm. Nicht minder groß ist der Druck von innen, den Krieg gegen den verhassten Gegner fortzusetzen.
Keine guten Voraussetzungen für eine Waffenruhe, aus der erklärtermaßen ja mehr werden soll: ein Waffenstillstand, ein Ende des Gaza-Krieges. Es wäre den Geiseln und der geschundenen Zivilbevölkerung in Gaza, die schon jetzt die Verliererin dieses maßlosen Krieges ist, zu wünschen.