Weltbank-Prognose Weltwirtschaft "auf des Messers Schneide"
Die hohe Inflation, steigende Zinsen und der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine bremsen das weltweite Wirtschaftswachstum. Weitere Schocks könnten gar zu einer globalen Rezession führen.
Die Konjunkturperspektiven für die Weltwirtschaft trüben sich ein. Die Weltbank senkte heute ihre Wachstumsprognose von bislang 3,0 Prozent auf nur noch 1,7 Prozent und warnte vor einer globalen Rezession. "Ich bin zutiefst besorgt, dass die Verlangsamung andauern könnte", sagte Weltbank-Chef David Malpass. In praktisch allen Regionen der Welt werde das Pro-Kopf-Einkommen langsamer wachsen als in den der Zeit vor der Corona-Pandemie, heißt es in dem Bericht "Global Economic Prospects".
Abgesehen von den Krisenjahren 2009 und 2020 wäre ein weltweites Wirtschaftswachstum von rund 1,7 Prozent der niedrigste Wert seit fast drei Jahrzehnten. Für die Industrienationen erwartet die Weltbank eine spürbare Abkühlung. So werden für die USA als auch für die Euro-Zone nur Wachstumsraten von jeweils 0,5 Prozent vorausgesagt.
Inflation bleibt schwierigste Herausforderung
Die größte Herausforderung bleibe die hohe Inflation. Zwar dürfte sie zurückgehen, die Zentralbanken müssten die Zinssätze aber weiter erhöhen oder auf hohem Niveau halten, um Preisstabilität zu gewährleisten, so die Weltbank. Das hat allerdings einen Preis: Mit der strengen Geldpolitik wächst das Risiko, dass die Wirtschaft so stark ausgebremst wird, dass Arbeitsmarkt und Konjunktur abgewürgt werden.
Sinkende Investitionen wären problematisch
Ein schwächeres Wachstum der Weltwirtschaft werde aber besonders Entwicklungsländer hart treffen, so Malpass. "Es besteht eine verheerende Diskrepanz zwischen den Regionen, die umfangreiche neue Investitionen benötigen, um die wachsende Bevölkerung zu versorgen, und den tatsächlichen Investitionsströmen", mahnte er.
Schwellen- und Entwicklungsländer kämpfen bereits jetzt mit hohen Schuldenständen und schwachen Währungen. Bei sinkenden Investitionen könnten auch die Folgen der Klimakrise schwieriger bewältigt werden, die Verringerung von Armut und Ungleichheit käme nicht voran. Aufgrund der begrenzten finanziellen Spielräume der Schwellen- und Entwicklungsländer sei an dieser Stelle die internationale Gemeinschaft gefragt, Zuschüsse stark auszuweiten, heißt es im Bericht der Weltbank.
Warnung vor unerwarteten Schocks
Die Experten sprachen von einer fragilen Situation. Jeder unerwartete Schock könne zudem zu einer globalen Rezession führen. Als Beispiele dafür wurden neue geopolitische Spannungen oder ein Wiederaufflackern der Corona-Pandemie genannt. "Die Weltwirtschaft steht auf Messers Schneide", sagte Prognose-Chef Ayhan Kose der Nachrichtenagentur dpa in Washington.
"Wenn wir eine weitere globale Rezession erleben - denn wir hatten gerade eine im Jahr 2020 -, dann wird das historisch sein", sagte Volkswirt Kose. Es wäre das erste Mal seit den 1930er Jahren, dass die Weltwirtschaft zwei Rezessionen innerhalb desselben Jahrzehnts erlebe. Das Risiko sei durchaus vorhanden - auch wenn eine Rezession im Moment nicht das Basisszenario der Weltbank sei: "Wenn es dazu kommt, wird es meiner Meinung nach ziemlich kostspielig werden."