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Schlechte Luftqualität Woher der ganze Feinstaub kommt
Tagelang lag eine Dunstglocke über weiten Teilen Deutschlands. Grund ist Feinstaub, der sich durch die Wetterlage angesammelt hat. Was Kaminöfen damit zu tun haben und was das Abschalten von Kohlekraftwerken bringen würde.
Ein Blick in den Himmel oder auf Warn-Apps zeigt es: Die Luft in Deutschland ist seit Tagen außergewöhnlich schlecht. Während sich die Situation im Süden und Westen des Landes zuletzt leicht entspannt hat, ist die Belastung im Osten und Norden des Landes weiterhin hoch.
Der Grund: In der Luft befindet sich viel Feinstaub. So wird der Staub bezeichnet, dessen Korngröße kleiner als zehn Mikrometer (PM10) oder mit nur 2,5 Mikrometern (PM2,5) sogar so klein ist, dass er beim Einatmen tief in die Lunge eines Menschen gelangen kann.
Für die derzeitige Situation ist vor allem PM2,5 verantwortlich. Eine besondere Wetterlage sorgt dafür, dass die Staubpartikel nicht nach oben entweichen können, sondern wie unter einer Glocke in den unteren Luftschichten gefangen sind.
Schlechte Luft kann krank machen
Auch wenn empfindliche Menschen unter der derzeitigen Situation leiden: Akut bedrohlich ist sie für die meisten erst mal nicht. Auf lange Sicht allerdings kann schlechte Luft krank machen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO sagt: Luftverschmutzung ist neben dem Klimawandel eine der größten umweltbezogenen Bedrohungen für die menschliche Gesundheit.
Gerade erst hat die Deutsche Umwelthilfe Daten der Europäischen Umweltagentur ausgewertet. Demnach gab es im Jahr 2022 deutschlandweit knapp 70.000 Todesfälle aufgrund von Luftverschmutzung mit Feinstaub.
Wichtige Feinstaubquellen - Heizungen, Verkehr, Industrie
Besonders im Winter ist eine hohe Feinstaubbelastung nicht ungewöhnlich. Denn neben Industrie, Landwirtschaft und Verkehr sind vor allem Kaminöfen und Pelletheizungen eine wichtige Feinstaubquelle.
Feinstaub kann allerdings auch aus anderen Regionen zu uns kommen, aktuell zum Beispiel mit dem Ostwind aus Polen. Ute Dauert, Leiterin des Fachgebiets "Beurteilung der Luftqualität" beim Umweltbundesamt (UBA), sagte in dieser Woche dazu in der Bild-Zeitung: "Zirka 50 Prozent des Feinstaubs in Berlin kommt aktuell aus Polen, zwölf Prozent aus Deutschland." Umgekehrt weht natürlich auch Feinstaub aus Deutschland in andere Länder. Luftverschmutzung kennt eben keine Landesgrenzen.
Mit Kohleausstieg zu weniger Feinstaub?
Aber was lässt sich tun gegen die hohe Feinstaubbelastung? Die Umweltschutzorganisation WWF hat einen konkreten Vorschlag: einen schnelleren Kohleausstieg. "Der aktuelle Feinstaubalarm in Deutschland zeigt einmal mehr: Wir müssen schneller raus aus schmutzigen Energieträgern wie der Kohle, Öl und Gas. Die gesundheitsgefährdende Luftverschmutzung der letzten Tage ist auch eine direkte Folge unserer veralteten, fossilen Energieversorgung in Deutschland und Europa," heißt es in einer Pressemitteilung.
Aber würde das wirklich etwas bringen? "Ich kann da nur in Teilen mitgehen", sagt Marcel Langner, Abteilungsleiter "Luft" beim Umweltbundesamt, im Gespräch mit tagesschau.de. "Natürlich wäre es schön für die Luftreinhaltung und das Klima, wenn wir in Deutschland früher aus der Kohle aussteigen würden. Aber aus den derzeitigen schlechten Luftwerten leite ich auch keinen sofortigen Handlungsbedarf ab. Das ist eine kurze Episode."
Das begründet er mit einem Blick in die Statistik der PM2,5-Emissionen im Jahr 2022. Sie zeigt: Alle Kraftwerke in Deutschland für die Energie- und Wärmegewinnung trugen gerade mal knapp sechs Prozent zur Belastung mit direkten Emissionen bei. Selbst ein sofortiger Kohleausstieg würde also nur eine leichte Verbesserung der Situation bringen.
Weniger Autos, mehr ÖPNV
Einen deutlich höheren Anteil an der Gesamtbelastung hat mit knapp 20 Prozent der Straßenverkehr. Brauchen wir also, wie es ebenfalls der WWF fordert, mehr E-Autos statt Verbrenner auf den Straßen, um für bessere Luft zu sorgen?
Marcel Langner sagt, auf die Feinstaubsituation hätte das nur einen geringen Effekt, denn ein Großteil der Feinstaubpartikel komme gar nicht aus dem Auspuff, sondern vom Abrieb der Bremsen, Reifen und Straßen. "Daran lässt sich nur etwas ändern, wenn wir unser Mobilitätsverhalten ändern und insgesamt weniger Fahrzeuge unterwegs sind." Heißt im Klartext: Für eine bessere Luftqualität müssten viel mehr Menschen als bisher aufs eigene Auto verzichten und auf den ÖPNV umsteigen.
Heizen mit Holz sorgt für schlechte Luft
Großes Einsparpotential gäbe es dagegen bei Kaminöfen und Pelletheizungen. Die UBA-Statistik zeigt: 2022 trugen Feuerungsanlagen in Haushalten mehr als ein Fünftel zur Gesamtbelastung mit Feinstaub bei. "Die Emissionen an gesundheitsschädlichem Feinstaub aus Holzfeuerungsanlagen in Haushalten und im Kleingewerbe sind in Deutschland bereits heute insgesamt höher als die aus den Motoren von Pkw und Lkw," heißt es dazu beim UBA.
Die Behörde empfiehlt deshalb auf ihrer Internet-Seite: "Verzichten Sie aus Klimaschutz-, Luftreinhalte- und ökologischen Gründen auf die Nutzung von Holz zur Wärmeversorgung ihres Hauses."
Auch bei der Deutschen Umwelthilfe DUH heißt es: "Für die Luftqualität ist es grundsätzlich am besten, ganz auf das Heizen mit Holz zu verzichten." Doch Heizen mit Holz gesetzlich einschränken oder gar verbieten? Nach den Erfahrungen mit dem sogenannten Heizungsgesetz ist es nur schwer vorstellbar, dass sich Politiker an diesem Thema die Finger verbrennen möchten.
Hoffen auf Wind und Regen
Selbst auf lange Sicht ist also erst mal nicht zu erwarten, dass weniger Feinstaub in die Luft gepustet wird. Bei entsprechender Wetterlage wird es deshalb auch zukünftig immer wieder Perioden geben, in denen die Luftbelastung außergewöhnlich stark ansteigt. Problematisch ist das vor allem für Menschen mit akuten Atemwegserkrankungen oder Grunderkrankungen wie Asthma oder Allergien.
Betroffene sollten dann auf körperliche Anstrengungen im Freien verzichten, empfiehlt das UBA. Oder, wie der Kardiologe Thomas Münzel von der Uni-Medizin Mainz im SWR rät: Die FFP2-Maske aus Corona-Zeiten wieder hervorholen und im Freien aufsetzen.
Ansonsten bleibt nur: Auf Wind und Regen hoffen. Beides kann helfen, die Luft wieder reinzuwaschen.