
Gentechnik Ausgestorbener Schattenwolf zum Leben erweckt?
Manche kennen ihn vermutlich aus der Serie "Game of Thrones": den Schattenwolf, ein Raubtier aus der Eiszeit, das vor mehr als 10.000 Jahren ausstarb. Nun will ein US-Unternehmen ihn wieder zum Leben erweckt haben.
Er lebte in Nord- und Südamerika, hatte dickes, weißes Fell und war mit einer Länge von etwa 1,50 Meter und einem Gewicht von bis zu 70 Kilogramm größer und schwerer als der heutige Wolf: Aenocyin dirus - auch Schattenwolf genannt. Vor etwa 13.000 Jahren starb Aenocyon dirus aus - und wurde durch die Erfolgsserie "Game of Thrones" in diesem Jahrtausend wieder bekannt.
Das US-Biotechnologieunternehmen Colossal Biosciences will Aenocyin dirus nun mithilfe moderner Gentechnik wieder zum Leben erweckt haben. Man habe drei Welpen herangezüchtet, teilte der Konzern mit - zwei Männchen ("Romulus" und "Remus") und ein Weibchen ("Khaleesi"). Die Tiere werden laut New York Times in einer privaten Anlage im Norden der USA gehalten.
Kombination aus alter DNA und Gen-Editing
Für den Versuch nutzten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das Erbgut aus Fossilien von ausgestorbenen Schattenwölfen. Sie sequenzierten die genetischen Fragmente und bearbeiteten sie mit modernen Techniken wie CRISPR-Cas9. Anschließend erzeugten sie Embryonen aus bearbeiteten Grauwolfzellen und implantierten sie in Haushunde, die als Leihmütter fungierten.
Experten reagieren skeptisch
Colossal Biosciences selbst spricht von einem "Meilenstein", was aber sagen unabhängige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler? "Um etwas Ausgestorbenes wirklich zurück zum Leben zu erwecken, müsste man es klonen", betont Nic Rawlence, Direktor des Otago Palaeogenetics Laboratory in Neuseeland gegenüber dem Science Media Center.
"Das Problem ist, dass wir ausgestorbene Tiere nicht klonen können, weil die DNA nicht gut genug erhalten ist." Selbst wenn man das Genom sequenziere, lasse sich die DNA nicht in ausreichend großen Stücken extrahieren, wie das bei einem lebenden Tier möglich sei. Was Colossal Biosciences geschaffen habe, sei ein Hybrid - ein Grauwolf mit den Charaktereigenschaften eines Schattenwolfs, so der Zoologe.
Viel sinnvoller als der Ansatz des Unternehmens sei es, Technologien und Wege dafür zu entwickeln, die das Aussterben von Arten verhindern, so Rawlence. Also das zu erhalten, was wir noch haben.
Ähnlich sieht es Philipp Seddon, ebenfalls von der University of Otago: Bei den drei Wölfen handele es sich nicht um Schattenwölfe, sondern um genetisch modifizierte Grauwölfe. Nichtsdestotrotz: Colossal Biosciences sei ein beeindruckender technologischer Durchbruch gelungen.
Ziel: Wiederauferstehung des Mammuts
Ausgestorbene Tier zum Leben erwecken: Für viele Forschende ist das eine faszinierende Vorstellung, insbesondere für das Team von Colossal Biosciences. Erst Anfang März hatte das Start-up für Aufsehen gesorgt, als es gentechnisch veränderte Mäuse präsentierte, die ein flauschiges, goldbraunes Fell besitzen, genau wie einst Mammuts. Das sei ein weiterer Schritt auf dem Weg zum langfristigen Ziel, der Wiederauferstehung der Eiszeit-Riesen, hieß es.
Zwischen dem Schattenwolf und dem heutigen Grauwolf besteht übrigens keine direkte Verwandtschaft; die Raubtiere gehören zu verschiedenen Gattungen.