Berufe im Klimawandel Pflegeheime bei Hitze am Limit
Für alte Menschen kann Hitze tödlich sein. Der Deutsche Wetterdienst gibt daher Warnungen speziell für Pflegeheime heraus. Für die bedeutet das: erhöhter Einsatz, Wachsamkeit - und am besten eine Klimaanlage.
Speyer ist eine der heißesten Städte Deutschlands. Hier steht das Pflegeheim "Am Adenauerpark" nicht weit vom Bahnhof in der Innenstadt mit großem Garten drumherum. In Zeiten der Klimakrise steht das Familienunternehmen vor der Aufgabe, seine Bewohnenden gesund durch die Hitze zu bringen.
Dabei geht es nicht nur um zu hohe Temperaturen. Allein die häufiger werdenden Wetterwechsel und heraufziehenden Unwetter setzen den alten Menschen sehr zu. Frau Mayer aus dem dritten Stock klagt dann zum Beispiel über "so eine innere Unruhe und eine unangenehme Empfindlichkeit".
Folgen der Hitze bei alten Menschen stärker
Die Körper von alten Menschen regulieren sich nicht mehr gut. In der Folge nehmen Kreislauf-Erkrankungen oder zumindest Schwindel zu. Auch bei Mitarbeitenden, erklärt Geschäftsführer Michael Handermann. Bei denen hilft vorübergehend: Füße hoch.
Die alten Menschen dagegen brauchen oft mehr - besonders bei Hitze. In erster Linie geht es darum, mehr zu trinken. Die Bewohnerinnen und Bewohner müssen ständig beobachtet und angesprochen werden. Zumal die Zahl der Demenzkranken zugenommen habe, sagt Geschäftsführerin Franziska Heidweiler. Sie könnten oft nicht mehr handeln, wie sie es empfinden: "Die machen dann die Rollläden wieder hoch, drehen teilweise noch die Heizung auf. Viele ziehen sich auch im Sommer noch mit Strickweste an."
Bei Ausflügen achtet das Pflegepersonal jetzt verstärkt darauf, dass alle ausreichend und dauerhaft Sonnenschutz tragen und sich im Schatten aufhalten.
Hitzewochen sind Großkampfwochen
Die Pflegekräfte müssen also noch wachsamer sein als sonst. Vor allem, wenn es ums Trinken geht: Da bleibe es oft nicht beim Zureden, sondern das Personal unterstütze auch beim Laufen zur Toilette und führe Buch über die "Ein- und Ausfuhr", erklärt die Geschäftsführerin.
Das ist auch körperlich anstrengend. Wenn die Bewohnenden trotzdem dehydrieren, muss das Personal auch lebensrettend eingreifen: "Die Betroffenen sind dann oft schon nicht mehr ansprechbar." Die Pflegekräfte regeln dann mit dem Arzt, welche Schritte eingeleitet werden können und auch dürfen. Gegebenenfalls wird subkutan - also über das Unterhautfettgewebe - eine Infusion verabreicht.
Keine finanziellen Mittel für eine feste Klimaanlage
Eine Klimaanlage ist für das private Pflegeheim in Speyer mit den entsprechenden Stromkosten nicht leistbar. Es sei auf die Vergütung von den Krankenkassen angewiesen und die preise die Klimakrise nicht mit ein, sagt Geschäftsführerin Heidweiler: "Die hat da keinen Vorrang."
Eine Solaranlage auf dem Dach könnte bei den entstehenden Kosten unterstützen, wäre jedoch Aufgabe des Vermieters des gepachteten Hauses. Doch der hält sich zurück. Die Geschäftsführung des Heimes damit auch: "So einen Pachtvertrag geht meistens über zehn Jahre. Da ist es schwierig zu investieren, ohne dass sich das in der Zeit amortisiert. Und wenn der Vertrag nicht verlängert wird, muss man alles wieder zurückbauen."
Kühlung durch mobile Klimageräte als Alternative
Daher wird das Pflegeheim in Speyer in diesem Sommer einige mobile Klimageräte anschaffen und die Räume nach Bedarf im Wechsel kühlen. Zumal nicht alle im Haus Kühlung vertrügen, erklärt Geschäftsführer Handermann. Das Immunsystem von alten Menschen ist anfälliger, und Herzkranke frieren bei 28 Grad.
So wollen die Geschäftsführenden Komfort und Kosten vereinen. "Die Kalkulation ist immer wieder ein Kraftakt", fügt er hinzu. Die Cafeteria als Gemeinschafts- und Pausenraum aber halten sie immer kühl.
Die Pflegekräfte halten einfach durch
Doch in die Cafeteria schaffen es die Pflegekräfte bei Hitze nur selten. Die extremen Temperaturen fordern sie ordentlich heraus: "Die meisten Mitarbeiter laufen dann mit nassen Handtüchern um den Hals rum, weil es sonst fast gar nicht auszuhalten ist. Man ist ja doch ständig in Bewegung und leistet körperlich schwere Arbeit."
Zusätzliche Pausen seien nicht möglich, so die Geschäftsleitung. Alle Kräfte würden gebraucht. Stattdessen gibt es zwischendurch immer mal ein großes Eis vom Chef. Das Personal steht die Belastung trotzdem durch.
Folgen der Klimakrise aus eigener Kraft bewältigen
Bei Starkwetterereignissen und bei möglichem Stromausfall hilft die Freiwillige Feuerwehr. Mit ihr habe das Heim einen Plan für den Notfall erarbeitet, erklärt Geschäftsführer Handermann: "Was ist, wenn der Strom ausfällt, wenn es keine Heizung gibt? Damit wir eine Grundversorgung aufrechterhalten können."
Die Geschäftsführerin folgert: "Wir stehen mit den komplexen Aufgaben ein bisschen alleine da." Pflegeheime sind nicht vernetzt. Daher wünscht sie sich verantwortungsvolles Handeln der Politik: "Dass sie sieht, was alles auf Pflegeheime zukommt und vorausschauend Kosten kalkuliert." Und zwar auch die für die Folgen der Klimakrise. Damit sich die Einrichtungen besser darauf einstellen können.