Unterstützer der israelischen Geiseln reagieren auf Nachrichten über die Geisel-Freilassung.

Krieg in Nahost Hamas und Israel einig bei Waffenruhe und Geiseldeal

Stand: 15.01.2025 20:57 Uhr

Israel und die radikal-islamische Hamas haben eine Vereinbarung über eine Feuerpause im Krieg in Gaza erzielt. 33 Geiseln der Hamas sollen im Austausch für palästinensische Häftlinge freikommen. Laut Israel sind aber noch Einzelheiten zu klären.

Israel und die radikal-islamische Hamas haben sich auf eine Waffenruhe im Gazastreifen und die Freilassung von Geiseln im Austausch für palästinensische Gefangene aus israelischer Haft geeinigt. Das bestätigte Katars Ministerpräsident Mohammed bin Abdulrahman Al Thani. Vermittler hatten über mehrere Wochen in der katarischen Hauptstadt Doha verhandelt.

Auch der scheidende US-Präsident Joe Biden bestätigte die Einigung. Die USA seien entschlossen, alle Geiseln nach Hause zu holen. Biden sagte, er sei "begeistert" über die Vereinbarung.

Einigung auf eine offenbar mehrstufige Waffenruhe und Freilassung von Geiseln im Nahen Osten

Jörg Poppendieck, ARD Tel Aviv, tagesschau, 15.01.2025 20:00 Uhr

Feuerpause ab dem 19. Januar

Nach Angaben aus Katar soll es zunächst eine Waffenruhe von sechs Wochen Dauer geben. Sie soll am kommenden Sonntag in Kraft treten, einen Tag vor der Amtsübernahme Donald Trumps in den USA. Das israelische Militär solle sich schrittweise aus dem Gazastreifen zurückziehen.

Es ist die erste Vereinbarung dieser Art seit einer Feuerpause vor mehr als einem Jahr. "Wir rufen heute zur Ruhe auf bis zur Umsetzung", sagte Al Thani.

Weibliche Geiseln und Minderjährige zuerst

33 Geiseln sollen aus der Gewalt der Hamas freikommen. Darunter seien alle festgehaltenen Frauen, Kinder und Männer über 50 sowie Verwundete. Die Hamas werde zuerst weibliche Geiseln - Zivilistinnen und Soldatinnen - und Minderjährige unter 19 Jahren freilassen, danach Männer über 50 Jahre.

Israel werde für jede zivile Geisel 30 palästinensische Gefangene aus israelischer Haft entlassen. Für jede israelische Soldatin, die in der Gewalt der Hamas sei, würden 50 palästinensische Gefangene freikommen.

Beim Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 wurden 251 Geiseln aus Israel in den Gazastreifen verschleppt. 94 von ihnen sollen sich nach wie vor im Gazastreifen befinden, 34 von ihnen sind laut der israelischen Armee bereits tot. Aus dem Auswärtigen Amt in Berlin heißt es, unter den Geiseln sei auch eine "niedrige zweistellige Anzahl von Personen mit Deutschlandbezug".

Israel sieht Details noch ungeklärt

Al Thani zufolge sind in der Vereinbarung drei Phasen vorgesehen. In der zweiten Phase dürfte es um die Freilassung der übrigen Geiseln gehen und um den weiteren Rückzug der israelischen Armee. Darüber soll laut Medienberichten aber erst ab dem 16. Tag nach Inkrafttreten der Waffenruhe verhandelt werden. Einem CNN-Bericht zufolge soll es bei den Verhandlungen über die zweite Phase auch um ein Ende des Krieges gehen.

Israel erklärte, dass noch einzelne Punkte des Abkommens geklärt werden müssten. "Mehrere Klauseln des Rahmens sind noch offen", erklärte das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Israel hoffe, dass die Details in der Nacht zu Donnerstag geklärt werden könnten.

Das Abkommen braucht noch die Zustimmung des israelischen Sicherheitskabinetts und der israelischen Regierung. Israelischen Medien zufolge soll das Parlament um 11.00 Uhr Ortszeit (10.00 Uhr/MEZ) am Donnerstag zusammentreten, um dem Deal zuzustimmen. Unmittelbar danach soll auch die Regierung zusammenkommen.

Jubel im Gazastreifen und in Tel Aviv

Die Nachricht von der Einigung löste sowohl in Israel als auch in dem Palästinensergebiet Jubel aus. Tausende Menschen im Gazastreifen versammelten sich in Gruppen auf den Straßen um zu feiern, wie Reporter der Nachrichtenagentur AFP aus Deir al-Balah im Zentrum des Palästinensergebietes und anderen Gegenden berichteten. Die Menschen tanzten, umarmten einander und fotografierten sich, um den besonderen Moment festzuhalten.

In Israel fielen sich Angehörige und weitere Unterstützer der Geiseln in die Arme. Hunderte hatten sich vor dem Hauptsitz der Armee in Tel Aviv versammelt.

Neue Verhandlungen liefen seit Jahresbeginn

Katar hatte seit Monaten gemeinsam mit den USA und Ägypten versucht, eine Vereinbarung in dem seit rund 15 Monaten andauernden Krieg zu erreichen. Anfang Januar wurden die Gespräche in Doha wieder aufgenommen.

In den vergangenen Tagen liefen intensive Verhandlungen. Ein Streitpunkt war, wie die humanitäre Hilfe künftig koordiniert werden kann. Und wie die Rückkehr der Menschen aus dem Süden des Gazastreifens in den Norden überwacht werden kann. Das sollen jetzt Mediatoren aus Ägypten und Katar übernehmen.

Blick auf beschädigte Gebäude im nördlichen Gazastreifen.

Blick auf beschädigte Gebäude im nördlichen Gazastreifen.

Relativ kurz vor der Amtsübernahme von Donald Trump in den USA war Bewegung in die seit Monaten festgefahrenen Verhandlungen gekommen ist. Trump hatte der Hamas massiv gedroht und gesagt, im Nahen Osten werde "die Hölle losbrechen", wenn die Geiseln nicht bis zu seiner Amtseinführung am 20. Januar frei seien. Trump begrüßte die Einigung und sagte in seinem Onlinedienst Truth Social, die Geiseln würden bald freikommen.

Bidens Regierung hatte sich in den vergangenen Wochen intensiv um eine Einigung bemüht. Biden sprach mit Israels Premier Netanjahu sowie mit der katarischen Führung. "Dieser Deal wird die Kämpfe im Gazastreifen stoppen, stark benötigte humanitäre Hilfe für palästinensische Zivilisten anschwellen lassen und die Geiseln nach mehr als 15 Monaten Gefangenschaft mit ihren Familien vereinen", sagte Biden nach der Einigung.

Mit Informationen von Nina Amin, ARD-Studio Kairo

Nina Amin, ARD Kairo, tagesschau, 15.01.2025 18:55 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 15. Januar 2025 um 18:00 Uhr.