Weltglücksbericht 2024 Finnland bleibt glücklichstes Land
Finnland wird zum siebten Mal in Folge als glücklichstes Land der Welt gekürt. Während die skandinavischen Länder das Ranking anführen, rutscht Deutschland weiter ab. Was ist das Glücksgeheimnis der Finnen?
Die glücklichsten Menschen der Erde leben weit oben im Norden. Zum siebten Mal in Folge ist Finnland das Land mit der glücklichsten Bevölkerung der Welt, wie aus dem jährlich erscheinenden Weltglücksbericht hervorgeht. Danach besetzen die Spitzenplätze erneut weitgehend nördliche Länder.
Auf Finnland folgten Dänemark, Island, Schweden und Israel. Deutschland hingegen machte einen deutlichen Satz nach unten und rutschte von Platz 16 auf Platz 24. Insgesamt umfasst das Ranking 143 Länder. In dem Bericht betrachteten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Zeitraum zwischen 2021 und 2023.
Bewertet wurden dabei subjektive Einschätzungen des eigenen Lebens der im Land wohnhaften Bevölkerung. Die weltweite Ungleichheit des Glücklichseins hat in den vergangenen zwölf Jahren in allen Regionen und Altersgruppen um mehr als zwanzig Prozent zugenommen. Das unglücklichste Land ist laut dem Weltglücksbericht Afghanistan. Zwischen dem Land der glücklichsten Menschen, Finnland (7,7), und dem unglücklichsten Land Afghanistan (1,7) liegen danach etwa sechs Punkte Unterschied auf der durchschnittlichen Glücksskala von 0 bis 10. Deutschland kommt in der Skala auf einen Wert von 6,7; im Weltglücksbericht von 2023 lag der noch bei 6,9.
Weltglücksbericht 2024 | ||
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1. Finnland | ||
2. Dänemark | ||
3. Island | ||
4. Schweden | ||
5. Israel | ||
(...) | ||
24. Deutschland | ||
(...) | ||
143. Afghanistan |
Große Zufriedenheit im Norden
Wie schaffen es die Nordlichter also, Jahr für Jahr so glücklich zu sein - und zu bleiben? "Was alle skandinavischen oder nordischen Länder quasi gemeinsam haben: Sie haben sehr kleine Bevölkerungen, die sehr bodenständig sind", sagt Catarina Lachmund der Nachrichtenagentur dpa. Sie ist Senior Analystin im Institut für Glücksforschung in Dänemark. Definieren könne man das Glücklichsein als Zufriedenheit.
In Finnland beginnt das schon in den Schulen. In allen finnischen Bildungseinrichtungen stehen emotionale Fähigkeiten mit auf dem Lehrplan. In manchen Schulen sogar als eigenständiges Unterrichtsfach, wie in der Kilteri-Schule in Vantaa. Hier suchen Siebtklässler etwa gemeinsam nach passenden Wörtern für gute und schlechte Gefühle, erklärt Lehrerin Annika Lehikoinen: "Jugendliche sind sehr emotional, und sie lernen, dass es in Ordnung ist, alle Gefühle zu empfinden. Es ist sehr wichtig, dass sie verstehen: Auch wenn ich negative Gefühle habe, muss ich jedem Menschen mit Wertschätzung begegnen. Wo kann man das besser lernen als in der Schule?"
Kommunikation oder Teamfähigkeit - das sind Kompetenzen, die die Kinder in der Schule erwerben sollen. Sie sollen erst gar nicht in einen negativen Strudel geraten, der im schlechtesten Fall in einer psychischen Erkrankung endet. Doch auch wenn es mal nicht rund läuft im Leben, gibt es Hilfe auf eine Art und Weise, die lange einzigartig war. Ein Beispiel: Obdachlose sollen weg von der Straße. Bis 2027 will man so weit sein, hat die Politik beschlossen. "Housing First" heißt das Konzept, also erst ein Zuhause bekommen und dann behutsam wieder Teil der Gesellschaft werden.
Menschen im Mittelpunkt
Dass der Mensch im Mittelpunkt steht - das ist ein wichtiger Bestandteil der finnischen Kultur, sagt auch John Helliwell. Er ist einer der Forscher, die am Weltglücksreport arbeiten. Die eigene Zufriedenheit hänge in Finnland stark mit der Zufriedenheit anderer zusammen, sagt der kanadische Ökonom. "Die Finnen vertrauen einander, sie kümmern sich umeinander. Und sie haben ein sehr hohes Maß an Chancengleichheit in Bezug auf Bildung, Gesundheit und soziales Ansehen. Finnen vergleichen sich weniger, stehen nicht so im Wettbewerb zueinander wie Menschen in vielen anderen Ländern."
Es gehe nicht unbedingt darum, dass Finnland die meisten übermäßig glücklichen Menschen habe, sondern eher, dass es in Finnland nur sehr wenige extrem unglückliche Menschen gebe, sagt der finnische Psychologe Frank Martela. Das trage auch dazu bei, dass sich die Menschen weniger mit anderen vergleichen würden. Gerade dieser Ausgleich mache einen Unterschied.
Eine finnische Volksweisheit besagt: Man muss nicht neidisch sein. Denn auch wenn ein anderer etwas Besonderes hat oder kann: Mir fehlt trotzdem nichts, er hat es mir schließlich nicht weggenommen. "Was sie [die Finnen] wirklich auszeichnet, ist die soziale Unterstützung und das Vertrauen", sagt Jan-Emmanuel De Neve, einer der Autoren des Weltglücksberichts. Dabei ginge es besonders um sozialen Zusammenhalt. "Wenn es um Freunde geht, auf die man sich verlassen kann, um den Staat, auf den man sich in Notzeiten verlassen kann - sie vertrauen einander."
Vertrauen in unterstützende Institutionen
Und ebendieses Vertrauen hegen die Menschen aus dem Norden zu großen Teilen auch in ihre Regierung und Institutionen. Nicht zuletzt durch eine ruhige Art. "Das Abwarten möchte ich es nennen. Jetzt gucken wir uns das erst mal in aller Ruhe an, trinken erst mal einen Kaffee und essen eine Zimtschnecke. Und dann machen wir einen Beschluss, der von der Mehrheit der Bevölkerung gedeckt ist", beschreibt Lachmund die nordische Ruhe. "Ein Faktor ist, dass die Regierung effektiv funktioniert, aber vor allem, dass sie tatsächlich in der Lage ist, für die Bürger da zu sein, meint Psychologe Martela.
Insgesamt hat sich in der Rangliste der glücklichsten Länder besonders im Mittelfeld einiges verändert. Deutschland rutschte um acht Plätze nach unten ab. Die Lebensbewertung oder die Lebensqualität, wie sie die Menschen in Deutschland erleben, ist also diesmal etwas niedriger als im Vorjahr. In der Auflistung gehören die größten Länder nicht mehr zu den glücklichsten 20 - auch für die USA ging es nach unten: Platz 23 statt zuletzt Platz 15.
"In anderen Ländern ist sie die Lebensbewertung gestiegen, vor allem in Mittel- und Osteuropa, und die haben die dadurch offensichtlich aus den Top 20 verdrängt", bewertet De Neve die Verschiebungen. Besonders Länder wie Litauen, Slowenien und Tschechien hätten an Zufriedenheit zugelegt. Um die nordischen Staaten vom Thron zu stoßen, braucht es vermutlich noch einiges mehr an Veränderung. "Ich würde hoffen, dass der Grund dafür, dass die skandinavischen Länder irgendwann die Spitzenposition verlieren, darin liegt, dass andere Länder hier besser geworden sind", sagt Martela. Ihm zufolge können sich die anderen Länder dazu nur etwas aus dem Norden abschauen.
Mit Informationen von Sofie Donges, ARD-Studio Stockholm