Neue Empfehlungen zum Alkoholkonsum Schädlich ab dem ersten Tropfen
Alkohol schadet der Gesundheit - egal, wie viel man trinkt. Deshalb hat die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen jetzt neue Empfehlungen zum Umgang mit Alkohol veröffentlicht.
Alkohol erfreut sich in Deutschland noch immer großer Beliebtheit. Nicht nur bei Festen und Veranstaltungen wie dem Oktoberfest oder dem Canstatter Wasen wird eifrig gebechert: Durchschnittlich konsumiert jede/r Deutsche ab 15 Jahren zehn Liter Reinalkohol pro Jahr. Das entspricht in etwa 450 Flaschen Bier oder 100 Flaschen Wein. Die schädlichen Aspekte von Alkohol werden dabei häufig ausgeblendet. Im Interview mit dem SWR sagt der Spezialist für Lebererkrankungen, Tobias Böttler vom Universitätsklinikum Freiburg, "Alkohol ist ein Gift - schon der erste Tropfen schadet. Einen gesunden Alkoholkonsum gibt es nicht."
Alkoholkonsum sollte von jeder Person reduziert werden
Auf Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse zur Schädlichkeit von Alkohol hat die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) ihre Empfehlungen zum richtigen Umgang mit Alkohol jetzt angepasst: "Alkoholkonsum sollte von jeder Person reduziert werden, unabhängig davon, wie viel sie trinkt. Am besten ist es, keinen Alkohol zu sich zu nehmen. Alkoholische Getränke bergen Risiken, wenn es um die physische Gesundheit der Menschen geht."
Studien für einzelne Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Probleme und bestimmte Krebsarten zeigen laut DHS "eine lineare Beziehung zwischen dem Ausmaß von Alkoholkonsum und Sterbewahrscheinlichkeiten. Sie sind am geringsten, wenn kein Alkohol getrunken wird. Sie sind umso höher, je mehr Alkohol Menschen trinken." Das gilt insbesondere für bluthochdruckbedingte Herzerkrankungen, Herz-Rhythmusstörungen, Schlaganfall sowie sieben Krebserkrankungen, unter anderen der oberen Atem- und Verdauungswege, der weiblichen Brust und der Leber.
Bislang stand immer noch ein risikoarmer Konsum im Fokus und sehr geringe Mengen an Alkohol wurden bei gesunden Menschen als unschädlich bewertet: Maximal 24 Gramm Reinalkohol pro Trinktag bei Männern und 12 Gramm bei Frauen, das entspricht zwei bzw. einem kleinen Bier. Diese Einschätzung hat sich aufgrund neuer Erkenntnisse geändert.
Für die körperliche Gesundheit sei es laut neuer Empfehlung am besten, keinen Alkohol zu trinken. Diese Position wird auch durch aktuelle Aussagen der WHO und des World Cancer Research Funds sowie des Deutschen Krebsforschungszentrums DKFZ gestützt.
Alkohol als Risikofaktor für Krebs und andere Erkrankungen
Alkohol ist eine der am häufigsten konsumierten Drogen weltweit, die am häufigste konsumierte Droge in Deutschland und hat sowohl kurz- als auch langfristig schädliche Auswirkungen auf den Körper. Kurzfristige Folgen des Trinkens von Alkohol können von leichtem Schwindel bis hin zu schweren Vergiftungen reichen.
Langfristig kann regelmäßiger Alkoholkonsum zu schwerwiegenden Gesundheitsproblemen wie Lebererkrankungen, Krebs und Herz-Kreislauf-Krankheiten führen. Alkohol ist schätzungsweise verantwortlich für mehr als 20.000 Krebsneuerkrankungen pro Jahr in Deutschland. Fachleute gehen davon aus, dass von insgesamt über 500.000 Krebsneuerkrankungen jährlich etwa 40 Prozent durch eine gesündere Lebensweise vermeidbar wären.
Empfehlungen zur Alkoholreduktion reihen sich somit ein in Empfehlungen zu weiteren gesundheitsförderlichen Verhaltensweisen wie nicht zu rauchen, sich viel zu bewegen und Übergewicht zu reduzieren.
Volksdroge Alkohol darf nicht verharmlost werden
Personen, die exzessiv trinken oder alkoholabhängig sind, haben zusätzlich ein erhöhtes Risiko für psychische Probleme. Sie leiden häufiger unter Depressionen und Angststörungen und sind häufiger von sozialen Problemen wie Arbeitslosigkeit und finanziellen Schwierigkeiten betroffen. Andererseits erhöht sich bei psychischen Problemen auch das Suchtpotential - ein Teufelskreis.
Mediziner sagen: Alkohol ist krebserregend und zwar in jeder Dosierung. Auch das berühmte Glas Rotwein am Abend ist schädlich. Mehr als ein Glas Sekt bei Frauen oder ein halber Liter Bier bei Männern: riskant.
Werbung suggeriert, dass Alkohol ungefährlich ist
In der Gesellschaft gibt es unbestreitbar eine eher positive Einstellung zum Alkohol. Dass Alkohol harmlos und für ein geselliges Beisammensein unerlässlich sei, wird nach wie vor durch die Werbung oder die Berichterstattung über das Oktoberfest und andere Bierfeste suggeriert. Dabei sterben immer mehr Menschen an den Folgen des Alkoholkonsums.
In Deutschland trinken 7,9 Millionen Menschen im Alter von 18 bis 64 Jahren Alkohol in gesundheitsgefährdenden Formen. Das ist in etwa jede(r) Siebte. Ungefähr neun Millionen Menschen in dieser Altersgruppe haben zumindest Probleme mit dem Alkoholkonsum.
Nach früheren Berechnungen sterben in Deutschland pro Jahr insgesamt über 40.000 Menschen vorzeitig an den Folgen ihres Alkoholkonsums. Nach Angaben des Suchtjahrbuchs 2023 belaufen sich die wirtschaftlichen Kosten alkoholbedingter Erkrankungen in Deutschland auf etwa 57 Milliarden Euro pro Jahr.
DHS fordert höhere Preise für Alkohol
Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen fordert daher: Alkoholische Getränke müssten in Deutschland endlich teurer werden. Außerdem sei der Jugendschutz verbesserungsbedürftig: Jugendliche können in Deutschland schon mit 16 Jahren legal Bier und Wein kaufen. Nach Meinung der Autoren und Autorinnen sollte das Mindestalter auf 18 Jahre heraufgesetzt werden.
Der Freiburger Mediziner Tobias Böttler gibt daher einen durchaus ernstzunehmenden medizinischen Rat: "Letztendlich das einzige Getränk, was wirklich gesund ist, ist ein Glas Wasser oder ein ungesüßter Fruchttee."
Beratung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung:
Per Chat: https://www.drugcom.de/beratung/chat/
Per Telefon: www.kenn-dein-limit.de/alkoholberatung/
Beratungsstellen in Ihrer Nähe finden Sie über das Verzeichnis der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen:
https://www.dhs.de/service/suchthilfeverzeichnis
Hilfe für Familie und Freunde:
https://nacoa.de/
https://www.drugcom.de/beratung-finden/hilfe-fuer-familie-und-freunde/
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Fassung hieß es, Deutschland stehe international im Alkoholkonsum-Ranking auf Rang 3. Richtig ist, das Deutschland im Europavergleich auf Rang 3 liegt. Wir haben dies entsprechend korrigiert.
Mehr zum Hintergrund dieser und anderer Korrekturen finden Sie hier: tagesschau.de/korrekturen