Boom-Markt Tierfutter Das Geschäft mit der Tierliebe
Die Deutschen sparen beim Konsum. Es sei denn, es geht um ihre Haustiere. Es werden Milliarden ausgegeben für Tiernahrung - und die wird immer ausgefallener. Manches klingt eher nach Gourmet-Menü als nach Hundefutter.
Für Ulrike Müller ist er ein großes Glück: Hugo, ihre französische Bulldogge. Der Hund ist längst ein festes Familienmitglied geworden, so die Frankfurterin: "Das letzte Kind hat Fell." Ihre Kinder sind lange ausgezogen. Vor dreieinhalb Jahren dann haben sie und ihr Partner nach reiflicher Überlegung beschlossen, sich einen Hund anzuschaffen.
Damit ist das Paar nicht allein. Vor allem während der Pandemie stieg die Zahl der Haustiere in deutschen Haushalten stark an. Auch wenn sie danach wieder leicht zurückging, ist sie immer noch auf hohem Niveau, wie Zahlen des Zentralverbands Zoologischer Fachbetriebe Deutschlands zeigen. 2023 lebten in 45 Prozent aller Haushalte Tiere - insgesamt waren es 34,3 Millionen. Katzen stehen dabei nach wie vor an der Spitze mit 15,7 Millionen, gefolgt von 10,5 Millionen Hunden und 4,6 Millionen Kleintieren.
Es menschelt im Tierbedarfs-Geschäft
Dabei habe sich das Verhältnis zu den Haustieren in den vergangenen Jahren verändert, sagt auch Ulrike Müller. Schon in ihrer Kindheit hatte ihre Familie einen Hund. Früher wurden Hunde allerdings eher als Nutztiere betrachtet, erinnert sie sich. Heute leben sie als vollwertige Familienmitglieder in vielen Haushalten und teilen den Alltag ihrer Besitzer.
Auch Erich Marlon Hillmann bestätigt diese Beobachtung. Der Betriebsleiter der Filiale von Kölle Zoo in Kassel berichtet, mit der veränderten Rolle der Haustiere habe sich auch der Markt für Tiernahrung weiterentwickelt. "Es gibt eigentlich nichts mehr, was es nicht gibt", so Hillmann. So gebe es immer mehr Besonderheiten, die an die Nahrungsmittel der Frauchen und Herrchen angelehnt seien. Hundepopcorn, Hundebrezeln oder Hamsterkekse sind inzwischen Alltag. Außerdem werde die Ernährung der Tiere immer stärker an die Bedürfnisse ihrer Besitzer angepasst, solle mittlerweile ausgewogen und gesund sein.
Tiernahrung wird Veggie
Erich Marlon Hillmann beobachtet sogar einen Trend zu vegetarischen Produkten im Tierfutter. Auch Futter auf Basis von Insektenproteinen sei auf dem Vormarsch. Gerade für Tiere mit Allergien biete diese Form der Ernährung oft eine Lösung. Inzwischen gebe es sogar vegane Tiernahrung, auch wenn diese noch keinen allzu hohen Stellenwert habe.
Ein weiterer großer Trend ist die sogenannte biologisch artgerechte Rohfütterung (BARF). Diese Methode setzt auf rohes Fleisch und Gemüse und erfreut sich wachsender Beliebtheit. "Viele Menschen wollen nur das Beste für ihre Tiere", sagt Hillmann. Die "Premiumisierung" in der Tiernahrungsbranche sei deutlich spürbar - viele Kunden griffen zu hochpreisigen Produkten, die bessere Qualität versprechen. Beim Tier wird als Letztes gespart.
Wachsender Markt
So hat auch der Umsatz mit Tiernahrung in Deutschland laut dem Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Lag er 2020 noch bei knapp 3,5 Milliarden Euro, erreichte er 2023 fast 4,5 Milliarden Euro. Katzenfutter machte dabei den größten Anteil aus, gefolgt von Hundefutter. Futter für Vögel, Fische und Kleintiere spielt eine eher untergeordnete Rolle.
Auch große Unternehmen wie Nestlé setzen daher zunehmend auf den Tiernahrungsmarkt und feiern Erfolge. Die Geschäftsführerin der Nestlé-Tochterfirma Purina PetCare für Deutschland, Österreich und Schweiz, Carmen Borsche, berichtet, dass Nestlé mittlerweile 25 Prozent seines Umsatzes mit Heimtierbedarf erzielt. Der Tiernahrungsmarkt sei "unheimlich dynamisch gewachsen" und entwickle sich von einer Nische hin zu einem strategisch wichtigen Bereich für das Unternehmen. Nach Kaffee sei er heute der zweitwichtigste von Nestlé.
Nur das Beste für den Hund
So konnte der Schweizer Konzern seinen Umsatz mit Heimtierbedarf weltweit in den vergangenen Jahren immer weiter steigern. Wurden nach Unternehmensangeben 2019 noch 13,6 Milliarden Schweizer Franken umgesetzt, waren es im vergangenen Jahr bereits 18,7 Milliarden.
Einen Teil zum Umsatz auf dem Tierfuttermarkt trägt auch Ulrike Müller bei. Für sie spiele die Qualität des Futters, genau wie bei ihrer eigenen Ernährung, eine große Rolle. "Wir essen auch Bio. Also von daher: Was für uns gut ist, ist für den Hund allemal gut."
Monatlich gibt die Frankfurterin etwa 100 Euro für Futter, Leckerlis, Knochentabletten und Nahrungsergänzungsmittel aus. Seit neustem gibt es für die französische Bulldogge Hugo Pferdefleisch. Denn das soll gut sein für sein Fell.