Insekt des Jahres 2024 Nicht einfach nur ein Mistkäfer
Er gräbt Brutkammern in tiefen Gängen. In diese rollt er Kot von Tieren, damit der Nachwuchs etwas zu fressen hat. Doch er ist in Gefahr. Der Stierkäfer ist Insekt des Jahres 2024.
Er wird 14 bis 20 Millimeter groß, glänzt schwarz und ist so etwas wie die Hygieneabteilung in seinem Lebensraum - der Stierkäfer. Drei Hörner, die die Männchen tragen, sind für den Namen des Käfers verantwortlich. Zur Nahrung des Stierkäfers gehört der Kot von Kaninchen, Rehen, Rindern, Schafen oder Pferden. Er ist in der Lage, das 1000-fache seines eigenen Körpergewichts zu rollen. Die unter Naturschutz stehende Mistkäferart wurde zum "Insekt des Jahres 2024" gekürt.
Der Stierkäfer ist von Nordafrika über Westeuropa bis ins östliche Mitteleuropa verbreitet. In unseren Breitegraden lebt er in sandigen Gegenden, beispielsweise in Kiefernwäldern oder in Heidegebieten. Eine lockere Bodenbeschaffenheit ist wichtig für seine Lebensweise als Tunnelbohrer. Nach der Paarung graben die Käfer einen bis zu 1,50 Meter tiefen Schacht in den Boden.
Die Seitengänge enden jeweils in einer Kammer. In diesem Kinderzimmer wird der zu einer Kugel geformte Kot plaziert, neben den das Weibchen ein Ei ablegt. Aus dem Ei schlüpft die Stierkäfer-Larve, die zur Kotpille kriecht und sich von ihr ernährt. Nach etwa einem Jahr ist die Entwicklung der Käfer abgeschlossen.
Stierkäfer können das 1000-fache ihres eigenen Gewichts transportieren
Wirtschaftsleistung als Mistkäfer
Für die Ökologie ist der Stierkäfer deshalb wichtig, weil er frischen Kot innerhalb weniger Tage von der Bodenoberfläche unter die Erde verfrachtet. "So sorgen die Mistkäferarten dafür, dass die Hinterlassenschaften pflanzenfressender Tieren schnell entsorgt werden und sich keine Parasiten ansiedeln können," sagt Thomas Schmitt, Professor am Senckenberg Deutschen Entomologischen Institut in Müncheberg. Dabei erbringen die Insekten durchaus auch eine ökonomische Leistung. In Großbritannien wurde errechnet, dass die kostenfreien Dienstleistungen der kotfressenden Käfer mehr als 400 Millionen Euro wert sind.
Werner Schulze vom NABU ergänzt, der Nährstoffkreislauf werde zugunsten des Pflanzenwachstums geschlossen. "Die Käfer fördern den Transport von Pflanzensamen und reduzieren die Emission von Treibhausgasen vor allem aus Kuhfladen."
Prophylaktische Medikamentengabe in der Landwirtschaft sind ein Problem für die Mistkäferarten.
Gefahren für den Stierkäfer
Seit Mitte der 1980er Jahre verzeichnet die Wissenschaft weltweit einen starken Rückgang der Populationen vieler Mist- und Dungkäfer. Die Landwirtschaft war dazu übergegangen, Nutztiere nicht nur bei akuten Krankheiten und Parasitenbefall mit Medikamenten zu behandeln. Besonders Anti-Wurmmittel werden regelmäßig auch vorsorglich verabreicht. Die Wirkstoffe werden von den behandelten Tieren ausgeschieden und von den Käfern aufgenommen, die dann entweder sterben oder sich nur noch eingeschränkt fortpflanzen können.
"Dung- und Mistkäfer gehören zu den am stärksten bedrohten Gruppen unter den Insekten," sagt Senckenberg-Professor Schmitt. Die Wissenschaft stuft den Rückgang der Käfer als einen wesentlichen Teil des weltweiten dramatischen Verlustes der Insektenfauna ein.
Besserer Schutz für Mistkäfer
Um die Käfer zu schützen, müssten weniger Medikamente eingesetzt werden, "vor allem nicht mehr rein prophylaktisch," so Schmitt. Nutztiere sollten zudem - wo möglich - wieder zu Weidegängern werden. Stallhaltung müsse die Ausnahme, nicht die Regel sein.
Das Insekt des Jahres wird seit 1999 gekürt. Ein Kuratorium aus Expertinnen und Experten sowie Vertreterinnen und Vertreter wissenschaftlicher Gesellschaften und Einrichtungen wählt das Insekt jedes Jahr aus verschiedenen Vorschlägen aus. Die Schirmherrschaft hat in diesem Jahr Bundesumweltministerin Steffi Lemke übernommen.