Ein Gewöhnlicher Regenwurm (Lumbricus terrestris) ist auf Gras zu sehen.

Artenvielfalt Regenwürmer lieben Blühstreifen

Stand: 25.01.2025 12:19 Uhr

Mehrjährige Blühstreifen an Äckern fördern nicht nur die oberirdische Artenvielfalt. Auch Lebewesen unter der Erde profitieren davon: Dort leben dreimal so viele Regenwürmer wie in angrenzenden Ackerflächen.

Von Anna Dannecker, BR

Blühstreifen werden die schmalen Streifen an Feldrändern genannt, die meist mit verschiedenen blühenden Pflanzenarten eingesät sind. Rund ein Prozent der Ackerfläche in Deutschland machen sie mittlerweile aus. Dass zum Beispiel Insekten und kleinere Säugetiere von den besonderen Flächen profitieren, ist wissenschaftlich gut belegt. Weitgehend unbekannt war jedoch das Ausmaß, indem mehrjährige Blühstreifen die Artenvielfalt auch unter der Erde fördern.

Regenwürmer erfüllen wichtige Aufgaben für Boden und Pflanzen

Ein Team aus Wissenschaftlern um Lukas Beule vom Julius Kühn-Institut hat das nun untersucht. Im Fokus: Regenwürmer. Denn Regenwürmer gelten mit ihren wichtigen Aufgaben als "Ökosystem-Ingenieure" - sie durchlockern, durchwässern und durchlüften den Boden. Außerdem durchmischen die Regenwürmer die verschiedenen Bodenschichten und verteilen Nährstoffe für Pflanzen und andere Organismen. "Sie bilden ganz aktiv den Lebensraum, der dann für die anderen Arten genutzt werden kann", erklärt der Ökologe Malte Jochum von der Universität Würzburg.

 

Regenwürmer mit Senföl an die Oberfläche getrieben

Lukas Beule hat mit seinem Team verglichen, wie häufig Regenwürmer unter mehrjährigen Blühstreifen vorkommen und wie häufig unter Äckern, die mit Wintergetreide und Winterraps bepflanzt sind. Da Regenwürmer metertief unter der Erdoberfläche vergraben sein können, hat sich der Wissenschaftler eines speziellen Mittels bedient: Senföl.

"Das Öl reizt die Haut der Regenwürmer. Das führt dazu, dass sie schnellstmöglich an die Bodenoberfläche gelangen", erklärt er. Die Forschergruppe des Julius Kühn-Instituts konnte die Regenwürmer dann sammeln, das Senföl gründlich abspülen, die Würmer wiegen und die genaue Art bestimmen. Auf insgesamt 46 Flächen in sechs deutschen Bundesländern sind so 7.526 Regenwürmer zusammengekommen. Sie wurden nach der Analyse wieder freigelassen.

Dreimal so viele Regenwürmer in Blühstreifen wie in Äckern

"Wir hatten durchschnittlich mehr als dreimal so viele Regenwürmer unter mehrjährigen Blühstreifen als auf angrenzendem Acker", berichtet der Ökologe Beule. Darüber hinaus beherbergen die untersuchten Blühstreifen auch mehr Regenwurmarten. Regenwürmer profitieren also in besonderem Maß von Blühstreifen.

Denn gerade wenn Blühstreifen über mehrere Jahre nicht umgegraben werden, bieten sie mehr Nahrung für die Würmer, die sich dann besser vermehren. Ein "tolles Ergebnis", meint auch der Würzburger Ökologe Jochum. Gerade, weil das unterirdische Boden-Biodiversitäts-Monitoring noch lange nicht vollständig entwickelt sei. Besonders im Vergleich zu dem, was bislang oberirdisch bekannt ist. "Diese Art von ober- und unterirdischer Wechselwirkung und Abhängigkeit ist immer noch sehr wenig erforscht", sagt Jochum.

Helodrilus bavaricus

Eine neue Regenwurmart wurde entdeckt: Helodrilus bavaricus

Das Leben im Boden birgt also durchaus noch Überraschungen: Erst im Januar wurde in Bayern eine neue Regenwurmart bestimmt: der wenige Zentimeter große, blassrosa Helodrilus bavaricus.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 15. Januar 2025 um 16:41 Uhr.