Überhitzter Immobilienmarkt Tauschen statt kaufen oder mieten
Vor allem in Metropolen ist das Angebot an Immobilien knapp. Sucht man als Eigentümer eine neue Bleibe, kann der Tausch von Wohnung oder Haus eine Alternative sein.
Tauschen statt kaufen oder mieten, das ist ein neuer Trend auf dem Wohnungsmarkt. Auf der Suche nach dem perfekten Tauschpartner sind schon Zehntausende Menschen in Deutschland in Portalen registriert. Dazu gehört Familie Baumgarten aus Wiesbaden, deren Eigentumswohnung zu klein geworden ist, seit vor sieben Monaten ihr Sohn Philipp auf die Welt kam.
Seitdem sieht es bei ihnen oft so aus: Mama Inma und der Kleine spielen auf dem Teppich im Wohnzimmer, während Papa Christian hinter ihnen auf dem Sofa sitzt und Homeoffice macht. Und dann ist da auch noch Sophia, die vier Jahre alte Tochter.
Mehr als ein Kinderzimmer gibt die 110 Quadratmeter große Wohnung aber nicht her, und in dem steht auch noch der Kleiderschrank der Eltern. Noch schläft Philipp im Beistellbettchen bei seinen Eltern, das soll aber nicht ewig so bleiben.
Anderes Immobilienangebot auf Tauschportalen
"Wir sind dann gleich auf Immobilienscout gegangen und haben gemerkt, dass der Markt total leer ist", sagt Inma Baumgarten. "Es gab keine interessanten Objekte, und da haben wir uns gedacht: Okay, wir haben ja unsere Wohnung anzubieten, und vielleicht kommen wir über die Tauschagentur an Objekte, die wir sonst auf dem freien Markt nicht finden würden."
So ist vor einem Jahr der Kontakt zu Julia Feldkamp entstanden, die auf Immobilientausch spezialisiert ist. Die Maklerin hatte auch tatsächlich viele Angebote im Programm, die Familie Baumgarten vorher auf den üblichen Immobilienportalen nicht gefunden hatte. Für Feldkamp ist das der entscheidende Vorteil beim Tauschen: "Ich habe in meiner Kartei etliche Immobilien von Kunden, die nur umziehen wollen, wenn sie im Gegenzug direkt etwas perfekt Passendes finden." Der Tausch vereinfache diesen Weg, da beide Parteien gleichzeitig eine Entscheidung treffen.
Auch die Wohnung von Familie Baumgarten war bislang noch auf keinem herkömmlichen Portal zu finden. Für die Familie hat Julia Feldkamp bislang zwar noch kein passendes Tauschobjekt im Angebot; doch daran, dass sie einen Tauschpartner für die Wohnung mitten in Wiesbaden finden wird, hat Feldkamp keinen Zweifel.
Von der Schnapsidee zum Geschäftsmodell
Dass sie sich vor zwei Jahren auf Immobilientausch spezialisierte, war purer Zufall. Nach der Trennung von ihrem Mann suchte sie selbst 2019 eine neue Wohnung. Das 140-Quadratmeter-Haus der Familie war zu groß für sie geworden. In dieser Zeit kam die Architektin mit einem Geschäftspartner ins Gespräch, der ihr erzählte, dass er ein Haus in Wiesbaden suche.
"Da habe ich gesagt, 'das ist ja ein toller Zufall, da können wir ja tauschen'. Das war wie so eine Schnapsidee, und da haben wir uns tatsächlich am nächsten Tag getroffen." Es passte, die Schnapsidee wurde besiegelt - und Julia Feldkamp fühlt sich bis heute pudelwohl in ihrer neuen Wohnung.
Aber der Immobilientausch hat nicht nur ihr Privatleben verändert. Denn nach dieser Erfahrung hat sie beschlossen, ihren Job als Architektin an den Nagel zu hängen und "Change Your Home", ihre eigene Agentur, zu eröffnen. Auch wenn sie anfänglich von vielen belächelt wurde, glaubte sie an ihren Plan und stellte schnell fest, dass die Nachfrage groß ist. Weit mehr als 500 Tauschobjekte hat sie mittlerweile in ihrer Kartei und vier Mitarbeiterinnen eingestellt.
Wie funktioniert der Immobilientausch?
Wenn sich Kunden auf einen Tausch geeinigt haben, werden die jeweiligen Objekte professionell bewertet. Wenn das Haus dann zum Beispiel 800.000 Euro wert ist und die Wohnung 600.000, müssen sich die Tauschpartner über den Wertausgleich einigen - im genannten Beispiel 200.000 Euro. Anschließend wird beim Notar ein Vertrag gemacht.
Doch Vorsicht: hier lauern zusätzliche Kosten, die man einkalkulieren muss. Die Grunderwerbsteuer beträgt je nach Bundesland zwischen 3,5 und 6,5 Prozent des Kaufpreises. Die Maklerprovision reicht von drei bis mehr als sieben Prozent. Für den Notar und das Grundbuchamt fallen Kosten von rund zwei Prozent an.
Vom Vertragsabschluss ist Familie Baumgarten noch ein ganzes Stück entfernt. Sie haben aber auch keinen Stress: Schließlich steht kein Verkauf ihrer eigenen Immobilie an. Ihre Dreieinhalb-Zimmer-Altbauwohnung mitten in Wiesbaden hat einen Wert von 650.000 Euro, den sie bei einem Tausch angerechnet bekämen. Die Ärztin und der Unternehmensberater gehen davon aus, dass Philipp spätestens in drei Jahren ein eigenes Zimmer braucht - Zeit genug also, um eine Tauschimmobilie zu finden.