Maispflanzen werfen ihre Schatten auf ein Feld

Klimawandel Wie trockene Böden und Meeresspiegel zusammenhängen

Stand: 11.04.2025 02:41 Uhr

Was ein europäisches Klimamodell berechnet hatte, konnten Klimaforscher jetzt bestätigen: Weltweit werden die Böden immer trockener. Und das an Land fehlende Wasser trägt dazu bei, dass weltweit die Meeresspiegel steigen.

Von Renate Ell, BR

Zwischen den Jahren 2000 und 2002 ist die Bodenfeuchtigkeit dramatisch gesunken - und der Trend hat sich, wenn auch deutlich milder, in den folgenden 15 Jahren fortgesetzt. So zeigte es bereits das Klimamodell "ERA5" des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage.

An dieser Entwicklung gab es Zweifel - obwohl es immer wärmer wird und wenig überraschend wäre, wenn die Böden austrocknen. Wo aber bleibt das Wasser? Der Wasserkreislauf der Erde ist - wie das Wort schon schon nahelegt - ein geschlossener Kreislauf. Wasser, das an einer Stelle fehlt, muss an anderer Stelle wieder auftauchen.

Vermutlich bleibt es in den Ozeanen, mutmaßte der Klimaforscher Ki-Wen Seo an der Nationaluniversität von Korea in Seoul. Und er konnte seine Annahme bestätigen - auch mit ungewöhnlichen Methoden: "Ein Teil des Wassers landet in Flüssen, ein Teil geht in die Atmosphäre und fällt als Regen ins Meer."

Mehr Verdunstung in einer wärmeren Atmosphäre

Mit steigenden Temperaturen nimmt die sogenannte Evapotranspiration zu. Das ist die Summe aus der Verdunstung von Wasser aus Böden und Gewässern, die als Evaporation bezeichnet wird. Und der Feuchtigkeit, die Pflanzen oder Tiere abgeben, der Transpiration. Zudem kann eine wärmere Atmosphäre auch mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Aus der Atmosphäre kann das Wasser zwar als Regen wieder zurückkommen. Aber weil Meere zwei Drittel der Erdoberfläche ausmachen, landet der Regen vor allem dort. Zudem bilden sich in der feuchten Meeresluft mehr Wolken.

An Land hingegen gibt es immer häufiger Phasen, in denen es weniger regnet als früher, die Böden also weniger Feuchtigkeitsnachschub bekommen.

Satellitendaten zeigen, wohin das Wasser geflossen ist

Satelliten beobachten den Meeresspiegel schon lange. Ihre Daten bestätigen: Es gab in den Jahren 2000-2002 einen deutlichen Anstieg, und danach einen sanfteren, kontinuierlichen - so wie im Klimamodell. Damit hat sich Ki-Wen Seo aber nicht zufriedengegeben. Er wollte seine Vermutung auch durch Daten bestätigen, die zeigen, dass sich durch die Verlagerung des Wassers die Gewichtsverteilung auf der Erde verändert hat. Seit 2003 beobachtet der Satellit GRACE solche Veränderungen - tatsächlich zeigen auch diese Daten, dass Wasser vom Land in die Ozeane verlagert wurde.

Für die Zeit davor griff er auf ein in der Klimaforschung eher ungewöhnliches "Symptom“ zurück: die Verschiebung der Rotationspole. Das sind die Punkte, durch die die Erdachse läuft. "Die Rotationspole können sich verschieben, wenn große Massen an der Erdoberfläche verlagert werden“, erklärt Ki-Wen Seo. Und das hatten sie 2000-2002 tatsächlich getan - eine weitere Bestätigung für die Verlagerung des Wassers vom Land ins Meer.

In welchen Gegenden die Böden besonders austrocknen

Im Vergleich zu den Jahren 1979 bis 1999 ging die Bodenfeuchte in den Jahren 2003 bis 2021 in vier Weltregionen besonders stark zurück: im Süden der USA, im Osten und Süden Südamerikas, in Zentralafrika und auf dem eurasischen Kontinent in einem Streifen etwa von der Ukraine bis China, sowie in der Region Iran-Pakistan. Ki-Wen Sao: "Wir haben in Eurasien im 21. Jahrhundert weniger Niederschläge und mehr Evapotranspiration - das hat wahrscheinlich den größten Einfluss auf künftige Wasser-Ressourcen."

In Mitteleuropa ist diese Entwicklung sehr viel schwächer ausgeprägt als weiter östlich. Aber extrem trockene Jahre wirken lange nach, erklärt Andreas Marx, Leiter des Dürremonitors am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig: "2018 sind die Böden innerhalb von acht Monaten bis in zwei Meter Tiefe unglaublich stark ausgetrocknet. In den Folgejahren sind die Böden bis zu einem Meter Tiefe zwar immer wieder ganz ordentlich nass geworden - aber nicht darunter."

Der Klimawandel bewirkt einen stärkeren Wechsel zwischen feuchten und sehr trockenen Jahren - was sich vor allem auf flach wurzelnde, einjährige Pflanzen wie Getreide auswirkt. Entsprechend schwanken die Erträge. "Aber insgesamt über längere Zeiträume bleiben die Erträge ungefähr auf dem Niveau, das wir auch in der Vergangenheit hatten", meint Andreas Marx.

Bewässerung mit Grundwasser ist keine Lösung - im Gegenteil

In den Regionen, in denen die trockenen Jahre überwiegen, liegt es nahe, die Anbauflächen mit Grundwasser zu bewässern. Aber Ki-Wen Seo warnt: "Das Wasser verdunstet auch. Man kann in einem Computermodell nachrechnen: Wenn man Grundwasser nach oben pumpt, ist der Netto-Effekt ein Verlust von Wasser an Land, und eine Zunahme im Meer." Und damit würden auch die Trinkwasser-Reserven schwinden. Eine kurzfristige Alternative wäre, Pflanzen anzubauen, die mit Trockenheit zurechtkommen. Langfristig hilft es nur, den Klimawandel zu stoppen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR aktuell am 02. April 2025 um 15:23 Uhr.