
Stichwahl in Ecuador Löst eine Linke den Hardliner-Präsidenten ab?
Ecuadors junger Präsident Noboa setzt auf eine harte Hand gegen die Drogenkartelle, doch die Gewalt hält an. Nun könnte die Linke zurück an die Macht kommen. Eindrücke aus einem polarisierten Land.
Am Wochenende vor der Stichwahl in Ecuador schreitet Erik Prince, Gründer der umstrittenen US-Sicherheitsfirma Blackwater, mit entschlossenem Blick durch den Süden der ecuadorianischen Millionenstadt Guayaquil. "Wir sind hier, um zu helfen, die Narco-Gangs zu bekämpfen", verkündet er vor Journalisten und Kameras.
Häuser werden gestürmt, Razzien gemacht, Drogen sichergestellt. 650 Polizisten und Militärs begleiten ihn, dazu der Sicherheitsminister. Von einer "strategischen Allianz" sprach die Regierung von Daniel Noboa. Nun macht Prince macht Wahlkampf für den Präsidenten.
Am Sonntag könnten sich die Menschen in Ecuador für Recht und Ordnung entscheiden und Noboa wählen - oder sie könnten Ecuador wie Venezuela aussehen lassen, erklärte der US-Amerikaner: "Ein Narco-Staat mit massivem Drogenhandel, Kriminalität, Sozialismus und der damit verbundenen Verzweiflung."
Schulterschluss mit Trump-Vertrautem
Der Schulterschluss mit dem Trump-Vertrauten Prince, dessen Söldner 2007 im Irak unbewaffnete Zivilisten töteten, soll kurz vor Urnengang noch mal zeigen: Noboa zeigt harte Hand im Kampf gegen die Drogenkartelle und Gangs, die das früher vergleichsweise ruhige Ecuador in das Land Südamerikas mit den höchsten Mordraten verwandelt haben.
Man könne nicht mehr sicher auf die Straße gehen, sagt der Malermeister William Coveda. "Gangster, die aus Mexiko kommen, verbreiten Angst und Panik bei uns guten Bürgern." Er erzählt, wie er neulich im Taxi Opfer einer sogenannten "Express-Entführung" wurde. Zwei Männer stiegen recht und links neben ihm ein, zwangen ihn, ihnen 5.000 Dollar aufs Konto zu überweisen. Offizielle Zahlen bestätigen: Solche Fälle haben zugenommen, genauso wie Erpressungen.
Nun steht Covedo vor dem Stadion in Guayaquil, in dem die Abschlusskundgebung Noboas stattfindet und schwenkt eine lebensgroße Pappfigur des Präsidenten, der zu Reggaeton-Musik auf die Bühne tritt. "Ecuador hat bereits einen Präsidenten", ruft er in die vollbesetzte Arena Coliseo Voltaire Paladines. "Ecuador hat bereits einen Kämpfer: Daniel Noboa, Präsident für die Amtszeit 2025 bis 2029!"
Junger Präsident, alte Probleme
Noboa, 37 Jahre jung und Sohn eines steinreichen Bananenunternehmers, gewann 2023 überraschend vorgezogene Wahlen. Er rief einen internen Krieg gegen die sogenannten Narco-Terroristen aus, schickte das Militär auf die Straßen. Die Bilanz ist ernüchternd: Der vergangene Januar war der blutigste in der Geschichte des Landes, Menschenrechtler kritisieren Missbrauch durch die Sicherheitskräfte.
Und auch mit der Wirtschaft geht es nicht voran, Stromausfälle legten das Land lahm, Jobs und Perspektiven fehlen, vor allem auf dem Land.
Und deswegen hat die Kichwa-Indigene Ana Greppa nun genug von Noboa. "Wenn er alles richtig gemacht hätte, müsste er jetzt nicht ständig einen Medienrummel inszenieren mit Kniefall vor Trump machen", sagt sie. Es brauche einen tiefgreifenden Wandel, mehr Sozialleistungen, bessere Bildung und Gesundheitsvorsorge, auch auf dem Land. "Ich stimme für Luisa Gonzalez, weil sie eine revolutionäre Frau ist, alleinerziehende Mutter wie ich. Eine, die weiß, was es bedeutet zu kämpfen."
Rückkehr des Correismo?
Frieden und soziale Gerechtigkeit statt Krieg, verspricht Gonzalez. Die 47-jährige Linke verlor 2023 knapp gegen Noboa. Nun liegt sie gleichauf. Noboa setze einzig auf eine Politik der Angst, ruft sie beim Abschlussevent ihrer Kampagne, ebenfalls in Guayaquil und ebenfalls vor großer Menschenmenge: "Kein Hass mehr, keine Konfrontation! Wir brauchen keine Söldnerarmeen oder Mörder. Wir haben selber Kapazität. Was fehlt, ist Führung."
Ihr politischer Ziehvater ist Rafael Correa - und das ist Fluch und Segen zugleich. Der Ex-Präsident, der im Exil lebt und in Abwesenheit wegen Korruption verurteilt wurde, polarisiert das Land wie kein anderer. Für die einen steht er für eine goldene Zeit. Ecuador erlebte damals, ab 2007 einen Boom, gestützt auf Öleinnahmen. Die Armut sank.
Für andere ist Correa ein autoritärer, korrupter Caudillo, der mit der Mafia paktierte. Sie fürchten, er könne zurückkommen, sollte Gonzalez gewinnen.
Entscheidend wird sein, wohin die Stimmen des Drittplatzierten aus der ersten Runde gehen, sagt Leonidas Iza, der dem einflussreichen Dachverband der Indigenen vorsteht. Und der hat sich bereits klar positioniert. "Nicht eine Stimmen für Rechts". Noboa habe eine aggressive Politik gegenüber den Indigenen betrieben. Zwar distanziert er sich auch von der Regierung Correa - damals kam es immer wieder zu Konflikten, weil der linke Ex-Präsident, genau wie heute Noboa, die Ölförderung am Amazonas weiter vorantrieb. "Aber wir glauben, dass Luisa Gonzalez Unabhängigkeit vom Regierungsstil Coreas erlangen kann."
Ob sich die Rückendeckung auch in Wahlstimmen niederschlägt, ist damit noch nicht gesagt. Erwartet wird ein knappes Rennen. Beide Kandidaten haben bereits Vorwürfe geäußert, die andere Seite könnte das Ergebnis manipulieren.
