Entlastungen in der Energiekrise Heizölkunden gucken in die Röhre
Während die Bundesregierung in der Energiekrise für Gaskunden Entlastungen angekündigt hat, drohen Millionen Heizölkunden mit den Kostensteigerungen allein gelassen zu werden. Warum ist das so?
Es dauert nur dreißig Minuten, dann sind mehr als 10.000 Liter Heizöl vom orangefarbenen Tankwagen in den Heizöltank der Druckerei Winkhardt+Spinder in Stuttgart geflossen. Voll ist der Tank dadurch nicht. 20.000 Liter würden reinpassen, so viel will Geschäftsführer Alexander Alber aber angesichts der aktuellen Preise nicht einkaufen: "Wir brauchen in der Winterperiode so etwa 13.000 Liter und haben nun mal 11.000 Liter getankt. Und dann schauen wir mal, wie es im nächsten Frühjahr wieder aussieht."
Heizölpreise haben sich nahezu verdoppelt
Noch vor einem Jahr lagen die Preise für die Erzeugung von 100 Litern Heizöl bei rund 62 Euro. Durch den Krieg in der Ukraine hat sich Öl verteuert. Inzwischen verzeichnet das Statistische Bundesamt für September 2022 hier durchschnittlich 115 Euro. Das entspricht einer Preissteigerung von mehr als 85 Prozent.
Viele Kunden würden jetzt nur die Menge bestellen, die gerade nötig sei, um über den Winter zu kommen, sagt Heizöl-Lieferant Axel Wolff von der Firma Scharr Wärme dem SWR. "Wir hatten schon sehr verärgerte Kunden, die natürlich dann auch auf uns geschimpft haben, dass alles so teuer geworden ist. Natürlich auch auf die Regierung im zweiten Schritt", erinnert sich Wolff.
Entlastungen für Ölkunden gefordert
Denn während sich die Bundesregierung auf eine so genannte Gaspreisbremse geeinigt hat, schauen Heizölkunden sprichwörtlich in die Röhre. Spezielle Entlastungen für sie sind bislang nicht geplant. Das ärgert Hans-Jürgen Funke vom Verband für Energiehandel Südwest-Mitte. Schließlich würden allein in Baden-Württemberg rund ein Drittel der Häuser noch mit Öl geheizt.
"Das sind knapp eine Million Ölheizungen, die wir in Baden-Württemberg haben. Und das ist natürlich auch ein großer Bereich des Wärmemarktes." Helfen könnte eine Steuersenkung, so der Verbandschef. "Da aber eine kurzfristige Entlastung der Verbraucher absolut notwendig erscheint, sollte auch über eine pauschale Kostenübernahme von 30 bis 50 Prozent der letzten Heizölrechnung ab März 2022 schnell entschieden werden", sagt Funke tagesschau.de.
Auch Bayerns Ministerpräsident Söder fordert die Bundesregierung auf, bei den Entlastungen nachzubessern. Es brauche eine Heizkostenbremse für alle, twittert der CSU-Politiker, "neben Gas auch für Heizöl, Holz und Pellets. Es darf keine zwei Klassen beim Heizen geben."
Werden Heizölkunden ungerecht behandelt?
Die Vorsitzende der von der Bundesregierung einberufenen Gaspreiskommission, Veronika Grimm, erteilt einer Heizölbremse eine Absage. "Man sollte nicht den Eindruck erwecken, dass der Staat die gestiegenen Energiekosten für alle Bürger dauerhaft pauschal abfangen kann", sagte Grimm der Zeitung "Welt".
Bei Gas spreche man von einer anderen Dimension als bei Heizöl oder Pellets, betont die Wirtschaftsweise. "Die Großhandelspreise beim Gas haben sich mehr als verzehnfacht". Bei anderen Energieträgern sehe man dagegen eine Verdoppelung bis maximal Verdreifachung auf die Verbraucher zukommen, so Grimm weiter.
Ist die Not bei Heizölkunden also nicht groß genug? Verbandschef Funke glaubt schon und weist - im Vergleich zur prozentualen Entwicklung der Preise - auf die absolute Höhe der Energiekosten hin. Danach bezahlen Ölheizungsbesitzer zur Zeit rund 16 Cent pro Kilowattstunde. Der Zwischenbericht der Gaspreiskommission sieht Kostendeckelungen für Gaskunden auf zwölf Cent pro Kilowattstunde und 9,5 Cent pro Kilowattstunde Fernwärme vor. "Insofern wäre eine adäquate Entlastung auch der Ölheizungsbesitzer dringend angeraten", so Funke.
Worauf Heizölkunden jetzt achten müssen
Matthias Bauer von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg empfiehlt Kunden, auf keinen Fall den Tank komplett leer zu machen, bevor eine neue Heizöllieferung beauftragt wird. "Die Belieferung mit Heizöl dauert zurzeit mehrere Wochen, oft Monate", so Bauer. Eine gute Idee sei es zudem das Heizöl gemeinsam mit den Nachbarn zu bestellen, weil größere Abnahmemengen bei Sammelbestellungen den Preis reduzierten. Klar sei: "Die alte Faustregel, dass der Ölpreis im Sommer am günstigsten ist, gilt leider nicht mehr."