Zwei Hände greifen Hanteln von einem Hantelständer

Gesundheit Welchen Einfluss Sport auf Fettgewebe hat

Stand: 12.04.2025 07:47 Uhr

Dass Sport Fett verbrennt, ist allgemein bekannt. Jetzt zeigt eine neue Studie: Regelmäßige Bewegung baut Fettgewebe auch um - und kann wie ein Medikament gegen Entzündungen wirken.

Von Tabea Schröder, NDR

Jeder zweite Deutsche ist übergewichtig. Besonders das innere Bauchfett ist dabei ein Risiko für die Gesundheit. Denn es erhöht die Wahrscheinlichkeit für Krankheiten wie Fettleber, Diabetes Typ 2 oder sogar Krebs.

Eine amerikanische Studie zeigt nun, dass Sport nicht nur beim Abnehmen hilft. Durch regelmäßige Bewegung kann das Fettgewebe - unabhängig vom Gewichtsverlust - gesundheitsfreundlich umgebaut werden. Denn es ist durchaus entscheidend, wo der Körper welches Fett anlagert.

Der Kampf gegen die Kilos

Yannick F. aus Lübeck ist Anfang 30. Vor drei Jahren kam er in die Adipositas-Sprechstunde am UKSH Lübeck. Damals wog er 130 Kilogramm und litt unter Gelenkschmerzen.

Nach den Untersuchungen folgte der Schock: Das Problem war nicht nur sein dicker Bauch. Auch seine Leber war bereits stark verfettet. Sein Arzt warnte ihn damals: Wenn er seinen Lebensstil nicht verändere, könne er in Zukunft auf eine Lebertransplantation angewiesen sein.

Bauchfett als Gesundheitsfalle

Es gibt zwei Arten von Bauchfett: Das sogenannte subkutane Fett lagert sich direkt unter der Haut an und ist als Fettpolster von außen gut tastbar. Dieses Unterhautfettgewebe schützt unsere Organe und den Körper vor Kälte. Im Bauchraum, um die Organe herum, lagert sich hingegen das innere Bauchfett, das sogenannte viszerale Fett, an.

Das Tückische ist, es ist nicht sicht- oder tastbar, hat aber einen erheblichen Einfluss auf den Stoffwechsel und begünstigt Entzündungsprozesse. Denn im viszeralen Fett können die Fettzellen besonders groß werden. So groß, dass sie nicht mehr ausreichend versorgt werden können und in Stress geraten. Das wiederum ruft Zellen des Immunsystems auf den Plan, und diese setzen Entzündungsbotenstoffe frei.

Bauchfett führt zu Entzündungsreaktionen

"Die Entzündungsstoffe, die im viszeralen Fett entstehen, gehen in den gesamten Körper und lösen dort eine weitere Entzündungsreaktion aus“, beschreibt Tim Hollstein, Internist und Stoffwechselforscher am UKSH Kiel, die Risiken durch das Bauchfett. "Und sie führen auch zu einer sogenannten Insulinresistenz. Das heißt, die anderen Organe wie die Leber oder aber auch das Gehirn werden resistent für Insulin. Das sorgt dann für eine Erhöhung des Blutzuckers, was in der Folge dann auch zu einem Typ-2-Diabetes führen kann."

Auch an den Gelenken können die Botenstoffe Entzündungen fördern und damit das Risiko für Krankheiten wie Arthrose vergrößern, erklärt Ruben Anemüller, Orthopäde und Unfallchirurg am BG Klinikum Hamburg, im Gespräch mit ARD Gesund.

Gesünderes Fett durch Training

Sport kann helfen, das ungesunde Bauchfett zu reduzieren. Neuen Erkenntnissen zufolge hat regelmäßige Bewegung aber auch unabhängig vom Gewichtsverlust einen vorteilhaften Effekt auf das Fettgewebe. Eine Studie von Forschenden der University of Michigan, die im Wissenschaftsmagazin Nature Metabolism veröffentlicht wurde, hat untersucht, wie sich das Fettgewebe durch Training verändert.

Die Forscher verglichen dafür Übergewichtige, die seit über zwei Jahren regelmäßig Ausdauersport trieben mit Übergewichtigen, die keinen Sport trieben. Dafür entnahmen die Forschenden den 32 Studienteilnehmenden Gewebeproben aus dem subkutanen Fettgewebe.

In Laborversuchen zeigte sich, dass dieses Fettgewebe bei den Sportlich-Aktiven besser durchblutet war. Es enthielt außerdem weniger entzündungsfördernde Stoffe wie etwa Makrophagen und wies eine veränderte Proteinzusammensetzung auf. Dies deutet darauf hin, dass das Unterhautfettgewebe von Sporttreibenden Energie besser verwerten und Fett effizienter einlagern kann. Die Forschenden kommen zu dem Schluss, dass trainierte Menschen Fett auf eine gesündere, für den Stoffwechsel vorteilhaftere Art speichern können.

Sport als Medikament

Im Kampf gegen die gesundheitlichen Folgen des inneren Bauchfetts spielt Sport aber noch aus anderen Gründen eine wichtige Rolle. Schon länger ist bekannt, dass gerade Muskeltraining wie eine Art Medikament gegen Entzündungen wirkt. Denn beim Sport werden von den Muskeln anti-entzündliche Botenstoffe ausgeschüttet, sogenannte Myokine. Diese bekämpfen die Entzündungsreaktionen, wie sie zum Beispiel durch einen hohen Anteil an innerem Bauchfett entstehen.

Regelmäßiger Sport senkt damit das Risiko für Krankheiten wie Arthrose, Diabetes Typ 2 oder Bluthochdruck. Sport lohnt sich also auch, wenn sich auf der Waage erst einmal nichts oder nur wenig verändert. Für einen möglichst großen Effekt sollten vor allem die großen Muskelgruppen wie Beine-, Rücken- oder Rumpfmuskulatur trainiert werden.

Bauchumfang messen statt BMI

Lange Zeit galt der BMI, der Body-Mass-Index, als bewährte Berechnungsformel für Übergewicht. Muskeln sind jedoch schwerer als Fett, was bei der Berechnung nicht berücksichtigt wird. Dadurch haben sehr muskulöse Menschen oft einen sehr hohen BMI-Wert, der sie als übergewichtig kategorisiert.

Internist Hollstein vom UKSH Kiel empfiehlt daher, den Bauchumfang zu messen und mit der Körpergröße ins Verhältnis zu setzen. Das Taille-zu-Größe-Verhältnis (Taillenumfang geteilt durch Körpergröße) ist ein Indikator für Bauchfett und damit auch für die Gesundheit. Bei unter 40-Jährigen sollte der Wert unter 0,5 liegen und ab 50 Jahren nicht über 0,6.

Aber auch eine einfache Messung mit einem Maßband kann schon Aufschluss geben: Für Frauen gilt ein Bauchumfang von 80 Zentimeter als bedenklich und ab 88 Zentimeter als gefährlich. Bei Männern gilt ein Umfang von 94 Zentimeter als bedenklich und alles über 102 Zentimeter als gefährlich.

Beim Abnehmen auf Muskelaufbau setzen

Mitunter tut sich durch viel Sport beim Abnehmen erst einmal wenig auf der Waage, denn der Verlust an Fettmasse wird durch neu aufgebaute Muskeln ausgeglichen. Die Muskeln stoßen im Körper jedoch Fett-Umbauprozesse an, von denen die Gesundheit langfristig profitiert.

Auch Yannik F. hat nach dem "Warnruf" in der Adipositas-Sprechstunde seine Ernährung umgestellt und mit Sport begonnen. Er ist seitdem auf einem guten Weg - er fährt viel Fahrrad und geht nach Feierabend in die Boulderhalle. In Zukunft will er auch noch mehr Kraftübungen wie Liegestütz oder Kniebeuge in sein Training integrieren.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete der NDR am 01.04.2025 um 20:15 Uhr in der Sendung Visite.